Julian Assange kommt frei: Die Bedrohung bleibt
Gut, dass Wikileaks-Gründer Julian Assange endlich freikommt. Aber der pragmatische Deal unterstreicht die Kriminalisierung von Journalismus.
J ulian Assange kommt frei. Wenn sich nicht irgendjemand jetzt noch querstellt, scheint seinem Deal mit den US-Ankläger*innen nichts mehr im Wege zu stehen. Rein humanitär betrachtet ist das eine hervorragende Nachricht, die lange überfällig war.
Allerdings: Die pragmatische Lösung, die Assange endlich die Freiheit beschert, hat einen mehr als bitteren Nachgeschmack. Denn der Anklagepunkt, dessen sich Assange nunmehr schuldig bekennen muss, ist genau jener, der die Arbeit von Journalist*innen im Umgang mit von Whistleblower*innen durchgestochenen Dokumenten kriminalisiert: unerlaubte Beschaffung und Veröffentlichung von geheimen US-Militärinformationen.
Dass Assange seinerzeit tatsächlich Chelsea Manning aktiv geholfen hat, an die tausenden geheimer Daten zu kommen, die diverse US-Kriegsverbrechen in Irak und Afghanistan dokumentieren, haben die US-Ankläger nicht beweisen können. Dass Wikileaks die Dokumente veröffentlicht hat, ist unstrittig – und natürlich genau das, was Journalist*innen machen müssen, wenn sie an derartiges Material kommen.
Ja, es gab immer eine Debatte darum, ob Wikileaks in der Verantwortung gestanden hätte, Namen und Details zu schwärzen, um keine Menschen in Gefahr zu bringen. Aber niemand glaubt doch ernsthaft, dass die Wut Washingtons auf die peinlichen Veröffentlichungen – bei der damaligen Außenministerin Hillary Clinton lösten sie gar Tötungsfantasien gegen Assange aus – bei einer sensibleren Veröffentlichungspraxis milder ausgefallen wäre.
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Die pragmatische Lösung
Nach fast eineinhalb Jahrzehnten Verfolgung, inklusive 62 Monaten Hochsicherheitsgefängnis, kommt nun also eine pragmatische Lösung, die dem gesundheitlich stark angeschlagenen Assange in wenigen Tagen die Rückkehr nach Australien in Freiheit erlaubt. Das könnte sein Leben retten, und das ist gut so.
Die Bedrohung für die Pressefreiheit aber, auf die Journalist*innen-Organisationen zu Recht seit Beginn des Assange-Verfahrens hinweisen, bleibt bestehen. Und damit auch ein massives Glaubwürdigkeitsproblem der US-Regierung und des gesamten Westens bei ihrem Eintreten für eine „regelbasierte Weltordnung“. Assange und Manning wurden verfolgt, die Täter der dokumentierten Menschenrechtsverletzungen nicht. Und kein Barack Obama, kein Joe Biden und auch keine Annalena Baerbock setzten sich ernsthaft dafür ein, daran etwas zu ändern.
Grund genug für Menschenrechts- und Medienorganisationen, in ihrer Kritik auch dann nicht nachzulassen, wenn Assange endlich vereint mit seiner Familie wieder atmen kann.
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