Impfstoff-Entwickler Biontech: Kein Dank an Tierquäler
Biontech setzte das umstrittene Hamburger Tierversuchslabor LPT auf seine öffentliche Dankesliste – allerdings nur kurz.
LPT steht Jahrzehnten in der Kritik von Tierschützern. Im Oktober 2019 veröffentlichte die Soko Tierschutz heimlich gemachte Videos vom LPT-Standort Mienenbüttel vor den Toren Hamburgs, auf denen zu sehen ist, wie Versuchstiere misshandelt werden. Daraufhin musste LPT den Standort schließen. Auch der Standort in Neugraben war übergangsweise geschlossen, durfte aber nach gerichtlichen Auseinandersetzungen und unter strengen Auflagen wieder öffnen.
Auf der Danksagungsliste von Biontech war LPT gelandet, weil das Labor in einer frühen Phase der Impfstoffentwicklung einen Teil der gesetzlich vorgeschriebenen Untersuchungen an Tieren erledigt hatte – die Voraussetzung dafür, dass Wirkungsstudien bei Menschen zugelassen werden konnten. Tierversuche sollen in dieser Phase sicherstellen, dass die Wirkstoffe keine Organismen schädigen.
LPT-Geschäftsführer Thomas Wiedemann nutzte den mit der Danksagung verbundenen Prestigegewinn, um gegen Kritiker:innen auszuholen: „Während vor den Laboren Demonstranten gegen Tierversuche protestierten, haben unsere Mitarbeiter trotz vieler Anfeindungen an der Sicherheit des Impfstoffes gearbeitet“, schrieb er.
LPT war, wie eine stichprobenartige Recherche ergab, offenbar das einzige der 134 Unternehmen, bei denen sich Biontech bedankt hatte, das seine Nennung medienwirksam nach außen trug. Die Frage, warum LPT zusammen mit vier weiteren Unternehmen von der Liste entfernt worden ist – nur einen Tag nach der Pressemitteilung von LPT –, wollte Biontech nicht beantworten.
Eine Biontech-Sprecherin sagte lediglich, dass die Änderung der Liste vorgenommen worden sei, nachdem „hunderte Unternehmen“, die Biontech ebenfalls im vergangenen Jahr unterstützt hatten, um eine Ergänzung der Liste gebeten hatten. Daraufhin habe man sich entschieden, nunmehr „ausschließlich Unternehmen abzubilden, die über die Dauer der Impfstoffentwicklung und -produktion involviert waren“.
LPT war eines von mehreren Unternehmen, die die sogenannten präklinischen Studien durchgeführt hatten. Man habe einen „bedeutenden“ Teil der toxikologischen Untersuchungen übernommen, teilte das Unternehmen mit.
Die Tierschützerin Britta Rehr steht seit 2013 regelmäßig mit anderen vor den Toren von LPT, um Mahnwachen abzuhalten und eben solche Untersuchungen zu verhindern. Bei LPT werde „Ausbeutung an Tier und Mensch“ betrieben, kritisiert Rehr, die die Hamburger Arbeitsgruppe von Ärzte gegen Tierversuche leitet. Wiedemanns Aussage, LPT habe „an der Sicherheit des Impfstoffes gearbeitet“, bezeichnet sie als „Farce“. Sie fragt sich, welche Sicherheit das sein solle, wo doch die Übertragbarkeit der Ergebnisse von Tier auf Mensch nicht gewährleistet sei.
Gegen die LPT-Aktivitäten am Standort Mienenbüttel ermittelt derzeit die Staatsanwaltschaft Stade. Eine Klage gegen die Schließung des Standorts hatte LPT im November zurückgezogen und angekündigt, den Ort an einen Tierschutzverein zu übergeben, damit dort Hunde behandelt werden können.
Die Tierschutzinitiative Lobby Pro Tier – Mienenbüttel sieht in dieser Ankündigung eine PR-Masche, um von den problematischen Praktiken des Unternehmens abzulenken. LPT selbst verkündete in einer Pressemitteilung, dass die Firma nun mit dem Kapitel Mienenbüttel abgeschlossen habe.
Der LPT-Standort Neugraben ist seit Juli wieder in Betrieb, jedoch unter strengen Auflagen und verschärften Kontrollen, wie Viola Landau von der Behörde für Justiz und Verbraucherschutz in Hamburg betont. Für Rehr ist das nicht genug. Sie fordert eine komplette Schließung des Unternehmens. Aufgrund der Historie könne erst eine Besserung eintreten, wenn LPT nicht mehr arbeiten dürfe.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos