Segeln beim America’s Cup: Ein bisschen Mitleid

Das US-Team liegt mit 0:3 gegen Neuseeland zurück. Drehen können sie die Finalrunde noch, aber es hakt an Geschwindigkeit und Technik.

Das neuseeländische und das amerikanische Segelteam

Mehr als eine Nasenlänge: Team USA hinter den Neuseeländern Foto: ap

Neuseeland hat in der Finalrunde des 35. America’s Cup mit 3:0 gegen die USA die Führung übernommen. Die Kiwis gewannen bei der renommiertesten Segelregatta um die älteste Sporttrophäe der Welt am Wochenende auf dem großen Sund von Bermuda alle vier Wettfahrten.

Da das US-Team beim Qualifying besser war und dabei auch Neuseeland zweimal besiegte, startete es mit einem Bonuspunkt, der Neuseelands ersten Sieg neutralisierte. Die von dem erst 26-jährigen Olympiasieger Peter Burling geführten Kiwis brauchen noch vier Siege, um den Cup nach dem Jahr 2000 erstmals wieder zu gewinnen.

Das von dem „Pitbull“ genannten Australier Jimmy Spithill gesteuerte US-Team war den Neuseeländern deutlich unterlegen. Stets war deren AC50-Katamaran mindestens einen halben Knoten schneller, sodass die Kiwis die Rennen mit 30, 88, 40 und 72 Sekunden Vorsprung gewannen. Bei den Booten, die mit bis zu dreifacher Windgeschwindigkeit über die mit Bojen markierte Bahn rasen, macht das im Ziel mehrere hundert Meter Abstand. Oft fuhren die Neuseeländer auch weniger Manöver, die stets etliche Meter kosten, und segelten eine kürzere Strecke.

Im ersten Rennen am Samstag startete das US-Team zu früh und musste entsprechend den Regeln die Neuseeländer vorlassen. Angeblich waren Computerprobleme schuld. Im zweiten Rennen besiegelte eine verpatzte Halse der Amerikaner den neuseeländischen Sieg.

Am Sonntag starteten die Teams in beiden Wettfahrten gleich gut, doch schon nach der ersten Boje hatten die Neuseeländer stets die Nase vorn. Im ersten Rennen des Sonntags schien es, als versuchte Spithill einen Zusammenstoß zu provozieren. Burling gelang es jedoch noch auszuweichen, ohne einen Penalty zu kassieren.

Technisch überlegen

Die Neuseeländer profitieren davon, dass sie in der Herausfordererrunde deutlich mehr Rennen gesegelt waren. Dabei hatten sie sich gegen die Briten und das starke schwedische Team durchgesetzt, sodass sie an Routine gewannen. Auch technisch scheinen sie den Amerikanern überlegen, die mutmaßlich ein größeres Budget zur Verfügung hatten.

Beide Teams haben inzwischen „Flugzeiten“ von rund 99 Prozent, das heißt, die Katamarane segeln fast nur noch auf den Foils genannten Tragflächen. Diese gebogenen Schwerter lassen die Rümpfe nicht mehr das Wasser berühren. Nur so sind die hohen Geschwindigkeiten von 50 Knoten möglich.

Die nächsten zwei Wettfahrten finden kommenden Samstag statt. Somit hat das Team USA fünf Tage Zeit, um an der Geschwindigkeit zu arbeiten. Auch können sich die Windverhältnisse ändern. „Wir waren schon einmal in so einer Situation“, sagte US-Skipper Jimmy Spithill mit Blick auf den letzten Cup.

Die 3:0-Führung ist für Burling & Co. ein gutes Polster, aber noch keine Vorentscheidung. Das hat das Finale vor vier Jahren gezeigt. Damals führte Neuseeland mit 8:1 und brauchte noch einen einzigen Sieg. Doch der wollte sich partout nicht einstellen. Die Amerikaner hatten ihren Taktiker gewechselt und zugleich ihre Bootsgeschwindigkeit verbessert. Waren die Neuseeländer zuvor unbesiegbar, drehte sich dies plötzlich um, und den Amerikanern gelang noch ein 9:8-Sieg.

Jochen Schümann, SEGLER

„Der Verteidiger ist Underdog geworden“

Das zu wiederholen, dürfte schwierig werden. Befürchtet wird sogar, dass die Amerikaner zu einem schmutzigen Trick greifen könnten. Sollten etwa die Boote bei einem Zusammenstoß stark beschädigt werden, steht nach den Regeln den Amerikanern ein Ersatzboot zur Verfügung, nicht aber den Neuseeländern.

Beim America’s Cup bestimmt der Verteidiger die meisten Regeln, die Herausforderer sind die Underdogs. Doch Deutschlands bester Segler Jochen Schümann kommentierte jetzt: „Das unterlegene Team USA tut einem jetzt fast schon leid. Der Verteidiger ist zum Underdog geworden.“

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