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Informelles EU-Gipfel in ToledoDie 20-Milliarden-Euro-Frage

Die Verteidigungs- und Außenminister der EU wollen die Ukraine weiter unterstützen. Doch die Höhe der Hilfen ist umstritten.

Auch der ukrainische Außenminister Kuleba war beim Treffen in Toledo mit von der Partie Foto: Isabel Infantes/reuters

Brüssel taz | Die Europäische Union (EU) will ihre militärische Unterstützung für die Ukraine aufstocken und bis 2027 verlängern. Im Gespräch sind ein Sonderfonds für Waffenlieferungen im Umfang von 20 Milliarden Euro sowie die Ausbildung von weiteren 10.000 ukrainischen Soldaten. Dies kündigte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell bei einem informellen Treffen der Außen- und Verteidigungsminister am Mittwoch und Donnerstag in Toledo an. Spanien führt seit Juli zum fünften Mal den Vorsitz im Rat der EU.

Außenministerin Annalena Baerbock signalisierte deutsche Zustimmung. Mit der Waffenhilfe investierten die Europäer in den Frieden. „Deshalb ist diese Unterstützung notwendig“, betonte sie. Allerdings seien noch Details zu klären. Baerbock nannte es „ein komplexes Unterfangen“, die deutschen und europäischen Hilfen unter einen Hut zu bringen.

Mit Entscheidungen wird erst zum Ende des Jahres gerechnet. Beim informellen Treffen in einer ehemaligen Waffenfabrik wurden jedoch wichtige Weichen gestellt. Sie deuten auf einen langen Krieg hin – die Waffenhilfe ist auf vier weitere Jahre angelegt. Zugleich werden aber auch die Grenzen der Solidarität deutlich: In der EU wird das Geld knapp.

Die für Waffenhilfe genutzte europäische Friedensfazilität – ein Sondertopf neben dem regulären Haushalt, der ursprünglich für Friedensmissionen geplant war – ist leer. Deshalb ist nun die Aufstockung geplant. Doch woher das Geld kommen soll und ob es wirklich 20 Milliarden Euro sein müssen, ist umstritten.

Ukrainischer Außenminister mit von der Partie

Deutschland und viele andere EU-Länder stehen unter Spar-Zwang. Gleichzeitig will die Ukraine aber immer mehr. „Wo sonst könnte ich um mehr Waffen bitten als in einer Waffenfabrik?“, sagte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba, der auch nach Spanien gereist ist. Neben mehr Artilleriemunition forderte er weitere Luftverteidigungssysteme, „Kampfflugzeuge der neuesten Generation“ und deutsche Marschflugkörper vom Typ Taurus.

Baerbock legte sich nicht fest. Die Taurus-Frage ließ sie ebenso offen wie den deutschen Anteil am geplanten 20-Milliarden-Fonds. Auf die Bremse trat Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg. „Wir werden weder Waffen liefern noch Waffenlieferungen finanzieren. Daran ändert sich nichts, das ist unser Neutralitätsstatus.“

Zweifel gibt es auch an einer weiteren Forderung aus Brüssel. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will zusätzliche 50 Milliarden Euro, um Wirtschaftshilfen an die Ukraine zu finanzieren. Dafür möchte sie das EU-Budget aufstocken, eventuell durch neue Schulden. Mehrere EU-Länder, darunter Deutschland, lehnen das ab. Von der Leyen solle an anderer Stelle kürzen, heißt es.

Geräuschloser geht die Ausbildung ukrainischer Soldaten vonstatten. Borrell hatte bereits am Mittwoch vorgeschlagen, bis Ende des Jahres 40.000 statt wie geplant 30.000 ukrainische Soldaten in der EU auszubilden. Zudem will er die von den Niederlanden und Dänemark geplante Ausbildung von ukrainischen Kampfpiloten an F-16-Kampfjets in die EU-Mission integrieren.

Auch Afrika Thema bei dem zweitägigen Treffen

Die Verteidigungsminister zeigten sich bei ihrem Treffen am Mittwoch in Toledo zufrieden, allerdings auch reichlich zugeknöpft. Einer öffentlichen Debatte über den Erfolg der Ausbildungsmission, die Wirkung der Waffenhilfe und die Lage in der Ukraine wichen sie aus. Vor allem US-Medien hatten über massive Probleme bei der ukrainischen Gegenoffensive, aber auch bei der Soldaten-Ausbildung berichtet.

Kuleba wies die Kritiker harsch zurecht. Sie sollten den Mund halten und selbst auf dem Schlachtfeld kämpfen. „Kritik am langsamen Tempo der Gegenoffensive zu üben, bedeutet, dem ukrainischen Soldaten ins Gesicht zu spucken, der jeden Tag sein Leben hingibt und Kilometer für Kilometer ukrainischen Boden befreit.“

Ein weiteres Thema des zweitägigen EU-Treffens war die Lage in Afrika. Nach dem jüngsten Putsch in Gabun wollen die Außenminister die europäische Afrika-Politik auf den Prüfstand stellen. „Es ist schiefgelaufen und es läuft weiter schief“, sagte Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn. Auch EU-Chefdiplomat Borrell zeigte sich unzufrieden. „Wir müssen unsere Politik gründlich überprüfen.“

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10 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Verliert die Ukraine zahlt man ein vielfaches für mehr Flüchtlinge und durch die dann notwendige Steigerung der Verteidigungsausgaben.

    • @Machiavelli:

      Verliert die Ukraine, dann stehen die Russen vor Warschau in ein paar Jahren nachdem sie ihre Kräfte konsolidiert und aufgestockt haben. Wir haben es hier mit Faschisten zu tun. Die werden nicht eher ruhen bis sie erreicht haben was sie wollen oder besiegt wurden wie Nazi-Deutschland damals.

      • @Okti:

        Der russische Angriffskrieg ist schlimm, aber Vergleiche mit Nazi-Deutschland wirken sehr relativierend, wenn ich das anmerken darf, gerade weil der historische Vergleich sehr unpassend ist.



        Haben Sie sich schon Mal mit dem Nationalsozialismus oder mit dem zweiten Weltkrieg näher beschäftigt?

    • @Machiavelli:

      Auch wenn eine Niederlage der Ukraine nicht zu wünschen wäre stimmt das nicht.

      1. Gibt es keinen plausibelen Grund warum ukrainische Flüchtlinge im Gegensatz zu anderen Flüchtlinge ein automatisches Recht auf Asyl haben sollten.



      2. Russland ist durch den Krieg schon genügend geschwächt, so dass es keine weiteren "Abenteurer" mehr in der nächsten Zeit wagen wird. Das ist ja eine der Gründe warum sich in den USA zb immer mehr Stimmen melden, dass das Hauptziel, nämlich eine Schwächung Russlands bereits erreicht ist.

      • @Alexander Schulz:

        1. Weil ihnen Verfolgung und Mord drohen, die russische Propaganda spricht ganz offen von Genozid.

        2. Ohne USA steht Europa selbst einem geschwächten Russland nahezu nackt gegenüber, die Bundeswehr hat Munition für 2-3 Tage und genügend Ausrüstung für ein paar Frontkilometer.

        Hand aufs Herz wären sie dafür das Deutschland in den Krieg zieht wenn Russland in einem Blitzkrieg das Baltikum erobert und die USA sich nicht beteiligen werden? Oder würden sie und viele andere Sagen: pourquoi mourir pour Tallinn? Und darauf würde Russland setzen nachdem der Westen die Ukraine hat fallen gelassen.

        Für dauerhaften Frieden reicht es nicht Panzer zu zerstören, Helis abzuschießen damit erkauft man sich Zeit. Es braucht einen Mentalitätswandel in Russland und die Chance darauf gibt es nur mit einer Niederlage.

        • @Machiavelli:

          Ich bin ein wenig irritiert von Ihrem Post. Sonst unterschätzen Sie meistens die russische Stärke, jetzt überschätzen Sie sie. Russland weiß sehr gut, dass es uns leider nur zweitrangig, um moralische Interessen in der Ukraine geht und das das Hauptziel nämlich Russland für Jahre zu schwächen erreicht ist.



          Eine Niederlage (übrigens ist das sehr unwahrscheinlich) für Russland dürfte leider zu einem gegenteiligen Effekt führen (siehe Deutschland nach Versailles).



          Mit dem Begriff Genozid wäre ich übrigens sehr vorsichtig. Es gibt einen Grund warum ihn viele Experten ablehnen. Denn dadurch werden Verbrechen wie in Ruanda, Äthiopien oder im Extremfall sogar Deutschland im zweiten Weltkrieg verharmlost. Es ist sicherlich nicht Ihre Absicht den schlimmen Krieg in der Ukraine mit vorherigen genannten zu vergleichen.



          Die Zahl der politisch verfolgten Flüchtlinge würde nicht automatisch steigen. In Russland geht inzwischen niemand mehr davon aus, dass es Sinn macht die ganze Ukraine zu erobern. Inzwischen konzentriert man sich auf "Neurussland", da man nicht in der Lage wäre die Bevölkerung der Westukraine zu assimilieren. Der Wiederstand ist dort zu groß und anders als im Osten oder Süden der Ukraine gibt es dort NIRGENDWO in der Bevölkerung Sympathie für die Russland. Es würden auch die Kollabateure fehlen, die man braucht. Im Gegensatz zur Krim oder dem Osten der Ukraine hätte hier Russland keine Chance.

          • @Alexander Schulz:

            " Eine Niederlage (übrigens ist das sehr unwahrscheinlich) für Russland dürfte leider zu einem gegenteiligen Effekt führen (siehe Deutschland nach Versailles)." Ein Sieg wird das imperialistische Lager in Russland jedenfalls stärken, was bei einer Niederlage passiert ist offen.

            " Mit dem Begriff Genozid wäre ich übrigens sehr vorsichtig. Es gibt einen Grund warum ihn viele Experten ablehnen. Denn dadurch werden Verbrechen wie in Ruanda, Äthiopien oder im Extremfall sogar Deutschland im zweiten Weltkrieg verharmlost. Es ist sicherlich nicht Ihre Absicht den schlimmen Krieg in der Ukraine mit vorherigen genannten zu vergleichen." Kinder werden entführt das ist laut UN Genozid. Ist aber auch egal ich sprach von genozidaler Rhetorik der Propaganda das ist Fakt www.justsecurity.o...aine-a-collection/

            "Die Zahl der politisch verfolgten Flüchtlinge würde nicht automatisch steigen. In Russland geht inzwischen niemand mehr davon aus, dass es Sinn macht die ganze Ukraine zu erobern" Das halte ich für eine gewagte Aussage, Medwedew würde widersprechen.

            " Inzwischen konzentriert man sich auf "Neurussland"," Weil man militärisch dazu gezwungen wurde.

            Und die Menschen die dann in der Ostukraine umgebracht, verschleppt und gefoltert werden zu opfern für die wage Hoffnung das Russland dann Ruhe gibt halte ich für keine Lösung.

            Russland ist militärisch geschwächt aber es wird seine Armee nach diesem Krieg reformieren, massiv auf Drohnen setzen etc. die NATO ist darauf nicht vorbereitet Deutschland hat bspw. so gut wie keine Flugabwehr. D.h. Russland wir schon nach 5 Jahren selbst bei einer kompletten Niederlage eine Gefahr sein für das Baltikum oder Finnland.

            • @Machiavelli:

              Eine weitere Kommentierung zu dem Begriff Genozid spare ich mir, da ich bereits deutlich auf die Gefahren hinwies.



              Auf ihre These bzgl der großen imperialen Gefahr möchte ich aber nochmal eingehen.



              Putin bestimmt seit fast 25 Jahren in Russland die Politik. Trotzdem fängt Russland erst 23 Jahre später einen grossangelten Angriffskrieg an, obwohl es doch angeblich so starke imperialistische Tendenzen hat?



              Der Angriffskrieg auf die Ukraine ist auf Schärfste zu verurteilen, aber man sollte den russischen Imperialismus nicht überschätzen. Er ist auf die Ukraine bzw Teile der Ukraine beschränkt. Das Baltikum ist aus strategischer und wirtschaftlicher Sicht uninteressant und Interesse an einem militärischen Konflikt mit der Nato besteht sowieso nicht.

          • @Alexander Schulz:

            Super Kommentar, einer der besten, die ich in letzter Zeit gesehen habe. Danke dafür.

            • @Fossibaerin:

              Es freut mich zu lesen, dass es auch noch einige User gibt, die Interessen an differenzierten Position zu diesem schlimmen Krieg haben.