Italienisches Migrationsprojekt: Gericht kassiert erneut Melonis Albanien-Deal
Italiens Regierungschefin Meloni will Migranten in Albanien inhaftieren lassen. Erneut hat ein Gericht das Projekt nun gestoppt.
Bereits Mitte Oktober hatte Italien nach einer ähnlichen Gerichtsentscheidung 16 Migranten, ebenfalls aus Ägypten und Bangladesch, aus Albanien zurückbringen müssen. Hintergrund der Rechtsstreits ist die Frage, ob Ägypten und Bangladesch als „sichere Herkunftsländer“ gelten dürfen. Nach dem ersten Urteil hatte die Regierung unter Giorgia Meloni per Dekret 19 Länder als „sicher“ eingestuft. Verschiedene Gerichte ersuchten den Gerichtshof der EU um eine Stellungnahme. Sie halten es für womöglich rechtswidrig, dass die Regierung im Rom selbst die Einstufung vorgenommen hat.
Italien hatte im September angekündigt, zwei Internierungslager für etwa 3.000 Menschen in dem Westbalkanstaat zu errichten. Dorthin sollen Menschen gebracht werden, die von italienischen Schiffen auf dem Mittelmeer auf dem Weg Richtung Italien aufgegriffen werden. Vorgesehen ist, sie in Albanien ein beschleunigtes Asylverfahren durchlaufen zu lassen. Im Fall einer Anerkennung sollen sie nach Italien ausreisen, ansonsten direkt aus Albanien abgeschoben werden.
Voraussetzung ist, dass die Menschen auf hoher See aufgegriffen werden, also italienisches Hoheitsgebiet noch nicht erreicht haben. Vulnerable Gruppen, etwa chronisch Kranke, sollen von dem Verfahren ausgenommen sein. Strittig ist, ob Menschen aus Herkunftsländern, die nicht als „sicher“ eingestuft sind, die Schnellverfahren in Albanien durchlaufen sollen.
Rund 134 Millionen Euro pro Jahr angesetzt
Der Albanien-Deal von Meloni ist das erste Modell von ausgelagerten EU-Asylverfahren in Drittstaaten dieser Art. In den ersten beiden Jahren nach dem Amtsantritt Melonis war die Zahl der Ankünfte über das zentrale Mittelmeer stark gestiegen. Seit Januar 2024 verzeichnete die Küstenwache 58.720 irreguläre Einreisen – ein Rückgang von etwa 60 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die größte Gruppe der Ankommenden waren Menschen aus Bangladesch, gefolgt von Syrien, Tunesien und Ägypten. 2,3 Prozent der Menschen starben in diesem Jahr auf der Route, insgesamt bisher 1.351.
Die Küstenwachen Tunesiens und Libyen stoppten bereits rund 40.000 Menschen auf dem Meer und brachten sie nach Nordafrika zurück. Rund 134 Millionen Euro hat die Regierung bis 2029 pro Jahr für das Albanien-Projekt angesetzt. Rund 30.000 Menschen sollten das Verfahren jedes Jahr durchlaufen. Bisher aber steht das Lager leer.
In Italien wurde heftige Kritik an der Justiz laut. Vize-Ministerpräsident Matteo Salvini sagte: „Das ist ein weiteres politisches Urteil – nicht gegen die Regierung, sondern gegen die Italiener und ihre Sicherheit.“ Salvini könnte wegen seines Umgangs mit Flüchtlingen in früheren Jahren nächsten Monat selbst zu einer Haftstrafe verurteilt werden. Außenminister Antonio Tajani von der Partei Forza Italia sagte: „Das sind ein paar Richter, die der Regierung ihre politische Linie aufdrücken wollen.“ Meloni blieb nach der abermaligen Niederlage still. Ein Sprecher sagte lediglich: „Für uns hat sich nichts geändert. Wir machen weiter.“
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!