Jens Spahn im Haushaltsausschuss: Spahn behält die Maske auf
Der Bundestag diskutiert über den Bericht zur Masken-Affäre um Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Dessen Auftritt wird hart kritisiert.

Ines Schwerdtner, Fraktionschefin der Linken, sagte: „Während wir uns um unsere Angehörigen kümmerten, haben Sie sich selbst versorgt: mit Kontakten, mit Deals, und mit Milliarden aus unserem Steuergeld.“ Statt die Vorfälle aufzuklären, wasche Spahn jetzt seine Hände in Unschuld. Dass die Parlamentarier*innen eine über weite Teile geschwärzte Version des Berichts bekommen hätten, sei „der gezielte Versuch, das Parlament für dumm zu verkaufen“.
Die neue Gesundheitsministerin und Spahns Parteikollegin Nina Warken hatte das zensierte Dokument am Dienstagmorgen den Mitgliedern des Haushaltsausschusses zur Verfügung gestellt. Von den 170 Seiten sind 5 Seiten komplett geschwärzt, andere zum großen Teil. Im gesamten Dokument sind immer wieder Namen, Quellenangaben und einzelne Sätze zensiert. Vor allem jene Seiten, auf denen es um die Direktbeschaffung von Masken geht, hält das Ministerium unter Verschluss. Im Speziellen geht es dabei offenkundig um die Geschäfte mit der Schweizer Firma Emix.
Für die aktuelle Stunde im Bundestag unterbrach der Haushaltsausschuss, wo Spahn unter Ausschluss der Öffentlichkeit befragt wurde, seine Sitzung. Am Vormittag war im Gesundheitsausschuss bereits Warken geladen und beantwortete dort Fragen zum Sudhof-Bericht.
Untersuchungsausschuss bleibt vorerst unwahrscheinlich
Grüne und Linke kritisierten den Auftritt der neuen Ministerin im Gesundheitsausschuss: „Statt Aufklärung gab es Ausflüchte“, erklärte der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen, Janosch Dahmen. Warken sei es um den „Schutz“ ihres Parteifreunds Spahn gegangen. Sie habe im Ausschuss zentrale Fragen zur Rolle Spahns nicht beantworten können.
Ates Gürpinar, für die Linken im Gesundheitsausschuss, zweifelte nach Warkens Auftritt daran, „dass wir ohne einen Untersuchungsausschuss eine lückenlose Aufklärung des Machtmissbrauchs und der Korruption während der Coronapandemie erleben dürfen“.
Ein Untersuchungsausschuss, wie Grüne und Linke ihn fordern, könnte für Spahn unangenehm werden. Doch ohne die AfD, deren Unterstützung in der Sache man nicht möchte, fehlt beiden Fraktionen das nötige Quorum von 25 Prozent. Und die SPD hält bislang loyal zum Koalitionspartner Union: „Eine Enquetekommission ist das richtige Instrument, um die Coronazeit sachlich aufzuarbeiten und daraus Lehren für die Zukunft zu ziehen“, sagt der erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Dirk Wiese, beim Pressegespräch am Mittwoch. Er glaube, dass das Thema Maskenbeschaffung dabei auch eine Rolle spielen werde.
Doch allenfalls eine untergeordnete, neben großen Fragen zu Schulschließungen und zur Impfpflicht. Außerdem stellt eine Enquetekommission anders als ein Untersuchungsausschuss keine eigenen Ermittlungen an; Spahn kann sich also ziemlich sicher sein, dass das Thema Masken in der Kommission wieder versenkt wird.
Die Union hilft Spahn, wo sie kann
Die Union wehrt sich so womöglich erfolgreich gegen parlamentarische Kontrolle. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) scheint dem ebenfalls Vorschub leisten zu wollen: Eine Kleine Anfrage der Grünen an die Bundesregierung zum Wortlaut des Sudhof-Berichts soll sie nicht an die Bundesregierung weitergeleitet haben, wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtete – es wäre ein ungewöhnliches Verhalten für die Präsidentin des Parlaments, parlamentarische Aufklärung zu verhindern.
Neben den geschwärzten Stellen wurde der Sudhof-Bericht wohl auch noch redaktionell bearbeitet, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet. Ihre Journalist*innen hatten Teile des Berichts vorab vorliegen und stellten die Versionen nebeneinander.
Ersatzlos gestrichen wurden demnach in dem jetzt vorliegenden Dokument Sätze wie: „Wiederholt wurde das Team sinngemäß begrüßt mit dem Satz, dass man sich darüber wundere, warum erst jetzt jemand vom BMG erscheint und nachfragt.“ Es fehle auch die Feststellung, dass „offenkundig“ gewesen sei, dass das Gesundheitsministerium nicht dazu imstande gewesen sei, die Schutzausrüstung zu verteilen.
Fortsetzung in der Affäre folgt: Am Donnerstag soll eine weitere parlamentarische Diskussion stattfinden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bundeshaushalt
Aberwitzige Anbiederung an Trump
Söder bei Reichelt-Portal „Nius“
Keine Plattform für Söder
Rutte dankt Trump
Die Nato ist im A… von …
Soziale Kürzungen
Druck auf Arme steigt
„Compact“-Urteil
Die Unberechenbarkeit von Verboten
Iran-Briefing verschoben
Zweifel an Ausschaltung des iranischen Atomprogramms