Irland nach dem Tod der Queen: Iren trauern etwas weniger
Queen Elizabeth II. sorgte in Irland und Nordirland mitunter für Irritationen. Nun haben alle Parteien Beileidsbekundungen geschickt.
Als es die IRA noch gab, führte Elizabeth II. die Liste der „legitimen Angriffsziele“. Doch Sinn Féin hat längst Frieden mit der Monarchin gemacht. Bei einem Nordirland-Besuch 2012 schüttelte sie die Hand von Martin McGuinness, dem damaligen Vizeregierungschef und Exkommandanten der IRA – eine Geste der Versöhnung, die Nordirlands unionistischen Politikern lange Zeit nicht möglich gewesen ist.
Für die Unionisten ist Elizabeths Tod eine Katastrophe. Als sie 1952 Königin wurde, war Nordirland fest in unionistischer Hand. Die katholischen Nationalisten wurden in allen Bereichen diskriminiert und hatten in politischen Angelegenheiten kein Mitspracherecht.
Das hat sich geändert, das Belfaster Abkommen vom Karfreitag 1998 verlangte den Unionisten viele Zugeständnisse ab. Die größte Demütigung waren die Wahlen im letzten Mai, als Sinn Féin, für viele immer noch der Erzfeind, stärkste Partei wurde. Erstmals stellen die Unionisten nicht mehr den Ersten Minister.
Queen als Konstante und Kitt der Unionisten
Elizabeth war immer die Konstante und der Kitt, der die Unionisten zusammenhielt, während ihre Macht immer mehr schrumpfte. In protestantisch-unionistischen Arbeitervierteln hing in den Wohnzimmern ein Porträt der Queen, auch wenn es sonst nicht viel gab. Sie alterte nie, auf den Bildern blieb sie immer die junge Königin aus einer Zeit, als die Welt noch in Ordnung schien.
Auch das neue Wandgemälde auf der unionistischen Shankill Road in Belfast, das nach ihrem Tod über Nacht auf einer Giebelwand entstand, zeigt Elizabeth als junge Frau.
Sie reiste kurz nach ihrer Krönung nach Nordirland und kam danach regelmäßig in die Provinz. Die Republik Irland musste hingegen bis 2011 auf einen Besuch warten, genau hundert Jahre nach der letzten Visite eines britischen Monarchen. Als Elizabeths Großvater George V. kam, war ganz Irland noch britische Kolonie.
Seitdem hatte sich einiges getan: der Osteraufstand von 1916, der Unabhängigkeitskrieg gegen die britischen Besatzer, die Teilung der Insel und der Nordirlandkonflikt, der mehr als 3.500 Menschen das Leben kostete.
Friedensprozess machte Besuch in Republik Irland möglich
Durch den Friedensprozess hatte sich die Lage mehr oder weniger normalisiert, die Iren gaben per Referendum ihren in der Verfassung verankerten Anspruch auf Nordirland auf, und so war der Weg frei für einen Besuch der Monarchin.
Als sie ihre Bereitschaft erklärte, die Republik Irland zu besuchen, beschimpfte Ian Paisley von der Democratic Unionist Party (DUP) sie als „Papagei von Tony Blair“, dem damaligen britischen Premier.
Als Elizabeth dann auch noch einen Kranz im Dubliner Garden of Remembrance für die irischen Freiheitskämpfer niederlegte, bekam die Beziehung zwischen den Unionisten und ihrer Queen einen vorübergehenden Knacks.
Elizabeth zog dann beim Staatsbesuch 2011 alle Register. Sie war ganz in Grün, der irischen Nationalfarbe gekleidet, sie sprach ein paar Worte Irisch, und sie wirkte trotz der Morddrohungen einiger Splittergruppen recht entspannt.
Irlands Präsident Michael D. Higgins sagte, ihr Besuch sei ausschlaggebend gewesen für eine neue Basis der Verständigung zwischen Irland und Großbritannien.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei