Jahreswechsel mit Hürden: Der unheimliche Silvester-Fluch
Wir wollten Silvester in Hamburg-Harburg feiern. Es gibt Orte, an denen man noch schöner feiern kann. Aber irgendwann wollte ich nur noch ankommen.
D ieses Jahr wollten wir Silvester in Hamburg-Harburg feiern. Ich gebe es zu, es gibt sicherlich ein, zwei Orte auf diesem Planeten, an denen man noch schöner Silvester feiern kann als in Hamburg-Harburg. Und es kam für mich sogar noch dicker: Die Feier fand bei meiner Schwiegermutter statt!
Da sage noch einer: Die Hölle kann man nicht toppen… wie man sieht – ich kann’s!
Meine Frau Eminanim ist mit den Kindern schon vor zwei Tagen hingefahren, um alles vorzubereiten, wie sie wichtigtuerisch sagte…
Wie bereitet man denn die Hölle vor? Sorgt man dafür, dass genügend Brennstoff da ist? Werden die Folterinstrumente der Größe nach sortiert?
Während ich auf der Autobahn nach Hamburg-Harburg in meinem Ford-Transit über die Hölle sinniere, klingelt mein Handy. Wenn man vom Teufel spricht – meine Frau ist am Apparat.
„Hallo, Osman, wo steckst du denn? Es gibt doch auf der Autobahn keine Staus oder etwa doch?“
„Gott sei Dank nicht, das wäre ja noch schöner“, antworte ich genervt. „Osman, weißt du, warum du nicht wie üblich im Stau steckst?“
„Weil es noch ein paar gute Ehefrauen gibt, die ihre Männer nicht dazu zwingen, Silvester bei der Schwiegermutter in Hamburg-Harburg zu verbringen vielleicht?“, knurre ich.
„Nein, du sitzt deshalb nicht im Stau, weil ich es dir vom ganzen Herzen gewünscht habe!“
„Ach, Quatsch, wieder so ein lächerlicher Aberglaube von dir! Denkst du, weil du dir das gewünscht hast, haben heute zehntausend Menschen gleichzeitig gedacht: Okay, wir bleiben einfach zu Hause und fahren mal nicht nach Hamburg, damit der bescheuerte Wunsch von Eminanim in Erfüllung gehen kann?“
Der Fluch der Ehefrau
„Osman, du hast es selbst so gewollt, du undankbarer Ignorant! Jetzt wünsche ich dir, dass du ab sofort mehrere Stunden elendig im Stau verbringst und dir im Wagen den Hintern abfrierst, während ich hier gemütlich Tee trinke!“
Eminanims Wunsch geht selbstverständlich nicht in Erfüllung… ungefähr zwei Minuten lang!
Dann gerate ich in einen endlosen Stau hinein, der sich womöglich nie wieder auflösen wird! Es bewegt sich nichts – aber auch gar nichts!
Nach drei Stunden sehe ich keinen anderen Ausweg als meine Frau anzurufen:
„Eminanim, nimm bitte sofort deinen Fluch von mir! Sonst müsst ihr sogar bis zum übernächsten Silvester auf mich warten!“
„Nein, das tue ich nicht! Denkst du, nur weil ich was sage, würden zehntausend Menschen denken: Okay, wir fahren wieder zurück, damit der bescheuerte Wunsch von Eminanim in Erfüllung gehen kann?“, keift sie.
Auf dem Weg zur Schwiegermutter
Tatsächlich komme ich drei Stunden später in Hamburg-Harburg an und werfe mich bei meiner Schwiegermutter völlig erschöpft aufs Sofa…
„Eminanim, ich fand heute deinen Fluch unheimlich. Zuerst hast du mir eine freie Fahrt gewünscht und ich hatte freie Fahrt! Dann hast du mir einen großen Stau gewünscht – sofort steckte ich mittendrin!“, stöhne ich.
„Na ja, ein bisschen Hilfe hatte meine Tochter schon dabei“, grinst meine Schwiegermutter und deutet mit dem Kopf auf das Radio im Regal, „auf die Verkehrsmeldungen im Radio kann man sich halt immer verlassen!“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Spardiktat des Berliner Senats
Wer hat uns verraten?
Israel und Hisbollah
Waffenruhe tritt in Kraft
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich