Interview mit Jutta Matuschek zur A100: "Ein Planungs-Abbruch ist machbar"
Die verkehrspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Jutta Matuschek, will neu über die Verlängerung der A100 verhandeln.
taz: Frau Matuschek, haben bei Ihnen am Sonntag die Sektkorken geknallt?
Jutta Matuschek: Die Sektkorken nicht, aber ich habe mich schon über die Entscheidung des SPD-Landesparteitages gefreut.
Haben Sie mit dem Votum gerechnet?
Ich hatte es erhofft, aber damit gerechnet hatte ich nicht.
Der Weiterbau der A100 ist im Koalitionsvertrag festgehalten. Lässt sich das einfach so ändern?
Wir konnten uns 2006 mit unserer ablehnenden Position im Koalitionsvertrag leider nicht durchsetzen. Dass jetzt die SPD offenbar ihre Meinung geändert hat, bedeutet, dass wir über das Projekt neu verhandeln könnten.
Glauben Sie an eine rasche Einigung?
Das würde keine leichte Sache. Die A100 ist ja ein Bundesprojekt, aber sie ist auch ein Berliner Projekt, das auf Wunsch Berlins in die Bundesverkehrswegeplanung eingebracht wurde. Deswegen müssten wir nicht nur die Berliner Position neu miteinander vereinbaren, sondern auch gegenüber dem Bund aktiv werden.
Mit welchen Schwierigkeiten rechnen Sie denn?
Wir würden gerne darüber diskutieren, ob und wie das Planungsverfahren abgebrochen werden kann. Das müsste dann zum frühstmöglichen Zeitpunkt geschehen, da Berlin sich auch die 30 bis 40 Millionen Euro Planungskosten nicht leisten kann, die bei einer Fortführung der Planung anstünden. Das müssten wir dem Bund erklären. Und man müsste in einem späteren Schritt die Systematik der Bundesverkehrswegefinanzierung verändern. Denn die sieht vor, dass Berlin, um an Bundesgelder heranzukommen, neue Autobahnen planen und bauen muss, wenn die Stadt nicht auf die Finanzmittel verzichten will. Das ist ein großes Problem.
Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass die Verlängerung der A100 jetzt überhaupt noch kommt?
Ich halte einen Abbruch des Planungsverfahrens für wahrscheinlich. Verwaltungsrechtlich machbar wäre es sowieso. Aber auch als politischer Konsens zwischen der Partei Die Linke und der SPD Berlin kann ich es mir vorstellen. Und das wäre schon das erste handfeste Ergebnis.
Wie viel Geld würde Berlin dann sparen?
Berlin würde vorrangig bei den Folgemaßnahmen sparen, die ein Autobahnbau mit sich bringt. Das heißt, bei der Anbindung der Stadtstraßen an die Autobahn, bei der nötigen sozialen Stabilisierung von den betroffenen Wohnquartieren, bei der entsprechenden Umstellung des Nahverkehrs und bei den Ausgleichsmaßnahmen, wenn der Treptower Park nicht mehr als Erholungsfläche zur Verfügung steht. Diese Kosten, die zu den 30 bis 40 Millionen Planungskosten noch dazu kämen, können wir im Moment noch gar nicht absehen. Aber sie wären meiner Schätzung nach weitaus höher.
Interview Svenja Bergt
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!