Journalist in der Türkei verhaftet: Nicht das erste Mal im Gefängnis

Merdan Yanardağ, Journalist und Besitzer des türkischen Senders Tele 1, ist in Haft. Ihm wird „Propaganda für eine Terrororganisation“ vorgeworfen.

Ein Screenshot von Merdan Yanardağ in seiner Sendung im Anzug

Besitzer des türkischen Fernsehsenders Tele 1, Merdan Yanardağ, wurde gestern verhaftet Foto: Tele1/Youtube/taz Screenshot

Berlin taz | Am Dienstagnachmittag wurde der bekannte Journalist und Besitzer des türkischen Fernsehsenders Tele 1, Merdan Yanardağ, verhaftet. Yanardağ ist eine wichtige Figur der türkischen Opposition. Wer während des Wahlkampfes zur Präsidentschafts- und Parlamentswahl im Mai wissen wollte, was die Opposition macht, schaltete zumeist den Fernsehsender Tele 1 ein.

Während auf nahezu allen Kanälen ausschließlich Präsident Recep Tayyip Erdoğan zu Wort kam, sprach in Tele 1 der Oppositionskandidat Kemal Kılıçdaroğlu. Und wer am Wahlabend nicht schon von Beginn an mit absurden Zahlen über einen angeblichen hohen Wahlsieg Erdoğans bombardiert werden wollte, musste erneut Tele 1 schauen.

Jetzt sitzt der Eigentümer und „Ankerman“ von Tele 1, Merdan Yanardağ, im Gefängnis. Ein Haftrichter hat am Dienstagnachmittag Untersuchungshaft für den prominenten Journalisten angeordnet, weil er angeblich „Propaganda für eine Terrororganisation“ betrieben haben soll. Tatsächlich hatte Yanardağ vor ein paar Tagen mit Studiogästen über die Haftbedingungen in der Türkei, insbesondere von politischen Gefangenen, gesprochen.

Dabei ging es unter anderem auch um Abdullah Öcalan, den historischen Chef der kurdischen Arbeiterpartei PKK, der auf der Insel İmralı im Marmarameer im Gefängnis sitzt. Yanardağ hatte angemerkt, dass die weitgehende Isolation Öcalans den geltenden türkischen Gesetzen widersprechen würde. Öcalans Anwälte beklagen, dass sie ihn seit 27 Monaten nicht mehr besuchen konnten.

Schon einmal im Gefängnis

Die Anmerkungen Yanardağs hat die Staatsanwaltschaft nun zum Anlass genommen, ihn wegen „Terror-Propaganda“ anzuklagen. Damit wird einer der ganz wenigen verbliebenen oppositionellen Fernsehsender der Türkei aufs Korn genommen. Bereits während des Wahlkampfes waren verschiedene Medien, die sich nicht völlig in den Dienst der Regierungspartei stellen wollten, von der türkischen Medienaufsicht RTÜRK zu Geldstrafen verurteilt worden, weil sie angeblich falsche Behauptungen aufgestellt hatten.

Bei Tele 1 ist die Justiz nun noch einen Schritt weiter gegangen. Der Grund dafür ist wahrscheinlich, dass der Sender ein recht enges Verhältnis zur sozialdemokratisch-kemalistischen CHP hat und Yanardağ Oppositionsführer Kılıçdaroğlu am entschlossensten unterstützt hat. Yanardağ ist ein erfahrener Journalist, der schon einmal, nach dem Putsch 1980, verhaftet worden war und im Gefängnis saß. Er hat sich vor allem durch Bücher zur innenpolitischen Situation einen Namen gemacht, bevor er 2017 den Sender Tele 1 gründete.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bilder zur Pressefreiheit 2024 Illustration von Lucia Žatkuliaková 6976051 6008040 g6008040

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.