Interview mit Dresdner Stollenverein: „Haben Sie auch Muslimstollen?“
Christstollen wird seit vierzehnhundertundnochwas so und nicht anders hergestellt. Aber Integration ist Doppelstraße. Unser Autor hatte da eine Frage.
taz: Guten Tag, eine Frage: Sie machen Dresdner Stollen, ist korrekt?
Schutzverband Dresdner Stollen e.V.: Wir haben ein Stollensiegel, was vergeben wird für die Bäckereien, die diese Ansprüche erfüllen.
Der heißt Christstollen, ja?
Der heißt Dresdner Christstollen.
Habe Sie auch Muslimstollen?
Rosinenstollen?
Nein, Muslimstollen.
Muslimstollen? Kenn ich nicht.
Ich bin neu in Dresden und hab ich gehört, das eine Spezialität. Aber ich bin Muslim. Und Christstollen ist so ein Problem für meine Familie, versteh'n Sie?
Ich weiß es nicht, was da für Zutaten von Ihrer Seite rein müssen oder rein dürfen, das weiß ich nicht.
Aber haben Sie Stollen, wo nicht draufsteht Christ? Muslimstollen? Oder Stollen für alle?
„Dresdner Christstollen wird nur in rund 130 Bäckereien und Konditoreien in und um Dresden hergestellt. Seit Jahrhunderten hüten Dresdner Bäcker und Konditoren diese Tradition und geben sie von Generation zu Generation weiter“, heißt es beim Schutzverband Dresdner Stollen e.V, der sich als „Hüter der Dresdner Stollenback-Tradition“ bezeichnet.
Nein, haben wir nicht. Nein, nein. Kann ich Ihnen nicht helfen. Unsere Stollen heißen Dresdner Christstollen. Da habe ich keine Informationen, wer jetzt einen Muslimstollen herstellt.
Aber Sie haben nix gegen Muslime, oder? Es gibt in Dresden jetzt so Demonstrationen. Pegida oder was.
Da hab ich aber nichts mit zu tun. Ich bin hier im Dresdner Christstollenverband. Und mit dem Muslimstollen – den kenn ich nicht und ich weiß auch nicht, was für Zutaten drinne sein dürfen oder nicht. Der heißt Dresdner Christstollen und der wird bei uns traditionell schon seit vierzehnhundertundnochwas hergestellt.
Aber könnten Sie nicht für muslimische Mitbürger Muslimstollen machen? Gleich Zutat, andere Name?
Ich weiß nicht, warum unsere Bäckereien das machen sollen. Wir haben ein Traditionsgebäck seit vierzehnhundert, und warum sollen wir das jetzt umbenennen? Wenn Sie das nicht essen wollen, müssen Sie das nicht essen.
Ich will aber. Alle sagen, Integration ist Doppelstraße.
Aber wir haben das Gebäck. Und wenn es bei uns so heißt, weiß ich nicht, was das mit dem Namen jetzt für Sie so ist. Der heißt bei uns so. In unserem Land heißt er so. Wenn Sie den vom Namen her so nicht essen möchten, dann kaufen Sie sich doch einen anderen Stollen.
Aber andere ist Imitat, nicht Original.
Der heißt so bei uns, tut mir leid.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“