Impfpflicht in Berliner Einrichtungen: Die Spritze der anderen
In dieser Woche ist die einrichtungsbezogene Impfpflicht in Kraft getreten. Dass sie korrekt umgesetzt wird, ist unwahrscheinlich. Ein Wochenkommentar.
W as wurde in den vergangenen Monaten darüber diskutiert, wie die gebeutelte Pflegebranche ab dem 15. März auch noch ohne die ungeimpften Kräfte auskommen soll! In dieser Woche ist nun die einrichtungsbezogene Impfpflicht gegen das Coronavirus in Kraft getreten. Und gleichzeitig wird klar: Konsequent umgesetzt werden kann sie nicht. Auch wenn die Berliner Gesundheitsverwaltung etwas anderes verspricht.
Seit dieser Woche dürfen Menschen in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen nur noch arbeiten, wenn sie vollständig geimpft sind. So will es eine im Dezember von Bund und Ländern beschlossene und am 15. März in Kraft getretene Regelung im Infektionsschutzgesetz. Die Arbeitgeber müssen ab sofort ungeimpfte Beschäftigte melden. In Berlin sollen das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) und die Gesundheitsämter der Bezirke die Regelung „konsequent, aber pragmatisch“ umsetzen, wie die Gesundheitsverwaltung ankündigt.
Es braucht keine tiefen Kenntnisse der behördlichen Strukturen, um zu ahnen, dass das eine leere Ankündigung ist. Die Gesundheitsämter waren und sind durch die anhaltende Pandemie vollkommen ausgelastet, wenn nicht überlastet. Jetzt kommt noch die Herausforderung dazu, die in Berlin ankommenden Menschen aus der Ukraine zu versorgen. Im Lageso dürfte es nicht anders aussehen.
Es werden in allen Bereichen der öffentlichen Verwaltung Menschen zusammengeklaubt, die zum Beispiel bei der Registrierung der Geflüchteten helfen sollen. Schwer vorstellbar, dass da noch irgendein:e Mitarbeiter:in Kapazitäten hat, Meldungen aus den tausenden Berliner Einrichtungen zu prüfen, die nun der Impfpflicht unterliegen.
Gesundheitsämter machen nicht mit
Außer den personellen Engpässen gibt es noch zwei weitere Hindernisse. Zum einen schützen die bislang verfügbaren Impfstoffe nicht so gut wie erhofft vor einer Infektion und Weiterverbreitung der Omikron-Variante. Auch wenn genügend gute Gründe bleiben, sich impfen zu lassen, etwa um die ohnehin von Personalmangel ausgezehrte medizinische und pflegerische Versorgung nicht durch zusätzliche schwere Erkrankungen zu belasten: Die Rechtfertigung für die Impfpflicht ist geschwächt – und damit vielleicht auch die Motivation für eine konsequente Durchsetzung.
Zum anderen hat der Gesetzgeber vorgesehen, dass ein Beschäftigungsverbot für ungeimpfte Mitarbeiter:innen nur dann angemessen ist, wenn dadurch die Versorgung nicht gefährdet ist. Wer aber will das einschätzen außer den Arbeitgebern? Die haben jetzt einen Hebel, um nur noch geimpfte Kräfte zu beschäftigen – wenn sie das denn wollen und können angesichts des leergefegten Arbeitsmarktes. Die Gesundheitsämter jedenfalls, das haben sie selbst angekündigt, werden Beschäftigungsverbote für Umgeimpfte im Regelfall nicht durchsetzen.
Was bleibt also von der einrichtungsbezogenen Impfpflicht? Vielleicht haben die Ankündigung eines möglichen Beschäftigungsverbots und die Monate bis zum Inkrafttreten noch ein paar Unentschlossene in Richtung Impfung geschubst. Mit rund 90 Prozent sieht die Quote in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und bei der Feuerwehr jedenfalls etwas besser aus als in der vergleichbar alten Durchschnittsbevölkerung.
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