Janet Yellen wird US-Finanzministerin: Resolut und unerschrocken
Janet Yellen wäre die erste Frau an der Spitze des US-Finanzministeriums. Zuvor hat sie sich als Fed-Chefin einen Namen gemacht.
Zwei Eigenschaften haben Janet Yellen berühmt gemacht: Die 74-jährige Ökonomin hat meistens recht – und sie agiert sehr selbstständig. Eine berühmte Szene ereignete sich während der Finanzkrise im Oktober 2008: Die Investmentbank Lehman Brothers war bereits zusammengebrochen, aber US-Notenbankchef Ben Bernanke scheute sich einzugestehen, dass die amerikanische Wirtschaft schrumpfte. Also nahm Yellen das hässliche R-Wort in den Mund: Die USA befänden sich in einer Rezession, erklärte sie im Abendkleid bei einem Dinner – und alle Sender der Nation brachten diese Nachricht. Denn Yellen war damals Notenbankchefin in San Francisco.
Die Reaktion der Börsen folgte prompt: Der US-Aktienindex Dow Jones verlor damals rund 733 Punkte – das war der zweitgrößte Tagesverlust in seiner Geschichte.
Jetzt, zwölf Jahre später, ist es genau andersherum: Die Börsen legten weltweit zu, als sich die Nachricht verbreitete, dass Yellen die neue US-Finanzministerin werden könnte. Offiziell ist diese Nominierung zwar noch nicht, doch „Kreise“ in Washington haben die Personalie bereits bestätigt. Yellen wäre die erste Frau an der Spitze des US-Finanzministeriums.
Yellen ist Absolventin von Yale, war Wirtschaftsprofessorin in Berkeley, hat in Harvard und an der London School of Economics unterrichtet. Von 1997 bis 1999 war sie die ökonomische Chefberaterin von US-Präsident Bill Clinton. 2004 wechselte Yellen zur US-Notenbank Fed, ab 2010 war sie dort Vizechefin und von 2014 bis 2018 die Präsidentin.
Trump fand sie „zu klein“
Es war ein Politikum, dass US-Präsident Trump ihr Mandat nicht verlängerte. Berühmt wurde sein Argument, sie sei einfach „zu klein“. Yellen ist 1,59 Meter groß.
Yellen ist bei den Demokraten nicht unumstritten. Der linke Flügel wirft der einstigen Fed-Chefin vor, dass sie die Leitzinsen ab 2016 wieder steigen ließ, was Wachstum und Arbeitsplätze gekostet hätte. Dennoch signalisierten die linken Senatoren Bernie Sanders und Elizabeth Warren bereits, dass sie Yellen als Finanzministerin akzeptieren würden. Denn auch Yellen hat immer wieder umfangreiche Konjunkturpakete angemahnt, um die Coronakrise zu überwinden.
Yellen ist mit dem Ökonomen George Akerlof verheiratet, der 2001 den Nobelpreis erhielt. Für das Nobelpreiskomitee in Stockholm hat Akerlof einmal dargelegt, wie er seine Frau 1977 in Washington kennenlernte. „Wir mochten uns sofort und beschlossen, gleich zu heiraten.“ Die Zusammenarbeit des Paars hat der Nobelpreisträger James Tobin so beschrieben: Akerlof entwickle ständig neue Ideen – und Yellen bringe diese dann „in eine akademisch plausible Form“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen