piwik no script img

Innere Sicherheit in FrankreichDemos gegen den Ausnahmezustand

Seit dem 13. November gilt der Ausnahmezustand in Frankreich. Tausende gehen dagegen auf die Straße. In Sprechchören wettern sie gegen den „Polizeistaat“.

Damit der Ausnahmezustand nicht zum Normalzustand wird: Proteste in Frankreichs Hauptstadt. Foto: dpa

Paris afp | In Frankreich haben am Samstag tausende Demonstranten die Aufhebung des Ausnahmezustandes gefordert, der nach den Anschlägen vom 13. November verhängt worden war. An der größten Kundgebung nahmen in Paris nach Angaben der Polizei 5.000 Menschen teil, nach Angaben der Veranstalter 20.000. Demonstrationen gab es auch in anderen Städten wie Toulouse, Marseille und Lille.

Zu der Kundgebung in Paris hatten die Menschenrechtsliga und ein Bündnis von Nichtregierungsorganisationen sowie mehrere Gewerkschaften aufgerufen. In der Menge, die vom Platz der Republik zum Palais Royal am Louvre zog, wurden Sprechchöre wie „Ausnahmezustand – Polizeistaat!“ laut.

Die Demonstranten wandten sich gegen eine Aussage von Premierminister Manuel Valls, nach der der französische Staat „alle Mittel“ gegen den Terrorismus einsetzen könne, bis die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) besiegt sei. „Bis der IS besiegt ist? Zehn Jahre? Nie?“, fragte eine Demonstrantin namens Chris. „Es muss ein Schlusspunkt gesetzt werden.“ Die gesetzlichen Möglichkeiten seien auch ohne die Verhängung des Ausnahmezustandes „bei weitem ausreichend“.

Die Demonstrationen richteten sich auch gegen den Plan der Regierung, bei einer Verurteilung wegen Terrorvergehen den Betroffenen die französische Staatsbürgerschaft abzuerkennen. Das Vorhaben ist Teil eines Vorhabens zur Änderung der französischen Verfassung, mit dem zugleich die Regelungen zum Ausnahmezustand in die Verfassung aufgenommen werden sollen. Am 9. Februar soll der Senat darüber abstimmen, am 16. Februar die Nationalversammlung.

Das oberste Verwaltungsgericht Frankreichs hatte am Mittwoch eine Klage der Menschenrechtsliga gegen den Ausnahmezustand abgewiesen. Zur Begründung hieß es, die „unmittelbare Gefahr“, die diese Maßnahme rechtfertige, sei noch nicht gebannt. Die terroristische Bedrohung Frankreichs und das Risiko von Attentaten bestünden weiterhin.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Über die Notstandsgesetzgebung und seine Auswirkungen auf Protest und Zivilgesellschaft gibt es in der aktuellen Ausagabe der Zeitschrift Anti-Atom-Aktuell ein interessantes Dossier. Siehe http://www.anti-atom-aktuell.de/

  • Die terroristische Bedrohung und das Risiko von Attentaten besteht also weiterhin. Ja klar. Der Ausnahmezustand wird daran aber nichts ändern. Nur daran wie der Staat mit seinen Einwohnern umgeht.

  • "... bis die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) besiegt sei." - Das ist das alte Bush-Szenario des "Krieges gegen den Terrorismus", das gilt auch immer noch in den USA. Bekanntlich ist "der Terrorismus" gar nicht zu besiegen, und die USA scheinen das auch gar nicht vor zu haben, jedenfalls haben ihre Kriege die Zahl der Terroristen weltweit vervielfacht und die CIA setzt - wie jetzt in Syrien - Dschihadisten auch gern für ihre Zwecke ein. Nur daß sie dann nicht mehr "Terroristen" heißen, sondern "gemäßigte Rebellen" oder, noch lustiger, "Oppositionelle". Das ist die grundsätzliche Haltung westlicher "Sicherheitsbehörden", denen ich eben so grundsätzlich mißtraue, wie denen "anerkannter" Diktaturen. Gut, daß Franzosen gegen den permanenten Ausnahmezustand protestieren, hoffentlich werden es mehr!

  • Bzgl. Untertitel „In Sprechchören wettern sie gegen den „Polizeistaat““ – Wieso steht Polizeistaat unter Anführungszeichen?

  • Wer die FREIHEIT opfert, um Sicherheit zugewinnen, verliert am Ende beides...,

     

    gute nacht europa..,

  • Ich hoffe die Franzosen lassen nicht locker. Das ist Terror an der eignen Bevölkerung. "Ausnahmezustand bis der IS besiegt ist" ja genau, als ob man dadurch Sicherheit hat. Wenn sich einer in die Luftsprengen will dann macht er das. Da kann man nix gegen machen, egal was die einem da verkaufen wollen.

    Wer sowas als Begründung an sein Volk ausgibt ist ein Psychopath und sollte sofort von sämtlichen Ämtern entfernt werden.