Indonesiens religiöse Minderheiten: Die islamische Karte sticht

Jakartas christlicher Gouverneur verliert die Stichwahl nach einer massiven Kampagne von Islamisten deutlich.

Die zur Schau gestellte Siegesgewissheit hat ihm nichts genutzt: Basuki „Ahok“ Tjahaja Purnama Foto: AP

JAKARTA taz | Mit Jubel, Gehupe und Fahnen der Gerindra-Partei feiern Männer auf Mopeds in Jakarta den überwältigenden Sieg von Anies Baswedan bei der Stichwahl für den Gouverneursposten. Der Exbildungsminister war auf dem Ticket der Partei des alten Suharto-Getreuen General Prabowo Subianto zur Stichwahl angetreten. Der Posten des Regierungschefs der Metropole gilt als mögliches Sprungbrett zur Präsidentschaft des Landes.

Anies und sein designierter Vize, der Unternehmer Sandiaga Uno, kamen nach inoffiziellen Zählungen auf 58 Prozent. Der populäre christliche Amtsinhaber Basuki Tjahaja „Ahok“ Purnama und sein muslimischer Vize Djarot Saiful erlitten mit 42 Prozent eine überraschende Niederlage.

„Das Spielen der islamischen Karte war offenbar sehr effektiv“, kommentiert Andreas Harsono von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch in Jakarta das Ergebnis.

Die radikale „Islamische Verteidigungsfront“ (FPI) als Kampftruppe der salafistischen Hizb ut-Tahrir Indonesien hatte massiv Front gemacht gegen den chinesischstämmigen Christen Ahok. Höhepunkt war die Anklage von Ahok wegen angeblicher Blasphemie.

Im ersten Wahlgang unterstützen die Islamisten Agus Harimurti Yudhoyono. Der Sohn von Expräsident Susilo Bambang Yudhoyono verfehlte mit 17 Prozent der Stimmen aber die Stichwahl.

„Jetzt hat ein großer Teil der Wähler von Agus für Anies gestimmt“, sagt Harsono.

Dem Wahlverlierer droht auch Gefängnis

Anies punktete mit dem Versprechen sozialer Gerechtigkeit „für jeden, unabhängig von Religion oder der Zugehörigkeit zu ethnischen oder anderen Gruppen“. Damit sicherte er sich auch die Unterstützung der Armen, die sich durch Vertreibungen aus ihren Vierteln von Ahok verraten fühlten.

Seiner islamistischen Wählerschaft stellte Anies jetzt mit der FPI an seiner Seite die Einführung der Scharia in Jakarta in Aussicht.

Der jetzt zum Vizegouverneur gewählte Sandiaga Uno ist über seine Firmen einer der Profiteure der Privatisierung von Jakartas Wasserwerken. Wasser kostet in Jakarta inzwischen mehr als im reichen Singapur.

Ahok wollte die Privatisierung rückgängig machen. Das dürfte jetzt vom Tisch sein. Ihm droht zudem Gefängnis. Das Urteil in seinem Prozess wird für Mitte Mai erwartet. Noch nie endete in Indonesien ein Blasphemieprozess mit Freispruch.

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