Indigenenvertreter zum Amazonasgipfel: „Wir schützen den Regenwald“

Dinamam Tuxá sieht auch europäische Länder in der Pflicht, die Ausbeutung des Amazonas zu stoppen. Er verlangt, indigene Völker stärker einzubeziehen.

Mehrere Indigene mit Schildern auf einer Demonstration.

Demonstration Indigener im brasilianischen Belém beim Amazonas-Gipfel Foto: Ueslei Marcelino/reuters

taz: Ver­tre­te­r*in­nen der acht Amazonas-Staaten sind in der brasilianischen Stadt Belém zusammengekommen und haben eine Erklärung zum Schutz des Regenwalds unterzeichnet. Glauben Sie, dass dieser Gipfel tatsächlich Fortschritte bringen wird?

Dinamam Tuxá: Wir haben zumindest die Hoffnung. Der Gipfel geschieht zu einem wichtigen Zeitpunkt, wir erleben weltweit die Auswirkungen die Klimakrise. Dass die Amazonas-Staaten nun gemeinsam einen Plan ausgearbeitet haben, ist positiv. Die Umsetzbarkeit ist jedoch die andere Seite und die politischen Bedingungen in den einzelnen Ländern werden es nicht einfach machen.

stammt aus dem Bundesstaat Bahia. Der 36-Jährige ist Anwalt und Koordinator des Nationalen Indigenenverbandes APIB.

Was meinen Sie damit?

Es wird heftigen Widerstand der großen Unternehmen geben, und möglicherweise auch politische Einflussnahme. Hier in Brasilien sind das Agrobusiness und Bergbaufirmen sehr einflussreich. Nochmal: Auch wenn es politischen Willen gibt, die Verpflichtung umzusetzen, wird es starken Widerstand der Wirtschaftssektoren geben.

Und sicherlich auch von Firmen aus dem Ausland.

Ja, genau. Der Kapitalismus hat eine große Wertschöpfungskette über die ganze Welt erschaffen. Auch die Kette der Zerstörung verläuft global. Bergbau und Holzhandel richten großen Schaden in Amazonien an. Und es sind die reichen Länder, die einen Großteil dieser Produkte importieren. Deshalb haben sie eine Mitschuld an der Zerstörung und eine besondere Verantwortung für Amazonien.

Lula hat einen Plan vorgestellt, um die Abholzung bis 2030 zu beenden, außerdem will er weitere indigene Gebiete als Schutzzonen ausweisen lassen. Wie beurteilen Sie die Arbeit der Regierung?

Sie könnte noch ehrgeiziger sein. Die Ausweisung indigener Gebiete ist ein Fortschritt, ohne Frage. Vor allem, weil das für sechs Jahre praktisch still stand. Aber es muss viel mehr passieren, wir erleben seit 500 Jahren viel Leid. Lulas Wahlkampfversprechen müssen umgesetzt werden, auch seine Ankündigung der Null-Abholzungspolitik.

Lula spricht sich – im Gegensatz zu Kolumbiens Präsident Gustavo Petro – nicht gegen Ölförderung in Amazonien aus. Was halten Sie davon?

Wir sind selbstverständlich dagegen, es macht uns große Angst. Dies würde die sozio-ökologischen Probleme in der Region verschärfen. Zudem läuft es allem entgegen, was Lula im Wahlkampf versprochen hatte. Er stellt sich als Verteidiger der Umwelt dar. Wenn er das wirklich ist, dürften wir noch nicht einmal darüber diskutieren. Ölförderung und Umweltschutz passen in keiner Weise zusammen. Wir sind aber zuversichtlich, dass wir das abwenden können.

Gibt es Alternativen? Das Agrobusiness ist mächtig in Brasilien und das Land hängt stark von Rohstoffeinnahmen ab.

Brasilien ist ein riesiges Land. Es gibt beispielsweise die Möglichkeit, auf den bereits abgeholzten Flächen den Bedarf zu decken. Wir müssen unsere bereits bestehende Produktion verbessern, auch durch Ausbau von Forschung und Technologie.

Warum sind die indigenen Völker so wichtig für die Rettung des Klimas?

Unsere Art zu leben bewahrt die Natur und die Ökosysteme. 82 Prozent der Biodiversität befindet sich in indigenen Gebieten, dabei machen wir nur sechs Prozent der Weltbevölkerung aus. Die Welt ist dem Kollaps nur nicht näher, weil wir indigene Völker Widerstand leisten.

Auf den Fotos des Amazonas-Gipfels in Belém sah man aber nur wenige Indigene.

Das stimmt. Wir waren beim Gipfel von den Diskussionen ausgeschlossen und saßen nicht am Verhandlungstisch. Dabei hätten wir gerne teilgenommen. Irgendetwas läuft falsch. Denn wir schützen den Regenwald, Tag für Tag.

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