Impfpflicht-Entwürfe eingereicht: Impfpflicht – kommt sie oder nicht
Kommende Woche berät der Bundestag. Die größte Unterstützung hat aktuell der Entwurf einer Impfpflicht ab 18. Derweil spitzt sich die Corona-Lage zu.
Dabei sprechen sich nur zwei der Entwürfe dezidiert für die Einführung einer Impfpflicht aus, der eine, am weitestgehende, für eine Impfpflicht ab 18 Jahren. Der andere für eine Impfpflicht für über 50jährige, die statistisch ein größeres medizinisches Risiko haben, schwer zu erkranken.
Die Befürworter*innen der allgemeinen und der altersbezogenen Impfpflicht erhoffen sich davon jeweils, dass das Gesundheitssystem im kommenden Herbst und Winter weniger belastet wird und entsprechend auch weniger Einschränkungen im Alltag nötig sind.
Angesichts der weniger starken Krankheitsverläufe durch die Omikron-Variante bezweifeln Kritiker:innen aber, ob eine Impfpflicht nötig ist. Aktuell spitzt sich die Corona-Lage aber wieder zu.
Allgemeine Impfpflicht ab 18
Die meisten Unterstützer*innen stehen zurzeit unter dem fraktionsübergreifenden Gesetzentwurf für eine Impfpflicht ab 18 Jahren. Aktuell sind es 233. Darunter auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in seiner Funktion als Abgeordneter, die gesundheitspolitischen SprecherInnen von SPD, Grünen und Linken sowie Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die dem FDP-Fraktionsvorstand angehört.
Laut diesem Antrag müssten Volljährige ab dem 1. Oktober über einen Impf- oder Genesennachweis verfügen. Bis dahin soll die Bundesregierung ihre Impfkampagne erweitern, die Krankenkassen sollen alle erwachsenen Mitglieder kontaktieren und informieren. Ausgenommen von dieser Impfpflicht wären Schwangere in den ersten drei Monaten und Menschen, die sich nicht immunisieren lassen können.
Eventuelle Impfpflicht ab 50
Der Entwurf für eine Impfpflicht ab 50 Jahren wird bislang von 41 Abgeordneten namentlich mitgetragen, die ebenfalls aus verschiedenen Fraktionen stammen. Darunter Gyden Jensen von der FDP, Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) und SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert.
Die Impfpflicht für Personen ab 50 Jahren soll aber nur dann umgesetzt werden, wenn die „aktuelle Lage dies gebietet“, heißt es im Entwurf. Wie der Antrag für eine Impfpflicht ab 18, sieht auch dieser eine begrenzte Laufzeit der Pflicht bis 2023 vor.
Impfbereitschaft statt Pflicht
Den dritten fraktionsübergreifende Antrag unterstützen bislang 50 Abgeordnete, darunter Wolfgang Kubicki (FDP), Gregor Gysi (Linke), Jana Schimke (CDU) und Tabea Rößer (Grüne). Der Entwurf spricht sich gegen eine Impfpflicht aus.
Es gäbe noch zu viele offene Fragen, wie die genaue Schutzdauer und wie häufig die Menschen gegen Corona geimpft werden müssten. Stattdessen solle die Regierung weiter an die Impfbereitschaft in der Bevölkerung appellieren.
Impfmechanismus der Union
Die CDU/CSU-Fraktion hat einen eigenen Entwurf vorgelegt, den die 197 Unionsmitglieder „fast einstimmig“ angenommen hätten, wie ein Sprecher es formuliert. Laut dem Unions-Antrag soll die Regierung eine „Impfvorsorge“ schaffen, die erst greift, wenn sich die Corona-Lage verschärft. Doch auch dann sollen nur bestimmte Gruppen geimpft werden. Gestaffelt wären das Menschen, die älter als 60 Jahre, beziehungsweise 50 Jahre sind, oder Beschäftigte der „kritischen Infrastruktur“.
Die AfD-Fraktion hat ebenfalls einen eigenen Entwurf vorgelegt und spricht sich darin gegen eine allgemeine Impfpflicht aus. Die AfD fordert zudem, die einrichtungsbezogenen Impfpflicht für Krankenhäuser und Altenheime wieder abzuschaffen.
Dynamische Corona-Lage
Alle Anträge verweisen auf die unvorhersehbaren Dynamiken der Pandemie. Die zeigt sich auch aktuell wieder bei den Corona-Zahlen. An diesem Freitag meldet das Robert Koch-Institut (RKI) 252.836 neue Corona-Infektionen. Noch höher war bisher nur der Wert vom Tag zuvor: 262.752 registrierte Infektionen in 24 Stunden. Auch für die Hospitalisierungsinzidenz meldet das RKI einen neuen Höchstwert: 7,0.
Für den rasanten Anstieg sei die noch ansteckendere Omikron-Subvariante BA.2 mitverantwortlich, wie der Chef des RKI Lothar Wieler am Freitagmorgen in der Berliner Bundespressekonferenz betonte.
Die Variante ist zwar ansteckender, aber nach bisherigen Erkenntnissen verlaufen Infektionen durchschnittlich milder. Trotzdem dürfe die Lage nicht unterschätzt werden, warnte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ebenfalls in Berlin. Immer noch sterben Menschen an Corona-Infektionen.
Am Freitag meldete das RKI 249 Corona-Totdesfälle. In den vergangenen sieben Tagen waren es etwa 210 pro Tag. Vor allem ungeimpfte ältere Menschen seien gefährdet, mahnte Lauterbach. Für sie sei es auch wahrscheinlicher, dass sie nach der Infektion mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen, sogenanntem Long-Covid, kämpfen müssen.
Long-Covid durch Impfung gemindert
Das bestätigte Jördis Frommhold, Fachärztin für Innere Medizin und Lungenheilkunde, die als Expertin für Long-Covid-Erkrankung an der Pressekonferenz teilnahm. Eine israelische Studie habe gezeigt, dass das Long-Covid-Risiko durch die Impfung um 68 Prozent senke.
Die Ursache für Long-Covid seien bisher unklar, sagte Frommhold. Es gäbe bisher auch keine Heilung. Die verschiedenen Symptome, unter anderem ständige Erschöpfung, Konzentrationsschwächen und Atemprobleme, könnten nur gemildert werden. Wie lange die Symptome andauern, lasse sich bisher ebenso nur schwer abschätzen, aber „zwölf Monate sind keine Seltenheit“, warnte Frommhold.
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