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Israel gegen Iran: Viele Tote nach drei Tagen Krieg

Was als israelischer Schlag gegen Irans Atomprogramm begann, weitet sich seitdem jede Nacht noch aus

Von Dominic Johnson

Am dritten Tag des offenen Krieges zwischen Israel und Iran hat sich die militärische Konfrontation zwischen beiden Ländern weiter verschärft. Erstmals griff Israel am Sonntag bei Tageslicht Irans Hauptstadt Teheran an. Israels Verteidigungsminister Israel Katz schrieb auf X, mit Teheran werde man genauso umgehen wie mit Beirut – die libanesische Hauptstadt war im Herbst 2024 mehrere Wochen lang bombardiert worden.

Am Samstagabend hatte Katz bereits gewarnt, Teheran werde „brennen“, wenn Iran weiter zivile Ziele in Israel treffe. Zuvor hatten iranische Raketen mindestens zehn Menschen im Großraum Tel Aviv und im nordisraelischen Tamra – wo hauptsächlich Araber leben, die keinen Zugang zu öffentlichen Schutzräumen haben – getötet. In Bat Jam nahe Tel Aviv wurden unter den Trümmern eines Wohnhauses am Sonntag noch sieben Menschen vermisst.

Nach amtlichen Angaben aus beiden Ländern stieg die Zahl der Toten in Israel bis Sonntag auf 13, in Iran auf 128. Begonnen hatte der Krieg in der Nacht zu Freitag mit israelischen Militärschlägen auf die oberste militärische Führungsebene Irans sowie Einrichtungen des iranischen Nuklearprogramms. Es gehe darum, „die Bedrohung zu verringern, zu zerstören und zu entfernen“, hatte Israels Regierung gesagt und die Angriffe zum Start einer mehrwöchigen Operation erklärt. Die Internationale Atomenergieagentur (IAEA) der Vereinten Nationen hatte am Donnerstag Iran erstmals seit zwanzig Jahren förmlich des Bruchs seiner Verpflichtungen unter dem Atomwaffensperrvertrag beschuldigt.

Zu Israels Aktion erklärte der ehemalige IAEA-Generalsekretär Mohamed El Baradei am Samstag, militärische Angriffe auf Nukleareinrichtungen seien unter allen Umständen illegal. Das US-amerikanische „Institute for the Study of War“ (ISW) kam am Sonntag zum Schluss, Israels Erfolge hielten sich in Grenzen. Zwar sei im Urananreicherungskomplex Natans eine Einrichtung zur Produktion von auf 60 Prozent angereichertem Uran zerstört worden. In der Untergrundanlage Fordo, wo am meisten illegale Aktivitäten vermutet werden, gibt es laut ISW jedoch nur minimale Schäden.

Da Iran anders als Israel noch keine Atomwaffen besitzt, muss Israel Irans konventionelle militärische Kapazitäten zerstören, um das Land zu schwächen. So griff Israel von Beginn an auch Irans Luftabwehr an, ebenso Luftwaffenstützpunkte und Raketensilos.

Iran reagierte am Freitag zunächst mit einem eher wirkungslosen Drohnenangriff auf Israel, gefolgt von mehreren Wellen von Angriffen mit ballistischen Raketen in den Nächten zu Samstag und zu Sonntag, mit zunehmender Schlagkraft. Israels Abwehrsystem „Iron Dome“ konnte insgesamt rund 90 Prozent der Geschosse abfangen – zu wenig, um massive Schäden zu verhindern.

Israel bombardiert seit Samstag auch Irans Öl- und Gasindustrie und die kritische Infrastruktur. Ein Öldepot bei Teheran sowie Gasraffinerien im Südwesten des Landes wurden getroffen, ebenso eine Autofabrik.

Bemühungen um eine diplomatische Lösung blieben zunächst ohne sichtbare Wirkung. Die für Sonntag in Oman geplanten nächsten Atomgespräche zwischen USA und Iran wurden gestrichen. Irans Außenministerium erklärte, man habe einen Entwurf für ein neues Abkommen vorlegen wollen, dies sei nun aber nicht mehr möglich. Großbritannien, Frankreich und Deutschland boten sich als Ersatzunterhändler an, wurden jedoch ignoriert. Russlands Präsident Wladimir Putin telefonierte mit den Führungen Israels und Irans. US-Präsident Donald Trump erklärte am Sonntag, Israel und Iran „sollten einen Deal machen und sie werden einen Deal machen“. (mit Agenturen)

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