Journalisten in Mali ermordet: Reportagereise in den Tod
Zwei erfahrene französische Journalisten wurden in der Stadt Kidal entführt und erschossen. Dort rivalisieren Tuareg-Rebellen mit der Regierung.
BERLIN taz | Die französische Öffentlichkeit hatte sich eigentlich daran gewöhnt, den Mali-Einsatz ihres Militärs als Vergangenheit zu betrachten. Doch nun hat der Mord an zwei bekannten französischen Journalisten in der nordmalischen Stadt Kidal die Wirklichkeit des andauernden Konflikts in Mali auf brutale Weise in Erinnerung gerufen.
Die Leichen von Ghislaine Dupont und Claude Verlon, zwei langjährigen Mitarbeitern des französischen Auslandsrundfunks RFI, wurden am Samstag rund zehn Kilometer außerhalb von Kidal gefunden, wie offizielle Stellen am Abend bestätigten. Mittags waren die beiden Journalisten im Zentrum von Kidal zu Imbeiry ag-Rhissa gefahren, Führungsmitglied der Tuareg-Rebellenbewegung MNLA (Nationalbewegung zur Befreiung von Azawad).
Sie blieben eine halbe Stunde, berichtete Rhissa malischen Medien. „Ich begleitete sie auf die Straße, wo ihr Auto wartete, gefahren vom Sohn des Bürgermeisters von Tessalit. Als ich ins Haus zurückging, hörte ich ein bizarres Geräusch und ich drehte mich um. Ein bewaffneter Mann hielt mir eine Knarre ins Gesicht und sagte mir auf Tamashek (Sprache der Tuareg), ich solle ins Haus gehen.“
Augenzeugen hätten ihm später berichtet, ein offener Geländewagen habe hinter dem Auto der Journalisten gewartet, und die Entführer hätten die beiden in diesen Wagen gezwungen. Das französische Militär, mit 200 Mann in Kidal präsent, startete sofort eine Suchaktion. Wenige Stunden später wurden die Journalisten außerhalb der Stadt gefunden, mit Schüssen getötet.
In Paris reagierte die Öffentlichkeit mit Entsetzen. Die Mörder, so Frankreichs Außenminister Laurent Fabius, seien „jene, die wir bekämpfen, also die terroristischen Gruppen“.
Bollwerk in den Bergen
Kidal war eine Hochburg islamistischer Gruppen, die von April 2012 bis Januar 2013 den Norden Malis kontrollierten und dann von einer französischen Militärintervention vertrieben wurden. Frankreichs und Tschads Armeen rückten in Kidal ein und ließen dann die Tuareg-Rebellen der MNLA wieder in die Stadt, als Bollwerk gegen versprengte Islamisten in den Ifogha-Bergen um Tessalit weiter nördlich.
Doch weil zugleich in Kidal französische Soldaten, malische Regierungstruppen und UN-Blauhelme aus Senegal, Togo und Guinea stehen, gilt die Lage als unübersichtlich.
Dass die Journalistenentführer problemlos durch die Straßensperren am Stadtrand kamen, zeugt laut RFI davon, „dass Kidal nicht sicher ist und niemand etwas kontrolliert“. Dennoch habe Frankreichs Armee eine Bitte der beiden Reporter abgelehnt, ihnen eine Militäreskorte zur Verfügung zu stellen.
Frankreich, das nach wie vor über 3.000 Mann Kampftruppen in Mali stehen hat, will nun seine Sicherheitsmaßnahmen in und um Kidal weiter verschärfen. Seit 20. Oktober läuft ohnehin eine erneute französische Militäroperation, die „Operation Hydra“, gegen islamistische Untergrundkämpfer im Norden Malis, die mit Luftangriffen einhergeht.
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