Neuer Militärfonds der EU: 100 Millionen aus Deutschland
Die Europäische Union wird erstmals in ihrer Geschichte Waffen an Partnerländer liefern. Deutschland bezahlt den neuen Topf zu einem großen Teil.
BERLIN taz | Deutschland ist mit 100 Millionen Euro dabei: Die Europäische Friedensfazilität (EFF), ein neuer Militärfonds der EU, wird im laufenden Jahr zu einem großen Teil von der Bundesrepublik finanziert. Das Geld stammt aus den Etats des Verteidigungsministeriums, des Entwicklungsministeriums und der Allgemeinen Finanzverwaltung – einem Bereich des Bundeshaushalts für ressortübergreifende Ausgaben. Das antwortete das Finanzministeriums auf eine Bundestagsfrage der Grünen-Abgeordneten Katja Keul.
Die EU-Außenminister:innen hatten am Montag beschlossen, den Militärfonds einzurichten. Darin werden zum einen Ausgaben gebündelt, die sich bisher über andere europäische Programme verteilen, nämlich bestimmte Kosten gemeinsamer EU-Einsätze und Zuschüsse zu Missionen der Afrikanischen Union (AU). Neu hinzu kommen Zuschüsse zu Militäroperationen von Partnerländern jenseits der AU und Waffenlieferungen an Partnerstaaten auf der ganzen Welt. Das ist ein Novum in der EU-Geschichte.
Der EU-Haushalt darf für solche Zwecke nicht genutzt werden, daher haben die Mitgliedsstaaten den neuen Fonds jenseits des regulären EU-Budgets angelegt. Bis 2027 soll er mit insgesamt 5 Milliarden Euro ausgestattet werden. Welche Staaten konkret mit dem Geld unterstützt werden, steht noch nicht fest.
Bisher hatte Deutschland Partnerländer nur direkt, also ohne Umweg über die EU, mit Waffen beliefert. Profiteure der sogenannten Ertüchtigungsinitiative der Bundesregierung waren unter anderem die Streitkräfte von Jordanien, Mali und Nigeria. Allein 44 Millionen Euro, die im Bundeshaushalt für diese Initiative vorgesehen waren, fließen für 2021 stattdessen in den EU-Fonds.
Die Grünen-Abgeordnete Keul kritisiert den neuen Militärtopf. „Mit der Europäischen Friedensfazilität wird die Europäische Union zum Waffen- und Munitionslieferanten und Deutschland leistet hierzu einen Beitrag von 100 Millionen Euro im Jahr 2021. Dieser Paradigmenwechsel wird erschreckend wenig in der Öffentlichkeit diskutiert“, sagte sie der taz. Besonders zynisch sei es, dabei von einer „Friedensfazilität“ zu sprechen. Die Organisation Greenpeace hatte zuvor schon kritisiert, dass der Fonds die deutschen Grundsätze für Waffenexporte über den Umweg Brüssel aushöhle.
Leser*innenkommentare
tomás zerolo
Moment mal... da wird Tötungsgerät aus dem Etat des... Entwicklungsministeriums finanziert?
Wow-wow-wow! Chuzpe!
Das verdient die George-Orwell-1984-Medaille für besondere Verdienste um Newspeak.
Rolf B.
Das besondere Engagement der Bundesregierung für diese fälschlicherweise als Friedensfazilität bezeichnete Kriegskasse beruht auf der Tatsache, dass Deutschlands Rüstungsindustrie eine neue Quelle bekommt. Mehr als beunruhigend ist die Tatsache, dass die EU nun wirklich den militärisch industriellen Komplex bedient. Von der Leyen und Kramp Karrenbauer sind für die Militarisierung der EU die richtigen Protagonisten. Und die meisten Medien sorgen dafür, dass das alles ohne öffentliche Debatte durchgewunken wird. Die Protagonisten der MIlitarisierung schwafeln dann auch noch zynischerweise von Klimarettung.
NATO und eine militarisierte EU weisen in die Zukunft, die ich nicht mehr lebenswert finde.