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Jeffrey GoldbergDer Chefredakteur des „Atlantic“ ist Trumps Intimfeind

Ein Journalist, eine Chat-Gruppe, ein absolutes Desaster für die US-Regierung. Wer ist der Mann, der sich mit einem Leak zu Trumps Intimfeind machte?

Jeffrey Goldberg: Donald Trump nannte ihn einen Widerling auf höchstem Niveau. Ist das ein Kompliment? Foto: Justin T. Gellerson/NYT/Redux/laif

US-Präsident Donald Trump nennt ihn einen „Widerling auf höchstem Niveau“. Verteidigungsminister Pete Hegseth bezeichnet ihn als „betrügerischen“ und „verrufenen“ Journalisten. Die Rede ist von Jeffrey Goldberg, Chefredakteur des renommierten US-Magazins The Atlantic, der vor allem über Außenpolitik schreibt.

Was ist passiert? Als Politikjournalist in Washington war Goldberg zunächst nur wenig überrascht, als ihn auf dem Messengerdienst Signal eine Kontaktanfrage von einem Account mit dem Namen Michael Waltz erreichte. Waltz ist Trumps Nationaler Sicherheitsberater. Ob es ein echter oder Fake-Account war, wusste Goldberg zu dem Zeitpunkt nicht. Er nahm aber erst einmal die Einladung an.

Goldberg nahm das nicht ernst

Was danach folgte, ist bekannt: Goldberg wurde in eine Chatgruppe hinzugefügt, in der Geheimpläne der US-Regierung zu Angriffen auf die Huthi-Rebellen im Jemen geteilt wurden und sich knapp 20 Teilnehmer über die geplanten Angriffe austauschten. Goldberg nahm das Ganze nicht recht ernst – bis einige Stunden später die Attacken tatsächlich ausgeführt wurden.

Von Goldberg mit den Plänen konfrontiert, bestätigte die US-Regierung deren Echtheit. Goldberg schrieb einen Artikel über das Chatgruppendesaster und wurde zum Regierungsfeind Nummer eins.

Jeffrey Goldberg hatte seine Karriere als Polizeireporter für die Washington Post begonnen. Später war er Autor für das New York Times Magazine, dann Korrespondent für den Nahen Osten und dann für Washington beim Magazin New Yorker. 2007 kam er als nationaler Korrespondent zu The Atlantic und wurde 2016 dessen 15. Chefredakteur, wie Goldberg in seinem Autorenprofil schreibt.

Trump sei „unqualifiziertester Kandidat“

The Atlantic hat eine liberale Leserschaft und über die Jahre Trump immer wieder harsch kritisiert. Trump selbst hatte Goldberg wegen dessen Artikeln über ihn auf dem Kieker: Wie der Journalist in seinem Artikel über die Signal-Geschichte schreibt, war Trump geradezu „fixiert“ auf ihn. Ihre Geschichte reicht mehrere Jahre zurück.

Laut ABC News nannte der Atlantic Trump im Wahlkampf von 2016 „den offenkundig unqualifiziertesten Kandidaten der großen Parteien in der 227-jährigen Geschichte der amerikanischen Präsidentschaft“. Er sei „ein Feind des faktenbasierten Diskurses“, er kenne die Verfassung nicht und sei ihr gegenüber gleichgültig. The Atlantic behauptete sogar: „Er scheint nicht lesen zu können.“

Einige Wochen nach der Wahl wurde Goldberg vom öffentlichen Sender NPR interviewt. Im Gespräch sagte er über Trump: „Er nutzt wissentlich rassistische Schimpfwörter. Da ist für mich eine Grenze überschritten. Wenn man das tut und weiß, was man tut, dann ist man ein Rassist.“ Trump griff Goldberg und das Magazin seitdem immer wieder verbal an und nannte The Atlantic eine „gescheiterte Publikation“.

Wie ein autoritäres Regime

Im Jahr 2023, Monate nachdem Trump seine Wiederwahl angekündigt hatte, widmete das Magazin eine ganze Ausgabe der Frage, wie eine zweite Amtszeit von Trump aussehen würde. Das Fazit: „Es würde sich kaum von autoritären Regimen unterscheiden.“

Immer wieder erklärten Trump oder seine Sprecher, Goldberg denke sich seine Geschichten aus. So auch im Signal-Skandal: Trump-Sprecherin Karoline Leavitt sagte laut ABC News am Mittwoch vor Reportern: „Es gibt niemanden in den Medien, der es mehr liebt, Falschmeldungen zu produzieren und zu verbreiten als Jeffrey Goldberg.“ Daraufhin veröffentlichte The Atlantic den kompletten Chatverlauf. Von Falschmeldungen kann keine Rede sein.

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15 Kommentare

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  • Alle stürzen sich auf den Signal-Skandal. Aber da ist noch mehr, wenn ich den Newsletter von Robert Wright Nonzero vom 28.3. zitieren darf:

    "Die Bomben scheinen viel mehr als die vorgesehenen Ziele getroffen zu haben. In einem Text sagt Waltz, die USA hätten den „Top-Raketenmann“ der Houthis bombardiert, nachdem sie eine „positive Identifizierung von ihm erhalten hatten, als er in das Gebäude seiner Freundin ging“ - ein Gebäude, das, wie Waltz hinzufügt, „jetzt eingestürzt ist“. Das Yemen Data Project, eine unabhängige Beobachtungsstelle, deren Analyse des jemenitischen Bürgerkriegs häufig zitiert wird, berichtete am Mittwoch, dass bei diesem ersten Angriff 13 Zivilisten getötet und neun weitere verletzt wurden. Bei nachfolgenden Angriffen wurden mindestens 12 weitere Zivilisten getötet, so dass etwa die Hälfte der bisher bekannten Todesopfer Zivilisten waren. Das Jemen Data Project berichtet außerdem, dass die USA eine Schule, einen Hochzeitssaal und das onkologische Krankenhaus Al-Rasool Al-Azam getroffen haben. Die Angriffe erfolgten weniger als zwei Wochen, nachdem Hegseth das für die Verhinderung ziviler Schäden zuständige Pentagon-Büro entlassen hatte."

  • Ich meine so dumm und fahrlässig das Ganze auch war, und sich sowieso die Frage stellt wieso man die Telefonnummer eines verhassten Journalisten hat, das wird kaum Konsequenzen haben. Schlimmstenfalls, wenn die Republikaner genug Druck in den eigenen Reihen machen (haha), wird es ein Bauernopfer geben.



    Was mich mehr interessiert was aber kaum adressiert wird ist:



    Sind die Angriffe überhaupt mit dem Völkerrecht vereinbar? Ich habe jetzt schon Stimmen gehört, die sagten das es gegen die amerikanische Verfassung und gegen die UN-Charta verstößt. In letzter Zeit wird mir zu sehr nach dem Motte gehandelt: Wir stehen über dem Recht. Und das gilt nicht nur für die USA.

    • @Momo Bar:

      Da die Houthis den Schiffsverkehr angreifen und kein Staat sind sind Angriffe auf sie schon erlaubt, auch greifen sie Isreael an und andere Staaten dürfen Israel helfen. Nur haben die Houthis die Angriffe eigentlich eingestellt, hier geht es um rückendeclung für eine erneute israelische Offensive nach Gazastreifen rein, das ist nicht legitim.

      • @Machiavelli:

        Das sieht Prof. Talmon von der Uni Bonn anders: gpil.jura.uni-bonn...ng-in-the-red-sea/



        Der letzte Absatz fasst es gut zusammen, falls man nicht das ganze lesen will.



        Der beitrag von Prof. Dr. Lange sieht das auch wesentlich differenzierter: www.lto.de/recht/h...t-verfassungsrecht



        Und soweit ich von einer amerikanischen Organisationen gehört habe, verstößt es gegen die Verfassung da der Kongress über sowas zu entscheiden hat. (WarPowersResolution 1973) Und ich muss sagen auch in dem geleakten Chat war meines Erachtens nicht die Rede davon, dass man Israel verteidigen will. Es ging nur um den wirtschaftlichen Aspekt und da hat man sich ja noch über den Nutzen für die USA beschwert, da nur 3% ihres Handels über das Rote Meer stattfinden und hauptsächlich Europa davon wirtschaftlich profitiert.

  • Trump hat sehr viele Intimfeinde - eigentlich alle die, die klar denken können.

  • Der Mann hat recht: die USA ist inzwischen ein autoritäres Regime.



    Eines, das ganz offensichtlich von Vollidioten regiert wird.



    Hoffentlich stellen sich die Demokraten mal langsam auf die Hinterbeine, bevor DT das Wahlrecht abschafft.

    • @Squirrel:

      Bevor DT das Wahlrecht abschafft ... Na ja, dazu bräuchte er einen durchschlagenden Anlaß. Denn als Dekret würde das wohl von allen Gerichten, womöglich selbst vom Supreme Court kassiert werden. Oder er muß überlegen, wie er die Wahl einfach ausfallen läßt. Wegen schlechten Wetters oder so. Keine Ahnung, ob da was geht.

  • Jetzt muss der Herr Goldberg wahrscheinlich sehr auf seine Gesundheit aufpassen.



    Wie mit politischen Gegnern und missliebigen Journalisten verfahren wird, kennt man ja aus anderen autoritären Systemen, z.B. Russland oder China.

    • @Abdurchdiemitte:

      Alle dort müßten - bei dem Gesundheitsminister und dessen Personalpolitik - penibel auf ihre Gesundheit bedacht sein. Wer weiß, wie lange es noch Ärzte im Land hält. Zitat: "Laut dem "Wall Street Journal" zeigte das US-Gesundheitsministerium kein Bedauern über Marks' Rücktritt. Wenn dieser "die Wiederherstellung der Wissenschaft nach ihrem Gold-Standard und radikale Transparenz" nicht unterstützen wolle, sei für Marks "in der FDA unter der starken Führung von Minister Kennedy kein Platz"."

      • @dtx:

        Ich dachte dabei mehr so an mysteriöse Fensterstürze oder Gift im Essen - ansonsten gehe ich davon aus, dass Herr Goldberg aufgrund seines Einkommens privat so weit abgesichert ist, dass er sich eine vernünftige Gesundheitsversorgung schon wird leisten können, auch weiterhin in den Staaten.



        Im Gegensatz zu den vielen Unversicherten dort, die sehen können, wo sie bleiben, wenn sie mal krank werden.

  • Schonn! But.

    “Jeffrey Goldberg



    Der Chefredakteur des „Atlantic“



    Ein Journalist, eine Chat-Gruppe, ein absolutes Desaster für die US-Regierung. Wer ist der Mann, der sich mit einem Leak zu Trumps Intimfeind machte?“

    …, ein absolutes Desaster für die US-Regierung“



    Das - wird diese Regierung völlig anders sehen •

    • @Lowandorder:

      Die Realitäten anerkennen? No Way.

      Hegseth (Spitzname Hacky Sack?) leugnet ja immer noch, dass da etwas Geheimes durch die Gegend gesignaled wurde. Im Zweifel immer links-woke Kommunistenanarchisten oder lunatics. Schon geht die nächste T-Shirt-Kollektion an den MAGA-Mob raus, die hoffentlich in den USA produziert wird, sonst sind da wieder 67% Zölle drauf. :) Insanity is a full-time job.

  • Ich hoffe doch sehr, das die Justiz in den USA noch lebt und diesen Fall durch die Gerichte führt.

    • @Gorch:

      Kann sie ja machen. Nur - erfahrungsgemäß muß man ja inzwischen sagen - denkt sich da das Weiße Haus nur "Who cares?"