Journalist lässt bei Google löschen: Bild dir keine Meinung
Google hat nun auch Texte des „Bildblogs“ aus seinen Trefferlisten entfernt. Beantragt hat das ein Journalist der „Bild am Sonntag“.
BERLIN taz | Fragwürdige Recherchemethoden, unverpixelte Fotos von Beschuldigten, Geschichten, die beim näheren Hinsehen keine sind – mit kritischem Nachhaken zur Arbeit der Bild und anderer deutscher Medien hat sich das Bildblog einen Namen gemacht. Nun hat man dort Nachricht von Google bekommen: Der Suchmaschinenkonzern teilte mit, dass man vier Bildblog-Einträge aus bestimmten Suchergebnislisten entfernt hat.
Der Grund: Jemand hat sich bei Google auf das europäische „Recht auf Vergessenwerden“ berufen und beantragt, dass die Suchmaschinen gemäß einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes bestimmte Treffer nicht mehr anzeigt, wenn jemand seinen oder ihren Namen googelt.
Dieser Jemand ist in diesem Falle der Journalist und Fotograf Alexander Blum, der bis heute für die Bild am Sonntag arbeitet. Er selbst äußerte sich dazu nicht, doch die Pressestelle des Axel-Springer-Verlags bestätigte der taz auf Anfrage, dass Blum „die Löschung eigeninitiativ beantragt“ habe, und fügte hinzu: „Eine Rücksprache mit der Redaktion hat es nicht gegeben.“
In allen vier nun aus Suchergebnislisten entfernten Bildblog-Texten aus den Jahren 2006 bis 2009 geht es um Bild- und Bild-am Sonntag-Recherchen, an denen Blum beteiligt war. In einem Fall ist Blum als Quelle für die Abbildung eines Mannes angegeben, dem Kindesmissbrauch vorgeworfen wurde. In einem anderen Fall geht es um Versuche, mit fadenscheinigen Methoden an Bilder eines in Ägypten bei einem Terroranschlag getöteten Jungen aus Tübingen zu kommen. Im dritten Fall enttarnte die Polizei eine Bild-Geschichte als Ente.
Verbindung zu „Schweinenummern“
Nach einigen Diskussionen habe man sich beim Bildblog dafür entschieden, Blums Namen zu veröffentlichen, sagt Mats Schönauer von Bildblog: „Es ist doch bemerkenswert, dass jemand, der ausgerechnet bei so skrupellosen Medien wie Bild und Bild am Sonntag arbeitet, erreichen kann, dass man ihn mit seinem Schweinenummern nicht mehr in Verbindung bringen kann.“ Das behindere auch die Arbeit des Bildblogs, der sich generell schon mit Namensnennungen zurückhalte.
Das Urteil zum „Recht auf Vergessenwerden“ ist in Deutschland zum Teil sehr positiv aufgenommen worden. Über 91.000 Anträge gingen europaweit bis Mitte Juli bei Google ein, in Deutschland über 16.000. Sie alle werden individuell geprüft – von Google. Nur wenn der Schutz der Privatsphäre schwerer wiegt, als das Interesse der Netznutzer an der Information, soll gesperrt werden. Personen des öffentlichen Lebens werden anders behandelt als Private. Aber was ist mit Journalisten? Und warum listet Google bereitwillig Texte aus, in denen die Arbeit eines Journalisten kritisch beleuchtet wird – ist hier nicht das Interesse der Öffentlichkeit besonders groß?
Das alles erklärt der Suchmaschinenkonzern nicht. Zu einzelnen Fällen im Zusammenhang mit dem Recht auf Vergessenwerden äußere man sich grundsätzlich nicht, wiederholte ein Google-Sprecher auf Anfrage das Unternehmensmantra. Ein eigens dafür einberufener Expertenbeirat, prominent besetzt unter anderem mit der ehemaligen Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, soll die Umsetzung des Rechts auf Vergessenwerden diskutieren.
Der Springer-Konzern hält sich bedeckt: „Als Medienhaus müssen wir natürlich besonders verantwortlich mit der Frage umgehen, ob Beiträge weiterhin im Netz auffindbar bleiben.“ Den vorliegenden Fall schaue man sich an. Weitere Fälle, in denen Google Bildblog-Texte aus ihren Suchergebnisse ausgelistet hat, gebe es bislang nicht, sagt Mats Schönauer vom Bildblog: „Ich denke, das ist jetzt erstmal ein Einzelfall.“
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