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Jugend ohne HandyDie Piste soll's richten

Friederike Gräff
Kommentar von Friederike Gräff

Klar kann man Jugendlichen das Handy wegnehmen. Fragt sich, ob man sie dafür zum Skifahren verklappen muss.

Die neue Form des Handy-Detoxings: Hand am Stock, nicht Gerät Foto: Friso Gentsch/dpa

W ie schaffen es 14 SchülerInnen aus Wedel (Schleswig-Holstein), eine Woche handyfrei über die Runden zu kommen?“ Es ist die Pressestelle Obertauern, die diese wilde Frage stellt und auch gleich die Antwort parat hat: „Sie fahren zur Schulskiwoche nach Obertauern im Salzburger Land.“

Digital Detox durch Skifahren und Erlebnisse in der Natur, das ist die Gleichung, die ein Lehrer, ein Fernsehredakteur und siehe da, Obertauerns Tourismusdirektor gemeinsam aufgestellt haben. Skiklassenfahrten sind seltener geworden, das beklagt die Public-­Relations-Agentur, die das Detox-Projekt der Öffentlichkeit präsentiert, und das liege an den gestiegenen Kosten und vielleicht auch am hohen Betreuungsaufwand für die Lehrer:innen.

„Aufwand“ ist ein gutes Stichwort an dieser Stelle, denn auch wenn die Rechnung für darbende Tourismusdirektoren aufgeht, geht sie dann auch für die handyvergiftete Schü­le­r:in­nen­schaft auf? Zumindest die Jugendlichen müssen sich in Obertauern keine zu großen Sorgen machen, denn sie bekommen täglich eine Stunde Handyzeit, um Schlimmstes zu verhüten. Und ob sie die tatsächlich mit Anrufen bei Eltern und Großeltern verbringen, scheint fraglich. Aber noch viel fraglicher: Wieso muss man Jugendliche 1.000 Kilometer weit karren, um zu erreichen, dass sie weniger Zeit mit ihrem Handy verbringen?

Eine Handy-affine Achtjährige, der ich diese Frage vorlege, ist da sehr klar: „Die Antwort ist doch ganz einfach“, sagt sie. „Man nimmt sie ihnen weg.“ Das mag der Radikalität der unter Zehnjährigen geschuldet sein, aber es legt eine interessante Spur: Wieso braucht es das All-inclusive-CO2-auch-egal-Angebot, um die Teenager aus der Rundum-Handy-Zone zu ziehen? Weil Klettern in der Lüneburger Heide kein Geld in die Skigebiete spült, aber auch, weil man nicht daran glaubt, mit weniger Bombast an die Ressourcen der Kinder heranzukommen. Das ist ganz schön kleinmütig.

Hauptsache beschäftigt

Aber nicht weiter erstaunlich in einer Zeit, in der das Beschäftigen der Kinder zu Säuglingszeiten in den diversen Pekip-Gruppen beginnt, um dann in Musik-, Sport-, Sprach-, Egal-was-Kurse überzugehen. Ob darin mehr Förderterror oder mehr Kinderwegorganisierwunsch liegt, weiß man nicht. Aber die Folgen sind eindeutig: Ohne von außen vorgegebenes Programm läuft nichts.

Wenig erstaunlich, dass man dann ein paar Jahre später glaubt, das ganz große Feuerwerk abbrennen zu müssen, um die Jugend bei der Stange zu halten. Zumal die Erwachsenen selbst eher handytoxified über die Detox-Programme für ihre Kinder nachdenken. Fragt sich, was nach der Skifreizeit kommt: eine Woche Kreuzfahrt ohne Zucker, eine Woche im All ohne harte Drogen.

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Friederike Gräff
Redakteurin taz nord
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1 Kommentar

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  • Für eine Woche ohne Handy empfehle ich den Campingplatz in Niederheckenbach.



    (Ich gehe jedenfalls davon aus, dass auch die letzten fünf Jahre dort der Empfang nicht besser wurde, aber es gibt bestimmt auch andere weiße Flecken auf der Landkarte.)



    Ein Skigebiet, dass auf großen Tourismus setzt wird mit der faktischen Nutzlosigkeit der Geräte nicht mithalten können.