Internationaler Weltvegetariertag: Vögeln ohne Tiere
Die wenigsten Verhütungsmittel sind frei von tierischen Bestandteilen. Pflanzliche Varianten sind nicht besonders sicher, sagen Gynäkologen.
BERLIN taz | Wer denkt beim Sex schon an die Tiere? Dabei stecken hinter den meisten Verhütungsmitteln Tierversuche. Und selbst Antibabypillen sowie Kondome enthalten tierische Produkte. Das wirft Probleme für VeganerInnen und VegetarierInnen auf – und deren Anzahl ist in den vergangenen Jahren immer weiter gestiegen.
Der 1. Oktober ist der internationale „Weltvegetariertag“. Seit 1977 feiern VegetarierInnen an diesem Tag die fleischfreie Lebensweise. Nach einer Untersuchung der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) hat sich die Zahl der vegetarisch lebenden Menschen seit damals mehr als verfünfzehnfacht. Der Vegetarierbund Deutschland geht davon aus, dass sich in der Bundesrepublik mindestens 900.000 Menschen vegan ernähren – also ohne Fleisch, Milch, Eier, Honig und sonstige tierische Produkte. Doch nicht nur in Lebensmitteln stecken Bestandteile von Tieren, sondern auch in Medikamenten.
Das Gynmed-Ambulatorium für Schwangerschaftsabbruch und Familenplanung in Wien hat jetzt eine Übersicht darüber erstellt, welche Verhütungsmittel vegan sind. Das Fazit: Die wenigsten sind frei von Tierprodukten und Tierversuchen. Die vegan unbedenklichste Methode ist demnach neben der Sterilisation die Selbstbeobachtung. Diese gilt aber im Vergleich zu anderen Verhütungsmethoden nicht als sonderlich sicher. Die Frau misst dabei täglich ihre Temperatur, um einzuschätzen, wann sie ihre fruchtbaren Tage hat. Der Knackpunkt: Die Körpertemperatur wird durch verschiedenste Einflüsse verändert – nicht nur durch den weiblichen Zyklus.
„Streng vegan, ökologisch und dabei wirksam verhüten ist nicht möglich, hier muss man sich entscheiden“, sagt der Gynäkologe Christian Fiala, Leiter des Gynmed-Ambulatoriums. Die meisten Kondome und Diaphragmen bestünden zum Beispiel zwar aus Naturkautschuk, würden aber mit Casein hergestellt, einem Milchbestandteil. Nur die Gummis der Firmen Glyde Health und Avanti sind nach der Übersicht des Krankenhauses rein pflanzlich – meist aber kostspieliger.
Die veganen Kondome verkauft etwa der alternative Sexladen Other Nature in Berlin, der auf seiner Homepage als queer-feministisch, ökologisch und praktisch vegan beschrieben wird. „Da gehören vegane Kondome dazu“, sagt Sara Rodenhizer, die Inhaberin des Sexshops. Die Qualität sei hochwertig.
Wer auf Kondome verzichten und lieber hormonell verhüten möchte, muss aber auch auf den Beipackzettel achten: So ist in fast allen Antibabypillen Laktose (Milchzucker) enthalten. Außerdem würden hormonelle Verhütungsmittel an Tieren getestet, sagt Gynäkologe Fiala.
Und sogar der kleine Verhütungscomputer Persona kommt nicht ganz ohne tierische Bestandteile aus. Er misst ein Hormon im Urin und identifiziert so die Tage, an denen ein erhöhtes Risiko besteht, schwanger zu werden. Dafür allerdings benötigt der Computer Urinteststreifen, in denen Rinderprotein enthalten ist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?