Iran ermordet Deutschiraner: Woran starb Jamshid Sharmahd?
Die Islamische Republik beschrieb den Tod Sharmahds kryptisch als „Erhalt der gerechten Strafe“. Nun spricht der Justizapparat von einem Schlaganfall.
Sharmahd, der im Sommer 2020 während einer Geschäftsreise aus Dubai entführt und nach Iran verschleppt wurde, wurde vier Jahre lang in Isolationshaft gefangen gehalten. Sein genauer Aufenthaltsort war unbekannt. Berichten zufolge wurde er in Haft schwer gefoltert: Er hatte Parkinson, doch Medikamente wurden ihm verweigert. Ihm wurden die Zähne ausgeschlagen. Er durfte nur selten für wenige Minuten mit seiner Familie telefonieren.
Nach einem Schauprozess wurde er im Februar 2023 wegen „Korruption auf Erden“ zum Tode verurteilt. Vergangene Woche verkündete der Sprecher der Justiz in Iran seine Hinrichtung – in untypischer Weise. Denn das Regime verkündet Hinrichtungen meistens morgens, nachdem im Morgengrauen hingerichtet wurde.
Dieser staatliche Mord löste Empörung in Deutschland aus. Außenministerin Baerbock versprach „schwerwiegende Folgen“ und ließ die drei Generalkonsulate der Islamischen Republik in Deutschland schließen. Die betroffenen Beamten müssen Deutschland verlassen.
Eine Konfrontation passt nicht in Irans Strategie
Eine Reaktion, mit der das Regime wohl nicht gerechnet hat, denn nach der Hinrichtung des schwedischen Staatsbürgers Habib Chaab im Jahr 2023 blieben Reaktionen aus der Europäischen Union aus. Vier Jahre lang schien die Bundesregierung sich nicht besonders für den Fall des Deutschen Sharmahd zu interessieren. Bei einer Bundespressekonferenz im Jahr 2023 gestand Regierungssprecher Hebestreit auf Nachfrage, dass der Bundeskanzler sich gar nicht für Sharmahd einsetzt, da der Fall im Auswärtigen Amt liegt – die Befreiung eines deutschen Staatsbürgers mit Todesurteil war keine Priorität im Kanzleramt.
Derzeit sind die Mullahs bemüht, ein „reformistisches“ Gesicht nach außen hin zu zeigen. Dass Massud Peseschkian, dem eine „reformistische“ Maske aufgesetzt wurde, als nächster Präsident des Landes ausgesucht wurde, spricht dafür. Eine Konfrontation mit Deutschland, dem stärksten Handelspartner in der Europäischen Union, passt da nicht in die Strategie.
Wahrscheinlich deswegen verkündet der Sprecher der Justiz acht Tage später, Sharmahd sei nicht hingerichtet worden, sondern an einem Schlaganfall gestorben. „Das beweist, dass man niemals den Worten von Terroristen trauen kann“, sagt Tochter Gazelle Sharmahd im Gespräch mit der taz.
Das Regime in Iran scheint sich durch die deutsche Reaktion in die Ecke getrieben zu fühlen. Die Relativierung des Tods von Sharmahd soll die Beziehungen reparieren. Die Strategie scheint diesmal jedoch nicht aufzugehen. „Iran ist für seinen Tod verantwortlich“, heißt es in einer Erklärung des Auswärtigen Amtes.
„Es ist bekannt, dass ‚Schlaganfall‘ bei diesem Regime ein Codewort für Folter ist“, sagt Mariam Claren von der Menschenrechtsorganisation HÁWAR.help. „Für uns bleibt klar: Mord ist Mord.“ Die Organisation fordert ebenso wie Gazelle Sharmahd Aufklärung und die Herausgabe des Leichnams.
Sharmahd ist eine von 166 Personen, die laut der Menschenrechtsorganisation Iran Human Rights allein im Oktober hingerichtet wurden. Damit steigt die Zahl der Hinrichtungen in diesem Jahr auf über 600.
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