Japan gegen Neuseeland: Burger, Kiwi und die Rugby-WM
Die Silverferns spielen ihre zweite WM. Doch die Neuseeländer feiern lieber Weihnachten. Nur wenn es gegen England geht, fiebern sie mit.
BERLIN taz | Vor dem Kiwi-Pub in Berlin Steglitz werden am Samstagabend Burger gegrillt. Eine Gruppe Männer steht in der Abendsonne und stößt mit frisch gezapftem Bier an. Wird sich hier schon auf das heutige Spiel der Neuseeländerinnen gegen Japan vorbereitet? „Nein, wir wollen den Deutschen zeigen, wie man in Neuseeland Weihnachten feiert“, sagt Barmann John Bayliss. „Wir grillen und genießen das Wetter. Denn am 25. Dezember ist in Neuseeland immer Hochsommer. So wie jetzt in Deutschland.“
Im Pub hängt neben einem Plastiktannenbaum und einigen Girlanden auch eine Leinwand, ihr gegenüber ist ein Beamer aufgebaut. Ob darauf auch die WM übertragen wird? Barmann Bayliss schaut auf die Frage ein paar Sekunden in die Luft. Dann erwidert er „Klar! Aber die ist doch erst im Herbst.“ Im Herbst? „Ja, dann ist Rugby-WM. Den Beamer habe ich für das Finale der U19-Rugby-WM aufgestellt.“ Die Fußballeuphorie ist hier nicht zu Hause.
Nicht nur für die Neuseeländer, auch für viele Deutsche sind die „Silverferns“ ein unbeschriebenes Blatt. Qualifizieren mussten sie sich in Ozeanien gegen Länder wie Vanuatu, die Cook-Inseln oder Tahiti. Ihr letztes Spiel gewannen sie dabei mit 11:0 gegen Papua-Neuguinea und ohne ein einziges Gegentor im Wettbewerb zu kassieren. Eine gute Vorbereitung ist das nicht. Bei der letzten WM schnitten sie schwach ab; verloren 5:0 gegen Brasilien und jeweils mit 2:0 gegen Dänemark und China.
Siegerinnen 1975
„Aber ich würde unser Team nicht unterschätzen“, sagt Gregor aus Auckland, der neben dem Kiwi-Grill steht und auf einen Hamburger wartet. Drei seiner Nichten spielten in der Schule Fußball. „Viele Mädchen sind in der Highschool in einem Team. Das hat schon Tradition. Ich kenne zwar die Spielerinnen unserer Nationalmannschaft nicht, aber ich glaube, dass sie ganz gut spielen, oder?“
Schon 1975 nahm das Team bei dem ersten internationalen Frauenfußball-Turnier der Welt teil: die Asienmeisterschaft, die in Hongkong ausgetragen wurde. Damals gewannen die Silverferns und wurden so zum ersten internationalen Turniersieger. Heute sieht es anders aus. „Die Japanerinnen spielen in einer ganz anderen Liga“, sagt Neuseelands Trainer John Herdman. Sie seien der „FC Barcelona des Frauenfußballs“. Eines Tages würde hoffentlich auch Neuseeland so weit sein, vielleicht sogar schon bei dieser WM. Starke junge Spielerinnen wie Ali Riley könnten für eine Überraschung sorgen.
„Ach, Fußball wird in Neuseeland nie so richtig wichtig werden“, sagt im Kiwi-Pub William Lynch aus Christchurch. Manche würde das immer herbeireden wollen. Aber für ihn bliebe es irgendwie ein Hobby. Bei den Frauen sei Netball auch ganz groß. „Das einige nun auf eine erfolgreiche WM hoffen, hat einen anderen Grund“, so Lynch. Sie hätten als unwichtige Nation den Komplex des kleinen Mannes und würden in jeder Sportart gewinnen wollen.
Barmann Bayliss rückt später dann doch noch damit raus, dass er mit seiner Frau nach Dresden fährt, um das Spiel Neuseeland gegen England anzuschauen. „Das wäre schon was, wenn die Frauen da gewinnen würden“, hofft er. „Gegen England geht es schon um die Ehre, egal bei welchem Sport.“
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