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Innereuropäische DatenverbindungSabotageverdacht bei Kabelbruch in der Ostsee

Ein Unterseekabel zwischen Finnland und Deutschland ist beschädigt, auch eines zwischen Litauen und Schweden. Minister Pistorius geht von Sabotage aus.

Hier noch intakt: Das C-Lion1 Unterseekabel wird im Jahr 2015 vor der Küste Helsinkis verlegt Foto: Lehtikuva/reuters

Härnösand taz | War es ein ungünstig geworfener Anker, das Schleppnetz eines Trawlers – oder doch Sabotage? Klar ist bislang nur: Das Untersee-Datenkabel C-Lion1 zwischen Finnland und Deutschland ist beschädigt. Die staatliche finnische Betreiberfirma Cinia geht davon aus, dass es durch Fremdeinwirkung gebrochen wurde. Ob es sich um Sabotage handele, dazu könne man noch nichts sagen.

Der Schaden des auf dem Grund der Ostsee von Helsinki nach Rostock verlaufenden Kabels wurde am Montagmorgen festgestellt, lokalisiert östlich von Öland in der schwedischen Wirtschaftszone – laut Cinia außerhalb stark frequentierter Fahrwasser. Immerhin eins scheint gesichert: Es habe keine Anzeichen für eine Explosion gegeben, berichtet das Unternehmen finnischen Medien zufolge.

Recht deutlich meldete sich am Dienstag der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius zu Wort. Man müsse davon ausgehen, dass es sich um Sabotage handle, sagte er am Rande eines Treffens mit Amtskollegen und -Kolleginnen der EU-Länder in Brüssel. Beweise dafür gebe es bislang nicht. Dennoch: „Niemand glaubt, dass diese Kabel aus Versehen durchtrennt worden sind“, so Pistorius.

Die finnische Außenministerin Elina Valtonen und ihre deutsche Kollegin Annalena Baerbock äußerten sich am Abend in einer gemeinsamen Erklärung „äußert besorgt“ angesichts des Vorfalls. Dass sofort der Verdacht absichtlicher Beschädigung aufkomme, spreche Bände über die Fragilität unserer Zeit.

„Wir nehmen hybride Bedrohungen sehr ernst“

Die Ministerinnen betonten, die Europäische Sicherheit sei nicht nur durch Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine bedroht, sondern auch durch „hybride Kriegsführung durch böswillige Akteure“. Eine gründliche Untersuchung des Vorfalls sei eingeleitet. „Wir nehmen hybride Bedrohungen sehr ernst und bereiten uns darauf vor“, zitierte zudem der finnische Sender Yle Ministerin Valtonen am Abend aus Brüssel.

Erst in diesem Zusammenhang wurde bekannt, dass bereits am Sonntagvormittag ein zwischen Litauen und Schweden verlaufendes Datenkabel ebenfalls beschädigt wurde. Auch in diesem Fall ist die Ursache noch unbekannt, wie Yle unter Berufung auf litauische Medien berichtet. Die schwedische Eigentümerfirma des Kabels sei in Kontakt mit schwedischen Behörden und dem Militär.

Nutzer ist demnach das schwedische Kommunikationsunternehmen Telia. Schwedens Zivilverteidigungsminister Carl-Oskar Bohlin sagte dem Fernsehsender SVT, es sei vor dem Hintergrund der ernsten Sicherheitslage von zentraler Bedeutung, Klarheit zu bekommen, „warum wir gerade jetzt zwei Kabel in der Ostsee haben, die nicht funktionieren“.

Mögliche russische Beteiligung?

Erst im September berichtete der Sender CNN von US-amerikanischen Erkenntnissen, wonach Russland eine militärische Einheit aufgebaut habe, die Untersee-Kabel sabotieren könne. Und bereits 2023 hatte eine gemeinsame Recherche der nordischen Rundfunkanstalten DR, Yle, NRK und SVT gezeigt, wie russische Schiffe in Nord- und Ostsee Daten sammelten, um Untersee-Kabel zu kartografieren.

Erst am Sonntag hatte in Finnland das erste Nato-Manöver seit dem Beitritt des Landes zu dem Militärbündnis begonnen. Die groß angelegte Artillerieübung findet bis zum 28. November in der nördlichen Region Lappland statt. Finnland war der Nato im April 2023 beigetreten, Grund war der russische Krieg gegen die Ukraine.

Das finnisch-deutsche Datenkabel soll nun mithilfe eines Spezialschiffes repariert werden, dass sich nun aus dem französischen Calais auf den Weg macht, wie Betreiber Cinia informierte. Die Reparatur könne zwischen fünf und 15 Tage dauern. In beiden Fällen betonten die Betreiber, dass Ver­brau­che­r*in­nen kaum etwas von der Beschädigung merken würden.

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16 Kommentare

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  • Nein, nicht die Russen, aber evtl. ein chinesischer Frachter.



    taz.de/Schweden-er...schaeden/!6048739/

  • Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein solcher Effekt fast gleichzeitig an zwei Unterseekabeln auftritt - während man ansonsten jahrelang nichts von solche Kabelbrüchen erfährt. Oder passiert das dauernt, und wir erfahren nur nichts davon...?



    Die Gleichzeitigkeit der beiden Schäden halte ich für eine Mitteilung - ratet mal von wem. Denn mit der Ausweitung des Einsatzgebietes von US-Waffen für die Ukraine sieht Putin offenbar die Notwendigkeit, sichtbare Antworten Richtung Westen zu senden: zum einen durch die öffentliche Änderung der Nukleardoktrin, zum anderen eben durch den Hinweis:eure gesamte Infrastruktur ist unserem Hybridkrieg ziemlich wehrlos ausgeliefert.



    Die NATO muss für sich irgendwann in nächster Zukunft festlegen, ab wann so ein verdeckter Angriff auf kritische Infrastruktur eigentlich als militärischer Angriff auf ein NATO-Land gewertet wird. Oder sie muss diese Aktionen einer hybriden Kriegführung in gleicher Münze beantworten.

  • In der Tagesschau wurde beides für möglich gehalten: Fischer.



    Aber auch bewusstes Sabotieren, immerhin wurden offenbar gleich zwei Kabel beschädigt. Das kann ja auch auf Fischer gemacht worden sein.



    Geben wir der Aufklärung noch etwas Zeit. Vielleicht ist da ja auch etwas auf anderem Wege bekonnt geworden. Doch in aller Ruhe und transparent wäre mir hier am liebsten.



    Die Ostsee wird für die russischen Schiffe enger werden, so oder so. Doof auch, wenn man unbedingt ein Nachbarland überfallen wollte.

  • Ich finde es ehrlich gesagt mehr als lächerlich und unseriös von vielen Deutschen Medien und Politikern hier gleich von Sabotage zu sprechen, obwohl noch NICHTS untersucht wurde und es noch KEINE Beweise oder sonst irgendwas für diese Vermutung gibt.....aber Hauptsache schonmal Stimmung machen, schöne neue Welt

  • Neee, ist schon klar, der Russe war's.



    Andre können so etwas gar nicht!

    Genauso wie damals bei Nordstream.... da war es doch auch der Russe oder?

    Ach nee, das sollen ja wohl Ukrainer gewesen sein, so genau weiß man das nicht ... oder wie war das nochmal?

    Jetzt weiß ich es wieder. Man kann die verdächtigen Ukrainer nicht fragen, weil die so selten zu Hause sind oder so.....

    Na ja und selbst wenn es Ukrainer waren, die damals die Gasleitung gesprengt haben, durch die Deutschland mit Energie versorgt werden sollte.... die haben das sicher nur gemacht, weil der Russe......

    • @Bürger L.:

      "Neee, ist schon klar, der Russe war's."



      Eine Frage der Wahrscheinlichkeit. Wen würden Sie vermuten?

      • @Encantado:

        Nein, eine Frage der Menschlichtkeit. Russland ist eine Diktatur, nur Diktaturen sind in der Lage, solche Anschläge zu verüben.

        • @Troll Eulenspiegel:

          Leute ihr redet hier von Anschlag, von Sabotage, von Diktaturen als stünde schon irgendwas fest, dabei wissen wir NICHTS, wir wissen nichtmal ob es überhaupt durch menschlichen Einfluss beschädigt wurde....haltet euch doch mal zurück mit vorschnellen Vermutungen, beruhigt euch mal wieder und atmet alle tief durch bis die Ermittlungen abgeschlossen sind

    • @Bürger L.:

      Genau mein Gedankengang...

    • @Bürger L.:

      Nordstream war eine russische Gasleitung.



      Die jetzt betroffenen Unterseekabel sind keine russischen.

      • @Chris McZott:

        "Nordstream war eine russische Gasleitung.



        Die jetzt betroffenen Unterseekabel sind keine russischen."



        Nicht dass das einen effektiven Unterschied machen würde. Wie schonend die russische Führung mit den russischen Ressourcen umgeht, kann man in der Ukraine sehen.

    • @Bürger L.:

      Bei dem Satz „Minister Pistorius geht von Sabotage aus.“ in der Sub-Headline habe ich mich auch gewundert. Vielleicht müssen aber die Wörter des Satzes einfach anders sortiert werden...

  • Schafft es die Nato nicht, die russischen Schiffsvewegungen so eng zu überwachen, dass man etwas detaillierter weiß, was die dort in internationalen Gewässern so treiben?



    Ähnlich müsste ja auch mit den ausgeflaggten gammeligen Tankern gehen mit denen Russland über Mittelsleute schmuggelt.

    • @Axel Schäfer:

      Das wär doch mal ein sinnvoller Einsatz von KI: Etwaige russische (Überwasser)Schiffe, die für so eine Sabotage könnten, werden ja ihre Transponder wohl abgeschaltet lassen - die konventionelle "Sendungsverfolgung" funzt also nicht. Alternativ könnte ein großes Seegebiet 24/7 durch Satellitenfotos überwacht werden - was gigantische Datenmengen erzeugt, die humanoid nicht ausgewertet werden können. Das Problem "Nacht" ist dabei noch außen vor...



      2. Alternative sind die Unterwassermikrofone, die ja nicht nur Russland in der Ostsee betreibt. Und das waren schon in den 70ern eine ganze Menge. Da wären dann auch Unterwasser-Einheiten erfaßbar...



      Hoffentlich wird nicht auch noch darüber auf Pressekonferenzen geplaudert...

  • Unter J. Fischer hätte es das nicht gegeben, denn wir brauchen hier ein Kabel. Jau!

    Wann kommen ansonsten eigentlich mal Gegenmaßnahmen wie Lahmlegen aller russischen Erotikseiten oder so?

    • @Janix:

      Das wird doch dann ein Schuß in ein eigenes westliches Körperteil. Und es ist weder ein Fuß noch ein Knie.