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Israels Vorgehen im GazastreifenDas Recht des Stärkeren

Daniel Bax
Kommentar von Daniel Bax

Israels Premier droht damit, keine Hilfsgüter nach Gaza zu lassen. Deutschlands künftiger Kanzler Merz will Netanjahu trotz Haftbefehl einladen.

Vogelperspektive: zerstörte Gebäude in Nordgaza Foto: Amir Cohen/Reuters

W as muss eigentlich passieren, damit Deutschland endlich Konsequenzen zieht? Israel droht erneut damit, Hilfslieferungen in den Gazastreifen zu blockieren. Statt die zweite Phase der Waffenruhe umzusetzen, die mit der Hamas vereinbart war und perspektivisch ein Ende des Kriegs vorsah, will Israels Premier Benjamin Netanjahu die erste Phase in die Länge ziehen. Sein Ziel ist klar: Die Hamas soll die letzten Geiseln freilassen, damit er den Krieg wieder aufnehmen kann. Die USA liefern ihm dafür neue, milliardenschwere Waffen. Die Hamas hat wenig Grund, sich dem zu beugen. Um sie in die Knie zu zwingen, droht Netanjahu einmal mehr, die Menschen in Gaza kollektiv zu bestrafen. Das ist ein Kriegsverbrechen. Unter anderem deswegen hat der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag einen Haftbefehl gegen Netanjahu erlassen.

Unterdessen hat der israelische Verteidigungsminister Israel Katz sein Militär angewiesen, bis kurz vor Damaskus vorzurücken – angeblich, um dort die drusische Minderheit zu beschützen. Israels Regierung betrachtet die neuen Machthaber in Syrien mit Argwohn. Sie fürchtet, die Türkei könnte durch sie ihren Einfluss bis an die eigene Grenze ausweiten. Deshalb schwingt sie sich zur Schutzmacht der Minderheiten dort auf. Syrien droht, zum Schauplatz eines Machtkampfes zwischen der Türkei und Israel zu werden. Beide Länder besetzen völkerrechtswidrig Teile syrischen Territoriums.

Ihre Verbündeten sollten beide Seiten in ihre Schranken weisen, bevor der Konflikt weiter eskaliert. Doch der vermutlich nächste Bundeskanzler Friedrich Merz schert aus. Er hat angekündigt, Netanjahu trotz Haftbefehl nach Deutschland einladen zu wollen. Das ist ein falsches Signal. Netanjahu muss das als Freibrief verstehen, weiterhin mit Gewalt Fakten zu schaffen.

Gerade in Zeiten wie diesen, in denen Trump und Putin das Völkerrecht mit Füßen treten, sollte Merz klarmachen, dass er nicht für das Recht des Stärkeren steht. Sondern für eine Weltordnung, die auf Regeln basiert.

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Daniel Bax
Redakteur
Daniel Bax ist Redakteur im Regieressort der taz. Er wurde 1970 in Blumenau (Brasilien) geboren und ist seit fast 40 Jahren in Berlin zu Hause, hat Publizistik und Islamwissenschaft studiert und viele Länder des Nahen Ostens bereist. Er schreibt über Politik, Kultur und Gesellschaft in Deutschland und anderswo, mit Fokus auf Migrations- und Religionsthemen sowie auf Medien und Meinungsfreiheit. Er ist Mitglied im Vorstand der Neuen deutschen Medienmacher:innen (NdM) und im Beirat von CLAIM – Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit. Er hat bisher zwei Bücher veröffentlicht: “Angst ums Abendland” (2015) über antimuslimischen Rassismus und “Die Volksverführer“ (2018) über den Trend zum Rechtspopulismus. Für die taz schreibt er derzeit viel über aktuelle Nahost-Debatten und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW).”
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14 Kommentare

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  • Um die Frage am Anfang des Artikels aufzugreifen: Blockieren von Hilfslieferungen, Einfallen in fremdes Staatsgebiet, Drangsalierung der Bevölkerung im Westjordanland, kaum verhohlene Deportationspläne im Gaza-Streifen... Es kann "passieren", was will, Konsequenzen werden daraus keine gezogen, denn das alles wird hierzulande praktisch nicht wahrgenommen, nicht nur von der Politik, auch von den Medien, mit wenigen Ausnahmen wie hier. Und das liegt nicht nur daran, daß andere Themen (Bundestagswahl, Ukraine) gerade im Vordergrund stehen.

  • Danke Daniel Bax. Auch wenn es der Lobby der israelischen Regierung nicht passt, wenn ihre Kriegsverbrechen angeprangert und "No other Land" mit dem Oskar geehrt wird, ist dies ein Eintreten für eine regelbasierte Weltordnung und kein Antisemitismus. Netanjahu, seinem Buddy Trump und Putin , ist eine auf Menschenrechte und dem Völkerrecht basierte Weltordnung zuwider.

  • Ja nun, nach dem Terroranschlag der Hamas mit Hunderten Opfern wurden ja auch keinerlei Konsequenzen gezogen. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass da die Empörung seitens der taz-Nahostexperten besonders groß gewesen wäre.

    Die regelbasierte Weltordnung sieht im Übrigen auch vor, dass innere Angelegenheiten in der Verantwortung souveräner Staaten liegen, nicht der deutscher Antizionisten.

    • @nihilist:

      Besatzungspolitik ist keine Innere Angelegenheit, und Völkerrechtsbrüche erst recht nicht. Es geht nicht um Antizionismus, sondern um konkretes Vorgehen. Man kann durchaus für Israel, aber gegen dessen Politik sein.

    • @nihilist:

      Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind ebenso wenig 'innere Angelegenheiten' wie die rechtswidrige Besetzung/Annexion von Territorium.

    • @nihilist:

      Regelbasierte Geographie ist wiederum, dass weder Syrien noch Gaza eine "innere Angelegenheit" Israels darstellen.

    • @nihilist:

      Die "regelbasierte Weltordnung" meint in erster Linie das Völkerrecht, zu dessen Einhaltung auch noch so souveräne Staaten verpflichtet sind.

      Ad absurdum führt Ihre Idee der Nichteinmischung in Angelegenheiten souveräner Staaten spätestens an dem Punkt, wo Israel buchstäblich die Souveränität Syriens - eines souveränen Staates - verletzt.

    • @nihilist:

      Ich bin mir nicht sicher, welche Zeitungen Sie gelesen und welchen Experten Sie zugehört haben, aber ich kann mich an keinen Kommentar erinnern, der nicht entsetzt gewesen wäre - das Entsetzen hat lediglich begonnen, auch die israelische Kriegsführung zu betreffen, nachdem diese zunehmend genozidalen Ausmaße angenommen hat. Und dabei handelt es sich nicht um die "inneren Angelegenheiten" Israels, zumal Gaza auch kein israelisches Staatsgebiet ist.

  • Der letzte Absatz erweckt den Anschein, nicht jeder ist hier gerade in der neuen Weltordnung angekommen.

    Die auf Regeln basierte Weltordnung ist gerade Schnee von gestern.

    Ich wünsche mir bestimmt keinen Kanzler, der Probleme hat, die Realität wahrzunehmen.

    • @rero:

      Aber man wünscht sich einen Kanzler der rechtswidrig handelt und Völkerrecht missachtet? Zur Erinnerung die Grundlage des Völkerrechts wie wir es jetzt kennen wurde wegen der deutschen Verbrechen im 2. Weltkrieg geschaffen. Man sollte doch eigentlich meinen das die Lehren die man als deutscher Staatsbürger daraus zieht, das ist was auch in unserem Grundgesetz verankert ist und Vorgänger-Regierungen durch den Beitritt in zahlreiche Konventionen, Verträge und auch Statuten (z.B. Römische Statuten und damit dem ICC) zum Ausdruck gebracht haben: die Wahrung universeller Menschenrechte und die Verpflichtung zum Völkerrecht.

      • @Momo Bar:

        Wenn die Weltordnung gerade nicht mit Völkerrecht und Regeln funktioniert, erwarte ich einen Kanzler, der auch da mitspielt.

        Nicht weil er oder ich das Spiel mögen.

        Sondern weil es so funktioniert.

        Menschenrechte darf er gerne achten.

        Aber nicht beides als Monstranz vor sich hertragen, so dass er nicht mehr ernstgenommen wird.

        Da hilft ihm der Verweis auf deutsche Verbrechen im 2. Weltkrieg nicht weiter.

    • @rero:

      "Ich wünsche mir bestimmt keinen Kanzler, der Probleme hat, die Realität wahrzunehmen."



      Will niemand, aber was soll das schon heißen.



      Machen Sie doch eine richtige Aussage.

    • @rero:

      Wenn Merz versuchen sollte, den Haftbefehl zu unterlaufen, verstößt er nicht nur gegen internationale Verträge, sondern auch gegen deutsches Recht. Das hat nichts mit Realitätssinn zu tun, sondern ist schlicht und ergreifend gesetzeswidrig.

  • Was ich mich frage: was das eigentlich für eine Strategie sein soll? Durch die Abraham Accords wollte man ja eigentlich normale Beziehungen zu seinen arabischen/ muslimischen Nachbarn. Aber das was man hier macht ist doch das komplette Gegenteil. Entgegen dem Waffenstillstandsabkommen werden noch Teile des Libanons besetzt. Neben der völkerrechtswidrigen Annexion der Golan Höhen, hat man dort jetzt den Bau noch mehr illegaler Siedlungen angekündigt, hat weiteres Gebiet besetzt, fliegt Angriffe auf Syrien und fordert eine Demilitarisierung südl. von Damaskus und verletzt damit nicht nur die territoriale Integrität, sondern auch Souveränität Syriens. Netanjahu und co. unterstützen die Vertreibungspläne Trumps und würde damit Ägypten und Jordanien ins Chaos stimmen. Die Houthis würden das bestimmt nicht hinnehmen. Zudem ist damit zu rechnen das auch in den anderen Staaten Unruhen ausbrechen, da ein Großteil der Menschen keine Beziehung mit Israel will und die Vertreibung nicht akzeptieren würde.



    Und wie Prof. Kai Ambos sagt Nichtausführung des Haftbefehls wäre rechtswidrig und Strafvereitelung: verfassungsblog.de...fehl-rechtswidrig/