Islam in der Türkei: Machtwort von oben
Regierungschef Davutoğlu hat bekräftigt, der Säkularismus werde auch für eine neue Verfassung gelten. Er wandte sich damit gegen Kritiker aus der AKP.
Damit reagierte Davutoğlu, der auch Chef der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP ist, auf eine Äußerung seines Parteifreundes und Parlamentspräsidenten Ismail Kahraman. Dieser hatte erklärt, in der neuen Verfassung dürfe der Säkularismus keine Rolle mehr spielen. Als muslimisches Land brauche die Türkei eine islamische Verfassung.
Wie zuvor schon Präsident Recep Tayyip Erdoğan erteilte Davutoğlu dieser Auffassung eine Absage. „Der Säkularismus wird im Entwurf der neuen Verfassung als Prinzip aufgeführt, das die Religions- und Glaubensfreiheit der Bürger garantiert und sicherstellt, dass der Staat den gleichen Abstand zu allen Glaubensgemeinschaften hält“, sagte er.
Die Eigenschaft der Türkei als säkulärer, demokratischer und sozialer Rechtsstaat stehe nicht zur Debatte. Davutoğlu unterstrich zugleich, dass sich die AKP von einer als Diskriminierung frommer Muslime empfundenen Auslegung des Säkularismus distanziert.
„In unserer Verfassung werden wir einem freiheitlichen Laizismus-Verständnis Raum bieten, nicht einem autoritären Laizismus-Verständnis“, sagte der Regierungschef.
Die AKP arbeitet an einem Entwurf für eine neue Verfassung, mit der sie den Wechsel vom derzeitigen parlamentarischen System zu einem Präsidialsystem vollziehen will. Die Opposition sieht in dem Plan den Versuch, Präsident Erdoğan mit weitreichenden Machtbefugnissen auszustatten, ohne gleichzeitig wirksame Kontrollmechanismen einzuführen. Einige Regierungsgegner sprechen deshalb von der Gefahr einer Diktatur.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Neue israelische Angriffe auf Damaskus