piwik no script img

Jäger in NeuseelandBlaugrün? Blauschwarz?

Sie sollten bedrohte Vögel schützen und eine räuberische Art dezimieren. Doch Jäger in Auckland schossen den seltensten Vogel gleich mit ab.

Ziemlich schräg und ganz schön selten: die neuseeländische Takahe (Porphyrio hochstetteri). Foto: M. Falk by wikipedia commons

Berlin taz | Jäger sind offenbar eine sehr spezielle Spezies mit nicht immer besonders viel Wissen über die Tiere, die sie da schießen. Wie sonst ist es zu erklären, dass neuseeländische Schützen, die Anfang der Woche Jagd auf den weitverbreiteten Pukeko, eine Unterart des Purpurhuhns, machen sollten, gleich vier Takahes aus der Familie der Rallenvögel erwischten, die zu den seltensten Tieren der Welt gehören? Nun tobt auf Neuseeland eine große Diskussion, das Umweltministerium hat eine Untersuchung eingeleitet.

Die Takahe ist so groß wie eine Hausgans, bis zu drei Kilogramm schwer, dunkelblaugrün befiedert, mit einem auffallend hohen und schmalen roten Schnabel - und mangels Fressfeinden vollkommen flugunfähig. Gerade einmal 263 Exemplare leben überhaupt noch, nicht einmal 80 davon in Freiheit. Damit ist sie eine der bedrohtesten Tierarten überhaupt.

Der Pukeko dagegen ist eine wahre Plage, irgendwann mal nach Neuseeland eingeschleppt und nun in Massen vorhanden. Sein Gefieder ist schwarzblau, der Schnabel ebenfalls rot, aber viel flacher als der der Takahe. Überhaupt ist der Pukeko nur etwa so groß wie ein Haushuhn und wiegt nicht mehr als ein Kilogramm. Fliegen kann er auch - und er räubert gern die Nester von selteneren Arten, weshalb er als Bedrohung für die Biodiversität Neuseelands gilt.

„Schießt nur auf fliegende Vögel“

Das Umweltministerium ruft deshalb regelmäßig über den Jägerverband Deerstalkers‘ Association zu Jagden auf ihn auf. So auch Anfang dieser Woche auf der Insel Motutapu im Norden von Auckland. Und offenbar traut die Behörde den Jägern dabei nicht so recht, seitdem dabei vor Jahren einmal versehentlich eine Takahe erlegt wurde.

Ohnehin ist man aufgeschreckt, weil auch private Schützen immer mal wieder seltene Vogelarten abschießen - was oft erst auffällt, wenn die Bilder dann auf Youtube erscheinen. Das Ministerium hat deshalb extra eine Broschüre erstellt, die an die Jäger verteilt wird und die Unterschiede erklärt. Zusätzlich gab es die Devise aus, „nur auf fliegende Vögel zu schießen“.

Die vier toten Exemplare machen fünf Prozent des noch in der freien Wildbahn lebenden Takahe-Bestands aus - damit wäre der Vorfall gleichzusetzen mit dem Verlust von 93 Pandas oder 160 Tigern. Umweltministerin Maggie Barry erklärte, sie sei „enttäuscht und tieftraurig“. Der Präsident des Jägerverbandes, Bill O‘Leary sagte, die Ermittler müssten nun klären, ob tatsächlich Mitglieder der Association für den Tod der Vögel verantwortlich seien. Schließlich gebe es auch Wilderer. Auf den Abschuss geschützter Vogelarten stehen in Neuseeland 100.000 Dollar Geldstrafe, auch Haftstrafen sind möglich.

Im Umweltministerium interessiert man sich jetzt vor allem dafür, welchen Einfluss der Verlust der Tiere auf das Arterhaltungsprogramm hat. Takahen hatten bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts als ausgestorben gegolten. Erst 1948 wurden einzelne Exemplare entdeckt. Vor elf Jahren hat das Ministerium das gemeinsam vom Staat und dem Haus- und Gartenbedarfshändler Mitre 10 finanzierte Programm aufgelegt, insgesamt hat es bislang rund 450.000 Dollar verschlungen. Ziel des Programms ist es, bis 2020 125 Brutpaare zu etablieren.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • "Jäger sind offenbar eine sehr spezielle Spezies mit nicht immer besonders viel Wissen" wissen sie, wie oft ich diesen satz schon in bezug auf journalisten gedacht habe? davon ganz abgesehen, dass offenbar unklar ist, ob es nun jäger oder wilderer waren, geschehen wo menschen arbeiten auch fehler. ich denke da bspw. an ärzte. aber offenbar kommt kein mensch auf den gedanken, wegen einem fehler, den ein arzt begeht, die ganze ärtzeschaft und die medizin in zweifel zu ziehen. bzw. wenn man selber krank ist, bleibt einem dann nichts anderes übrig, als zum arzt zu gehen. oder besser, wenn man eine wirklich ernste erkrankung hat, sehen die meisten leute ein, warum globoli hier nicht mehr der richtige weg ist. dann sind andere, viel härtere maßnahmen notwendig. warum für jäger da andere maßstäbe gelten, ist mir nicht ganz klar. wenn das so ist, müssen sie es aber in erklären. und ja, auch in einer kolumne (ein reiner bericht oder eine nachricht ist das ja eher nicht).

     

    man bekommt den eindruck, der "artikel" sei tendenziös. vielleicht ist es erst einmal angebracht, die leistung der neuseeländischen jäger für den artenschutz zu würdigen? der jäger weltweit, ohne die viele tierarten gar nicht mehr existieren würden. denn jäger, dass wissen sie sicher, waren diejenigen, die den artenschutz überhaupt erst erfunden und ethabliert haben.

  • Wackere Jägersleute... wenn man sie erstmal ballern lässt, schießen sie alles tot, was sich bewegt. Und fühlen sich dabei stolz und glücklich. In Neuseeland gibt es solche offenbar oft. Da wird ohnehin ständig in die Natur eingegriffen, mal um sie dem Menschen untertan zu machen, dann wieder um tierische Einwanderer auszurotten.

    Wäre es nicht an der Zeit, auch mal eine Bestandsregulierung unter den Menschen... aber das darf man ja nicht mal denken.

    • @Läufer:

      "Bestandsregulierung unter den Menschen"? wurde schon versucht. großangelegtes projekt. beendet 1945.