Juristin über Vaterschaftstests: "Kaugummis im Ausland getestet"
Die Familienrechtsanwältin Ulrike Börger glaubt, dass es weiterhin heimliche Vaterschaftstests geben wird. Dazu genügt ein Haar des Kindes oder ein Kaugummi.
taz: Frau Börger, der Wunsch nach einer Klärung der Vaterschaft kann eine Ehe und eine Familie stark belasten. Wäre es nicht schonender gewesen, heimliche Tests zuzulassen.
Ulrike Börger: Dies haben manche Politiker zwar gefordert, etwa der baden-württembergische FDP-Justizminister Ulrich Goll. Aber das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass heimliche Gentests mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht zu vereinbaren sind.
Ausnahmslos?
Für extreme Ausnahmefälle müsste es die Möglichkeit geben, dass das Familiengericht einen heimlichen Test - ohne Kenntnis von Mutter und Kind - anordnet.
An welche Fälle denken Sie?
Immer wieder wird im Rahmen einer Trennung die Frage der Vaterschaft instrumentalisiert. Es gibt leider Fälle, bei denen die Mutter bei ihrem Expartner bewusst Zweifel an der Vaterschaft des gemeinsamen Kindes sät. Und wenn der Vater diesen Zweifeln nachgeht, sagt sie dem Kind: "Siehst du, er steht nicht zu dir." In solchen Konstellationen müsste ein Mann die Möglichkeit haben, auch ohne Wissen von Mutter und Kind die Vaterschaft zu klären.
Ihr Vorschlag wurde aber nicht aufgegriffen?
Nein, der Gesetzgeber hat die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, das heimliche Tests nun mal nicht für zulässig hält, eins zu eins, also ohne Ausnahmen, umgesetzt.
Wird es nun keine heimlichen Tests mehr geben?
Das bezweifle ich. Zwar werden seriöse deutsche Labors vor einem Test wohl zunehmend das Einverständnis von Mutter und Kind prüfen. Aber es ist ja auch nicht sehr schwierig, Haare oder Kaugummis von Vater und Kind für einen Test ins Ausland zu schicken.
Was bringt so ein heimlicher Test?
Wenn die Vaterschaft festgestellt wird, hat der Mann auf schonende Art seine Zweifel beseitigt. Wenn sich aber zeigt, dass er nicht der biologische Vater ist, könnte er nun ein legales Klärungsverfahren einleiten, das natürlich ebenfalls ergeben wird, dass er nicht der Vater ist. Das löst dann die neue Zweijahresfrist aus, in der er die Vaterschaft anfechten kann - falls er keinen Unterhalt mehr zahlen will.
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