Joe Biden über seine Entscheidung: „Der beste Weg, die Nation zu vereinen“
Die Verteidigung der Demokratie sei wichtiger als der Titel, begründet US-Präsident Biden seinen Verzicht auf eine erneute Kandidatur. Vize Harris nennt er „erfahren und hartnäckig“.
„Die Verteidigung der Demokratie, die auf dem Spiel steht, ist wichtiger als jeder Titel. Ich schöpfe Kraft und Freude aus der Arbeit für das amerikanische Volk. Aber bei dieser heiligen Aufgabe, unsere Union zu perfektionieren, geht es nicht um mich. Es geht um Sie. Ihre Familien. Ihre Zukunft. Es geht um ‚Wir‘, das Volk“, sagte Biden.
Der US-Präsident entschloss sich am vergangenen Sonntag nach Wochen des Drucks aus den demokratischen Reihen seine Kandidatur für die bevorstehende Wahl zurückzuziehen. Er ist damit der erste Amtsinhaber seit Lyndon B. Johnson 1968, der freiwillig auf eine zweite Amtszeit verzichtet.
Nach wie vor glaube er allerdings, dass seine Errungenschaften während seiner bisherigen Amtszeit, sowie Verdienste auf internationaler Ebene und seine Vision für die Zukunft Amerikas eine zweite Amtszeit verdient hätten. Doch am Ende stehe nichts über der Rettung der amerikanischen Demokratie, auch keine persönlichen Ambitionen.
Biden erklärt Trump zur großen Gefahr, ohne ihn zu nenen
Biden ist weiterhin der Überzeugung, dass sich die USA an einem Wendepunkt befinden. „Es ist einer diese seltenen Momente in der Geschichte, wenn Entscheidungen, die wir jetzt treffen, das Schicksal unseres Landes und der gesamten Welt über die kommenden Jahrzehnte beeinflussen werden“, so der Präsident.
Ohne Ex-Präsident Donald Trump auch nur einmal beim Namen zu nennen, machte Biden in seiner Rede deutlich, dass er den 78-Jährigen für eine große Gefahr hält. Bei der Wahl im November geht es laut Biden um eine Entscheidung zwischen Fortschritt oder Rückschritt, zwischen Hoffnung oder Hass und zwischen Einigkeit oder Spaltung.
In den vergangenen Wochen sei ihm immer stärker klar geworden, dass er seine Partei vereinen muss, um Trump von einem erneuten Wahlsieg abzuhalten. „Ich habe entschieden, dass der beste Weg nach vorne darin besteht, den Stab an eine neue Generation weiterzugeben. Das ist der beste Weg, unsere Nation zu vereinen“, erklärte Biden während seiner Rede.
Biden wiederholte seine Unterstützung für Vizepräsidentin Kamala Harris. Sie sei „erfahren, hartnäckig und leitungsfähig“. Mit der historischen Entscheidung, seine Kandidatur weniger als vier Monate vor dem eigentlichen Wahltermin niederzulegen, hat er ihre Aufgabe nicht einfacher gemacht. Diese muss sich nicht nur die parteiinterne Nominierung sichern, sondern auch das Volk davon überzeugen, dass sie mehr zu bieten hat, als einfach eine Alternative zu Trump zu sein.
Konkrete Pläne für den Rest seiner Amtszeit
Biden wird in seiner verbleibenden Amtszeit damit weitermachen, womit er im Januar 2021 angefangen hat. „Das bedeutet, dass ich weiterhin die Kosten für hart arbeitende Familien senken und unsere Wirtschaft ausbauen werde. Ich werde weiterhin unsere persönlichen Freiheiten und unsere Bürgerrechte verteidigen – vom Wahlrecht bis zum Recht auf Abtreibung“, so Biden.
Er erinnerte in seiner Rede auch and die amerikanische Idee und an wichtige Persönlichkeiten der US-Geschichte, wie die Landesväter George Washington, Thomas Jefferson und Benjamin Franklin oder die Bürgerrechtler Martin Luther King, Rosa Parks und Cesar Chavez.
„Das Großartige an Amerika ist, dass hier Könige und Diktatoren nicht herrschen. Das Volk tut es. Die Geschichte liegt in Ihren Händen. Die Macht liegt in Ihren Händen. Die Idee von Amerika – liegt in Ihren Händen.“
Erst im November wird sich zeigen, welche Idee von Amerika sich durchsetzen wird. Biden wirkte während der gesamten Ansprache gefasst. Im Anschluss an die Rede wurde er von Mitarbeitern mit Applaus im Rosengarten des Weißen Hauses empfangen. Dort soll es Eis für alle gegeben haben.
Bereits am Donnerstag kehrt jedoch wieder Alltag ein. Dann empfängt Biden Israels Premierminister Benjamin Netanjahu im Weißen Haus. Die beiden werden sich über Situation in Gaza und die nächsten Schritte in den Waffenstillstandsverhandlungen unterhalten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers