Inoffizielle WM im Hochseesegeln: Frauen ins Boot geholt
Am Sonntag startet die Hochseeregatta Volvo Ocean Race erstmals mit einer Frauenquote und einem unabhängigen Berichterstatter in jeder Yacht.
Sieben gemischte Teams starten am Sonntag in der südspanischen Hafenstadt Alicante zur Hochseeregatta um die Welt. Bei der 13. Auflage des Volvo Ocean Race ist der Kurs jetzt auf 45.000 Seemeilen verlängert worden, die in elf Etappen absolviert werden müssen. Von Europa geht es zunächst nach Südafrika, dann nach Australien, von dort nach China, wieder runter nach Neuseeland, um das südamerikanische Kap Horn herum und über Brasilien und die USA wieder zurück nach Europa. Ende Juni, also nach acht Monaten, ist Zieleinlauf im niederländischen Den Haag. Das Fachmagazin Yacht bezeichnet die Regatta als „inoffizielle Weltmeisterschaft im Hochseesegeln für Mannschaften“.
Der Kurs wurde so geändert und um 6.000 Seemeilen verlängert, dass die rund 20 Meter langen Boote mit Neigekiel und Seitenschwertern vom Typ VO 65 mehr Zeit im Südpolarmeer verbringen. Das Gebiet gilt als die Region mit den mutmaßlich größten Herausforderungen, was vor allem schweres Wetter bedeutet.
Die ungewöhnlichste Änderung bei dem Rennen, das zuletzt 2014/15 stattfand, ist die neue Frauenquote. An den bisherigen Regatten, bei denen zunächst das Durchhalten im Vordergrund stand, haben seit 1973 insgesamt 2.000 Männer, aber nur 100 Frauen teilgenommen. Zuletzt hatte es zwar ein reines Frauenteam gegeben, aber die anderen Boote wurden ausschließlich von Männern gesegelt.
Jetzt werden Teams, die ohne eine einzige Frau an Bord antreten, bestraft, indem sie nur mit maximal sieben Männern segeln dürfen. Sind eine oder zwei Frauen dabei, erhöht sich die Teamstärke entsprechend. Ist die Crew gleich gemixt, darf sie sogar aus zehn Personen, also je fünf Frauen und fünf Männern, bestehen. Und eine rein weibliche Crew darf elf Frauen haben. Eine größere Teamstärke reduziert den wochenlangen Stress, erleichtert Manöver, minimiert navigatorische und taktische Fehler und hilft in Notsituationen wie bei etwa Reparaturen auf hoher See.
Weniger Hofberichterstattung
Trotzdem sind von den insgesamt 17 Frauen meist nur ein bis zwei Frauen in den Teams. Die einzige Skipperin, die 44-jährige Britin Dee Caffari, hat als Einzige in ihrem Team „Turn the tide on plastic“ eine gleiche Anzahl Männer und Frauen. Die hochprofessionellen Teams setzen sich aus einer Mischung aus erfolgreichen Olympiaseglern zusammen, die Experten in taktikintensiven athletischen Kurzrennen sind, und erfahrenen Hochseeseglern mit navigatorischen Kenntnissen. Dee Caffari ist mit drei Nonstop-Solo-Weltumseglungen, davon zwei gegen die vorherrschende Windrichtung, die wohl erfahrenste Seglerin überhaupt.
Pro Team wird ein Budget von 10 bis 12 Millionen Euro benötigt. Um dafür Sponsoren zu gewinnen, muss die „Unsichtbarkeit“ des eher publikumsunfreundlichen Hochseesegelns überwunden werden. Dafür dienen eigene Berichterstatter, die auf jedem Boot mitsegeln und ständig Blogs, Videos, Social-Media-Einträge von Bord liefern. Waren die Berichterstatter (eine Person pro Boot) früher Teil der Mannschaft, sind sie jetzt unabhängig und rotieren nach jeder Etappe zwischen den Teams. Davon versprechen sich die Veranstalter mehr Objektivität und weniger Hofberichterstattung.
Zu den Favoriten zählen das spanische Mapfre-Team, das bereits die Vorrennen gewann, das holländische Team Brunel, dessen Skipper Bouwe Bekking bereits zum achten Mal dabei ist, und das chinesische Dongfeng-Team. Es wird vom Franzosen Charles Caudrelier geführt und wurde beim letzten Mal Dritter.
Das Rennen wartet mit einem besonderen Zweikampf zwischen den Neuseeländern Peter Burling und Blair Tuke auf. Die beiden segeln sonst zusammen und haben 2016 in Rio Gold im 49er gewonnen und dieses Jahr den America’s Cup. Jetzt aber segelt Burling bei Brunel und Tuke bei Mapfre. Doch als erster Segler in die Geschichte einzugehen, der Olympia, den America’s Cup und das Volvo Ocean Race gewonnen hat, kann nur einer.
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