Importierte Süßigkeiten aus den USA: Süß mit Risiko
Der Import von Süßigkeiten aus den USA boomt. Beworben werden sie häufig über Online-Plattformen. Verbraucherschützer warnen nun vor den Risiken.
Diese Art von Videos sind ein beliebtes Werbemittel, das Süßigkeiten-Shops vor allem zur Kundenbindung dient. Das vorrangig junge Tiktok-Publikum wird aktiv zum Mitmachen und Interagieren aufgefordert, zum Beispiel bei einer Challenge, die auffordert, einen besonders salzigen Chip ganz zu essen. Auch beim Packen der bestellten Süßigkeiten-Kartons wird oft der zur Bestellung gehörende Name vom jeweiligen Verkäufer, oft auch „Candyfluencer“ genannt, höchstpersönlich erwähnt.
Doch Verbraucherschützer warnen nun vor den Folgen der Produkte. „Knallbunt, extrem süß oder sauer, aber vollgestopft mit teils gefährlichen Zusatzstoffen – der Candy-Trend ist schon lange kein lustiges Jugendphänomen mehr, sondern eine ernsthafte Gefahr für Minderjährige“, sagt Luise Molling von der NGO foodwatch. Weder online noch in den vielen Candy-Shops vor Ort seien die Produkte immer gesetzeskonform gekennzeichnet. Beispielsweise fehlten in vielen Fällen Nährwertangaben, Zutatenlisten und gesundheitsrelevante Warnhinweise.
Dafür fand die Verbraucherschutzorganisation in Produkten, die sie untersuchte, zum Beispiel Azofarbstoffe. Die werden verdächtigt, vor allem bei Kindern die Konzentrationsfähigkeit erheblich einzuschränken. Seit einem EU-weiten Warnhinweis im Jahr 2010 waren die Pigmentstoffe laut Foodwatch fast vollständig aus den deutschen Supermarktregalen verschwunden. Doch durch das Geschäft mit nicht-europäischen Süßwaren, zum Beispiel vom us-amerikanischen Markt, halten sie nun wieder Einzug.
Junge Zielgruppen
Denn das Geschäft mit ausgefallenen Importsnacks boomt nicht nur im Internet. Im Jahr 2020 knackte das Unternehmen Sugargang, das mit einer Million Tiktok-Followern und eigenen Comic-Maskottchen offenbar speziell eine Zielgruppe im Kindesalter bewirbt, die Umsatzmarke von 10 Millionen Euro.
Der Handel mit geschmacklichen Extremen hat allmählich sogar seine digitalen Anfangserfolge überschritten. Was vor allem auf Instagram und Tiktok mit kurzen Werbeclips für Online-Verkauf begann, ist mittlerweile auch in stationären Läden in zahlreichen Städten zu finden.
Foodwatch kritisiert dabei auch, dass sich die Händler mit ihrem Marketing speziell an eine junge und sehr junge Zielgruppe richten. So sei das jüngste in einem Video erscheinende Kind vier Jahre alt. Es bekomme darin überzuckerte amerikanische Frühstücksflocken mit Azofarbstoffen geschenkt.
Die taz hat mehrere Händler um Stellungnahme zu den Vorwürfen gebeten – reagiert hat lediglich Sugargang. „Wir nehmen unsere Verantwortung gegenüber unseren Kundinnen und Kunden sehr ernst und halten uns selbstverständlich an alle gesetzlich vorgeschriebenen Regularien“, teilte das Unternehmen mit. Jedes Produkt sei mit detaillierten Angaben zu Inhaltsstoffen und Nährwerten versehen, man nutze deutsche Übersetzungen und die vorgeschriebene Mindestschriftgröße.
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