Italiens Regierung plant Haushalt 2023: Finanzpolitik alla Giorgia Meloni
Ministerpräsidentin Meloni hat ihren Haushaltsplan ins Parlament eingebracht. Ihre rechte Politik prägt ihn, trotz des kleinen Handlungsspielraums.
Die Grundsicherung plant die Regierung für alle jene zu streichen, die „beschäftigbar“ sind. Mindestens 600.000 Menschen wären davon betroffen. Dabei gelten sie zwar als „beschäftigbar“, aber Italiens Arbeitsämter können ihnen gar keine Beschäftigung anbieten. Die meisten der Betroffenen leben im armen, von Arbeitslosigkeit geplagten Süden des Landes, zwei Drittel haben einen Abschluss, der dem deutschen Hauptschulabschluss entspricht.
Während der Haushaltsentwurf Arme so schlechter stellt, geht er mit erleichternden Versprechen für Selbstständige einher, die in Italien teils massiv die Steuern hinterziehen. Das machen sie vor allem, indem sie niedrigere Umsätze als die erzielten angeben, was mit Bargeld leichter geht. Laut der Regierung sollen Selbstständige erst ab Beträgen von mehr als 60 Euro verpflichtet sein, auch Kartenzahlungen zu akzeptieren.
Effektiv können sie dann höhere die Bar-Umsätze bequem an der Steuer vorbeischleusen. Außerdem sollen in Zukunft wieder Barzahlungen von bis zu 5.000 Euro erlaubt sein, während eigentlich vom nächsten Jahr an ein Maximum von 1.000 Euro vorgesehen war.
Rechte machen Ernst
Kritik an diesem Maßnahmenpaket äußert nicht nur die Opposition, sondern auch die Notenbank, die Banca d’Italia. In ihrer Stellungnahme zum Haushaltsentwurf beklagt sie nicht nur, dass Steuerhinterziehung erneut ermutigt wird, sondern auch, dass mit der Abschaffung der Grundsicherung für Erwerbsfähige bis zu eine Million Menschen in die absolute Armut zu rutschen droht.
Ministerpräsidentin Meloni geht mit dem Maßnahmenpaket ein doppeltes Problem an, vor dem sie mit ihrer rechten Partei Fratelli d’Italia steht: Einerseits will sie die stramm rechte Handschrift ihrer Regierung deutlich machen – andererseits liegt ihr finanzpolitischer Bewegungsspielraum nahe null.
Italiens Staatsschulden liegen bei 145 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. In der EU hat nur Griechenland eine höhere Schuldenquote. Und Italien erwartet für das nächste Jahr höchstens ein Wachstum von 0,6 Prozent.
Da die Regierung sich nicht um mehr als 4,5 Prozent des BIPs neu verschulden darf, stehen ihr insgesamt 37 Milliarden Euro für zusätzliche Ausgaben zur freien Verfügung – verhältnismäßig wenig. Zudem sind davon 22 Milliarden Euro für Staatshilfen an Bürger*innen und Unternehmen verplant, um die in die Höhe geschossenen Energiekosten abzufedern.
Trotzdem möchte die Regierung einige Duftmarken setzen. Schon im Wahlkampf hatte Meloni immer wieder gegen die Grundsicherung gewettert, die 2019 vor allem durch die Fünf-Sterne-Bewegung eingeführt wurde. Bei ihr handele es sich um „Staats-Methadon“, so Meloni: nur dazu gut, mit Geld die Menschen zum Faulenzen zu verleiten.
So viel Staatsgeld wie möglich zu sparen, ist offenbar nicht ihre Motivation. Schließlich dürfen sich Altschuldner*innen des Finanzamts über ein Zusatzgeschenk freuen: Bis 2015 entstandene Schulden von bis zu 1.000 Euro werden ihnen erlassen.
Die Regierung begründet diese letzte Maßnahme damit, dass die Altschulden sowieso „nicht ergiebig“ seien – stellt zur Finanzierung dieses Geschenks zugleich aber etwa 750 Millionen Euro in den Haushalt ein. Dies ist ziemlich exakt der Betrag, der auf der anderen Seite durch die Streichung der Grundsicherung für Arbeitsfähige eingespart werden wird.
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