Journalisten in den USA erschossen: „Wir sind nicht sicher, was passiert ist“
Zwei Journalisten sind in den USA vor laufender Kamera erschossen worden. Ausgerechnet in dem Bundesstaat, in dem die NRA ihren Sitz hat.
Auf dem Bildschirm ist eine Treppe zu sehen, die nach unten führt. Dann geht es zurück ins Studio, wo eine Moderatorin mit vor Entsetzen weit aufgesperrtem Mund sitzt. Sie sagt: „Wir sind nicht sicher, was da passiert ist“.
Wenig später erscheint der Manager des Senders im Studio. Jeffrey Marks gibt bekannt, dass sowohl seine Reporterin, die 24-jährige Alison Parker, als auch der 27-jährige Kameramann Adam Ward tot sind. In einem Tweet schreibt WDBJ7: „We love you, Alison and Adam“. Der Schütze, der sechs bis sieben Schüsse abgefeuert haben soll, ist flüchtig.
Die Erschießung im TV fand nicht in einem Kriegsgebiet, sondern mitten in den USA statt. Am Dienstagfrüh, um 6.45 Uhr, führt die Reporterin des Lokalsenders WEBJ7 ein Interview über den Tourismus in der ländlichen Region rund um Roanoke, Virginia, knapp vier Autostunden südlich der US-Hauptstadt.
Sie hält ihrer Gesprächspartnerin lächelnd das Mikrofon vor den Mund. Deren letzte Worte in der Live-Sendung sind: „Wir wollen, dass die Leute hierherkommen“. Dann beginnt Alison Parker zu schreien.
Sitz der „National Rifles Association“
Über den Todesschützen ist bis Redaktionsschluss lediglich bekannt, dass es ein Mann sein soll. Seine Motive liegen im Dunkeln. Klar ist auch, dass sich der Tatort in dem Bundesstaat mit der stärksten Schusswaffenlobby weltweit befindet. Virginia hat eine der liberalsten Schusswaffengesetzgebungen der USA.
Und der Bundesstaat beherbergt den Sitz der größten Schusswaffenlobby der Welt. Die „National Rifles Association“ mit Sitz in einem großen Glashaus in Fairfax, Virginia, behauptet von sich selbst, dass sie fünf Millionen Mitglieder hat. Die NRA prüft bei jedem Wahlkampf in den USA, ob die KandidatInnen (beider Parteien) das Verfassungsprinzip des Rechts auf Schusswaffen für jedeN BürgerIn verteidigen.
Sie arbeitet in sämtlichen Bundesstaaten – in der Politik und vor den Gerichten – daran, die Freiräume für den Verkauf, den Besitz und das Tragen von Schusswaffen auszuweiten. Und sie nutzt früher oder später jede tödliche Schießerei in den USA als Argument: die Opfer lebten noch, wären sie bewaffnet gewesen.
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