Italien will TTIP entschärfen: Freihandel in der Light-Version
Strittige Punkte wie den Investorenschutz und Chlorhühnchen sollen außen vor bleiben, sagt Italien. Die EU-Kommission ist dagegen.
BRÜSSEL taz | Angesichts des wachsenden Widerstands gegen das geplante Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) denkt die EU über Alternativen nach. Im Gespräch ist ein Interimsabkommen, das umstrittene Fragen wie den Investorenschutz (ISDS) ausklammern könnte. Italien ist dafür, die EU-Kommission dagegen – Ausgang ungewiss.
„Das geht doch gar nicht.“ So reagierte ein Insider der Kommission auf den Plan des italienischen Ratsvorsitzes, TTIP noch in diesem Jahr in einer abgespeckten Fassung zu verabschieden. Bisher hätten die EU und die USA nur die Hälfte ihres Verhandlungspensums geschafft. Es gebe nicht genug Substanz für ein Interimsabkommen.
Das sehen die Italiener ganz anders. „Wenn wir ein allumfassendes Freihandelsabkommen anstreben, könnte das auf Jahre von einigen strittigen Themen blockiert bleiben, während es andererseits auf vielen anderen Teilgebieten Einigkeit gibt“, sagte Carlo Calenda, italienischer Vizeminister für Außenhandel, der FAZ. Daher sei es sinnvoll, Streitthemen auszuklammern.
Neben ISDS gehören dazu nach italienischer Auffassung vor allem Chlorhühnchen und andere unappetitliche Produkte der Nahrungsmittelindustrie. Auch strittige Themen wie Kultur und Finanzdienstleistungen könnten zurückgestellt werden. Stattdessen will Rom den Energiemarkt in das „TTIP-light“-Abkommen aufnehmen – damit sich die EU schnell von russischem Gas unabhängig machen kann.
Anhänger findet diese Idee offenbar auch im Europaparlament. Der Vorsitzende des Handelsausschusses, Bernd Lange (SPD), macht sich hinter den Kulissen für eine Zwischenlösung stark. Dahinter steht die Überlegung, dass sich die USA wegen der Kongresswahl im November dieses Jahres nicht mehr bewegen werden. Umgekehrt könnte das EU-Parlament beim Streit über TTIP endlich die Initiative ergreifen. Bisher schauen die meisten Abgeordneten dabei in die Röhre. Nur einige handverlesene EU-Parlamentarier werden über die Verhandlungen informiert. Einfluss auf das Ergebnis haben sie kaum.
Allerdings sind nicht alle einverstanden mit dem Vorstoß. „Ein „Mini-TTIP“ kann sich schnell als trojanisches Pferd erweisen“, warnt die grüne Handelsexpertin Ska Keller. Denn mit Rendezvous-Klauseln (Wiedervorlage bisher ausgeklammerter Themen) könne das Abkommen stetig ausgeweitet werden und „letztendlich alles das umfassen, was jetzt aus PR-Gründen entfallen“ würde.
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