Journalist stirbt mit 27 Jahren: Er tat in Gaza seine Arbeit
Der Al-Jazeera-Journalist Ismail al-Ghoul ist durch einen israelischen Angriff getötet worden. Seine Kollegen vor Ort sehen sich bestätigt.
In den Bezirk Aidia von Gaza-Stadt fuhren sie in einem mit den Buchstaben „Press“ versehenen Wagen, beide trugen bei den Aufnahmen vor dem von Bomben zerstörten Gebäude blaue Helme und Westen, ebenfalls mit der Aufschrift versehen. Nach Überzeugung der weiterhin in Gaza arbeitenden Journalisten wurden sie von der israelischen Armee nur aus einem Grund ins Visier genommen. „Sie sollten nicht über Ismail Hanija berichten“, so Mohamed, ein Mitarbeiter des in Israel verbotenen TV-Senders.
Israel beschloss im Mai, die Arbeit von Al-Jazeera-Journalisten auf israelischem Staatsgebiet zu unterbinden, die Webseite ist seitdem blockiert. Al Jazeera unterstütze den Terror der Hamas, so die Ansicht der Regierung von Premier Benjamin Netanjahu.
Die arabische Version von Al Jazeera gilt in der arabischen Welt als Katar-freundlich und Sprachrohr der Muslimbrüderbewegung. Und: Seit dem 7. Oktober ist es vor allem den Teams von Al Jazeera zu verdanken, dass die Bilder der Zerstörungen auf den Mobiltelefonen in aller Welt landen.
Israels Armee äußert sich nicht zu den Berichten
Auch das Video des zerstörten Wagens von Ismail al-Ghoul erreichte in wenigen Stunden ein Millionenpublikum. Nachdem der 27-Jährige nur wenige Minuten vor dem Haus Aufnahmen und vor der Kamera einen so genannten Aufsager gemacht hatte, kreiste nach Aussagen von Augenzeugen eine Drohne am Himmel. Die beiden Journalisten brachen die Aufnahmen ab und stiegen in ihren Wagen. Da es in der Gegend keinerlei Kämpfe gab, fühlten sie sich offenbar trotz der Drohne nicht in akuter Gefahr.
Als sie langsam in das Zentrum von Gaza fuhren, schlug eine Rakete in den Wagen ein, die zudem einen Jugendlichen tötete. Das Video von dem schwer beschädigten Fahrzeug mit der Leiche von al-Ghoul macht überall in der arabischen Welt die Runde. Israels Armee äußerte sich zunächst nicht zu den Berichten. Die Hamas verurteilte die Tat in einer Erklärung auf Telegram als „abscheuliches Verbrechen“.
Protest von verbliebenen Journalisten
Der Mord an der bekannten Al-Jazeera-Journalistin Schirin Abu Akle 2022 während eines israelischen Militäreinsatzes in der Stadt Dschenin führte zu weltweiter Kritik an dem rücksichtslosen Vorgehen israelischer Sicherheitskräfte gegenüber Medienvertretern im besetzten Westjordanland und Gaza.
Eine Untersuchung des Mordes durch das israelische Militär kam später zu dem Ergebnis, dass die Schüsse nicht eindeutig zuzuordnen waren, jedoch „sehr wahrscheinlich“ versehentlich von einem israelischen Soldaten abgegeben worden waren. Strafrechtliche Ermittlungen gab es nicht.
Mit dem 7. Oktober hat sich die Gewalt gegen palästinensische Journalisten verstärkt. Das Comittee to Protect Journalists hat mindestens 113 Journalisten und Mitarbeiter von Medien gezählt, die seit Beginn des Gazakriegs getötet wurden. Am Donnerstag trafen sich in Gaza viele der noch verbliebenen Journalisten, um dagegen zu protestieren. Sie stapelten ihre blauen Splitterschutzwesten und Helme vor sich auf den Boden und schwiegen.
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