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Journalistenverband erneuert BerufsbildDer alte Widerspruch

Der Deutsche Journalisten-Verband definiert sein Berufsbild für Journalisten neu. Erneut fehlt eine klare Abgrenzung zur PR.

Treffen sich zwei Journalisten: Regierungssprecher Seibert (r.) und Podcaster Tilo Jung Foto: Jens Jeske/imago images

Wer ist Journalist? Da der Staat sich zum Schutz der Pressefreiheit bei dieser Frage raushält, definieren Berufsorganisationen es selbst. So der Deutsche Journalisten-Verband (DJV), der gleichzeitig auch Gewerkschaft ist und dieser Tage seinen 70. Geburtstag feiert. Ganz auf der Höhe der Zeit wirkt der Verband ja nicht immer, etwa als im August Vorstand Frank Überall sich mit einer zugespitzten Kritik am YouTuber Rezo vergaloppierte und der DJV seine Pressemitteilung dazu wieder zurückzog.

In seinem „Berufsbild“ nähert sich der DJV nun an mehreren Stellen dem neuen Kommunikationsalltag an – in diesem Dokument beschreibt der DJV Anforderungen an Journalisten und das Spektrum an Aufgaben, welches seiner Ansicht nach zu dem Beruf zählt. „Journalisten treten in Interaktion mit ihrem Publikum, moderieren und kuratieren“, heißt es in dem Dokument, das der Verband im November beschlossen hat und nach letztem redaktionellem Feinschliff im ersten Quartal 2020 präsentieren will.

Journalisten sollen daher die „Fähigkeit zur Interaktion mit dem Publikum“ haben. Als das Berufsbild zuletzt überarbeitet wurde, steckte die Digitalisierung noch in ihren Kinderschuhen, sagt der DJV-Sprecher. „Social Media waren noch völlig unbekannt.“ Linearer Rundfunk werde „zunehmend um Livestreaming, Mediatheken und Zusatzinformationen auf den Webseiten erweitert“.

Doch aus einem anderen Grund ist das „Berufsbild“ seit jeher problematisch: Traditionell sind im Verband auch Pressesprecher vertreten, auch sie erhalten Presseausweise und gelten für den DJV als „Journalist“. Public Relations (PR) sei „eine Spielart des Journalismus“, sagte Vorstand Überall dem NDR-Magazin „Zapp“.

Interessenskonflikte

Dabei verfolgen beide Berufsgruppen eigentlich gegensätzliche Ziele: Mitarbeiter in der PR versuchen im Regelfall, ihr Unternehmen oder ihre Organisation in einem guten Licht stehen zu lassen und missliebige Berichterstattung zu verhindern – während Journalisten objektiv arbeiten und Missstände aufdecken sollen.

Kritiker wie der Hamburger Journalistik-Professor Volker Lilienthal widersprechen Überall daher vehement. „Journalismus ist etwas ganz anderes: ein neutrales Beurteilen von Wirklichkeit.“ PR sei hingegen immer Auftragskommunikation.

Ein Problem ist dabei, dass immer mehr Journalisten auch PR-Arbeit machen und so in Interessenskonflikte geraten können. Auch wechseln Journalisten regelmäßig auf die andere Seite, wie etwa Merkels Regierungssprecher Steffen Seibert, der zuvor Fernsehjournalist beim ZDF war.

„Journalisten“ nähmen das Grundrecht der Meinungs- und Informationsfreiheit „professionell wahr“, heißt es in der Präambel des überarbeiteten DJV-Berufsbilds – wiederum auch bezogen auf PR-Leute. Während es bislang die „Presse- und Öffentlichkeitsarbeit“ als einen Tätigkeitsbereich von Journalisten aufgeführt hat, wird dies nun „Medienkommunikation“ genannt.

Dieser Begriff komme gerade als Nachfolgebezeichnung auf, erklärt der DJV-Sprecher. Es gehe um Kommunikation „mit Medien und mithilfe von Medien“. Journalistik-Professor Lilienthal sagt, er finde den alten Begriff klarer und „ehrlicher“.

PR-Kodex

Das neue Berufsbild verweist nun immerhin auf den PR-Kodex des Deutschen Rats für Public Relations, der diese Aspekte teils abdeckt. Nach diesem dürfen PR-Leute „konsequent die Partei ihrer Arbeit- oder Auftraggeber ergreifen“ und deren Interessen vertreten, heißt es dort. Gleichzeitig sollten sie ihre Arbeit transparent gestalten und auf unredliche Praktiken verzichten.

Einige Änderungen im Berufsbild sind sinnvoll, zumindest für echte Journalisten: Bislang waren sie verpflichtet, darauf zu achten, dass Veröffentlichungen nicht durch private oder wirtschaftliche Interessen beeinflusst werden – dies gilt nun auch für politische Interessen. Außerdem sollen Journalisten nach der Neufassung über die aktuellen Forschungsergebnisse der Kommunikations- und Medienwissenschaft im Bilde sein und unternehmerische Kompetenz besitzen.

Bislang wurde beim DJV als „Journalist“ anerkannt, wer hauptberuflich arbeitet – was laut dem Sprecher allerdings eine schwierige Definitionsfrage war. Nun gilt, dass Journalisten „professionell“ Informationen, Meinungen und Unterhaltung erarbeiten und verbreiten. Auch wenn es mit dem überarbeiteten Berufsbild einige sinnvolle Änderungen gibt, bleibt der DJV bei seinem alten Widerspruch. Und er verwischt die Grenze zu PR-Leuten durch die neuen Begrifflichkeiten noch zusätzlich, anstatt Klarheit zu schaffen.

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3 Kommentare

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  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Dass die Abgrenzung zwischen Journalismus und Public Relations nicht mehr in der Form existiert, wie sie vielleicht mal intendiert war, liegt an veränderten gesellschaftlichen Verhältnissen. Genauer gesagt, in der krakenhaften, religionsartigen Ausbreitung des Neo-Liberalismus, der (im großen Massstab) nichts anderes mehr zulässt.

    Im Zeitalter der flächendeckenden (Selbst) Inszenierungen sind Seifen- und Seelenverkäufer gefragt. Davon gibt es in beiden Berufsbildern mehr als der Welt gut tut.

    Journalisten mit einer Motivation, die sich aus einem aufklärenden, investigativen Habitus speist (wie er noch vor Jahrzehnten gang und gäbe war), sind wie Saurier: im Aussterben begriffen.

    Die Bewertung dürfte - je nach eigenem Blickwinkel - höchst unterschiedlich ausfallen.

    Als jemand, der selbst eine PR-Ausbildung sein eigen nennt, aber niemals in dieser Branche tätig war, bin ich von deren Ethikfreier Praxis nur angewidert. Dies sehr gründlich.

  • "Public Relations (PR) sei „eine Spielart des Journalismus“, sagte Vorstand Überall ...."

    Das ist eine Bankrotterklärung zugunsten der Meinungsmanipulation, wie sie derzeit schon von vielen Medien vollzogen wird. Dazu gehört auch dieser "Erziehungsjournalismus", der nicht sehr viel von einem Beitrag zur individuellen Meinungsbildung hält, sondern Meinung beeinflussen will. Die Trennung von journalistischer Berichterstattung (Fakten) und Kommentar (Meinung), wird nach meiner Wahrnehmung beständig vernachlässigt. Wie sehr die Meinungsmanipulation funktioniert, erkennt man u.a. an den "gepredigten" Feindbildern, verbunden mit militaristischen Denkweisen, die sich in Teilen der Bevölkerung breit machen.

  • Danke fürs Berufsbild.

    An ihrem …öh Haarschnitt sollt ihr sie erkennen.



    Die verhindert-vergreisten Fähnleinführer.

    kurz - Thnx a lot. You made my day. 😈