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Interview mit Wertpapierschützer"Stimmung ist schlechter als die Lage"

Der Wertpapierschützer Lothar Gries glaubt, dass der DAX im Herbst seinen Tiefpunkt erreichen wird.

Schwierige Kurslage. Bild: ap
Ulrike Herrmann
Interview von Ulrike Herrmann

taz: Herr Gries, wird der Absturz des DAX weitergehen?

Lothar Gries: Das war kein Absturz am Donnerstagabend, sondern nur ein weiterer Schritt nach unten.

Aber die Nachrichten klangen bedrohlich: Der Ölpreis liegt bei über 140 Dollar pro Barrel und einige Großbanken stecken in der Krise.

Das war eine ungünstige Gemengelage. Hätten sich diese schlechten Nachrichten nicht an einem Tag geballt, sondern auf eine Woche verteilt - dann hätte der DAX nicht derartig nachgegeben. Das sehen Sie auch an den moderaten Reaktionen am nächsten Handelstag. Von Panikverkäufen keine Spur.

Bild: sdk
Im Interview: 

LOTHAR GRIES ist Jurist und Volkswirt und Sprecher der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger.

Wo sehen Sie den DAX langfristig?

Langfristige Prognosen geben wir nicht ab. Langfristig sind wir alle tot.

Und in einem Zeitraum von sechs Monaten?

Der DAX schwächelt weiter.

Einige Analysten rechnen mit einem DAX von nur noch 6.000 Punkten. Sie auch?

Ja. Der Tiefpunkt dürfte im Oktober/November erreicht sein. Dann ist hoffentlich auch die US-Finanzkrise überwunden.

Bleibt das Problem, dass der Ölpreis weiter zulegen könnte. Opec-Chef Chakib Khelil sieht in den nächsten Monaten einen Anstieg auf 150 bis 170 Dollar pro Barrel.

Es gibt immer Trittbrettfahrer, die Schreckensnachrichten verbreiten. Der Ölpreis dürfte jedoch bald seinen Höhepunkt erreichen, weil die Weltwirtschaft weniger stark wächst.

Das ist doch auch keine gute Nachricht für die deutsche Exportwirtschaft.

Trotzdem ist die Stimmung schlechter als die Lage. Wir sind nicht in einer Rezession. Und viele Anleger halten derzeit eine Menge Cash in ihren Kassen, das sie wieder investieren müssen. Schon deswegen stehen die Chancen gut, dass die Börsenkurse ab Herbst steigen. Außerdem gilt ab Januar die Abgeltungssteuer, die dann alle Spekulationsgewinne betrifft. Daher dürften sich viele Anleger noch vor Jahresende mit Aktien eindecken.

Welche Unternehmen würden Sie Anlegern empfehlen?

Man sollte sich etwa die Deutsche Bank ansehen, deren Kurs sich binnen eines Jahres halbiert hat. Damit ist er deutlich unterbewertet.

INTERVIEW: ULRIKE HERRMANN

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