piwik no script img

„Illegale“ in GroßbritannienAbschiebung per SMS

Mit einer aggressiven Ausländerpolitik will David Cameron Wählerstimmen zurückgewinnen. Illegale werden in Großbritannien per SMS zur Ausreise aufgefordert.

Eine unerfreuliche Nachricht des Innenministeriums? Bild: reuters

LONDON dpa | Das britische Innenministerium hat Tausenden Migranten eine Textnachricht aufs Mobiltelefon schicken lassen mit der Aufforderung, das Land zu verlassen. „Nachricht vom Innenministerium: Unsere Unterlagen zeigen, dass Sie möglicherweise nicht das Recht haben, länger im Vereinigten Königreich zu bleiben“, hieß es in den SMS-Nachrichten, wie die vom Innenministerium mit der Durchführung der Aktion betraute Firma Capita am Freitag bestätigte.

Man habe insgesamt 58.000 Menschen angeschrieben. „Nur 14 haben sich darüber beschwert, dass sie fälschlicherweise angeschrieben wurden“, sagte eine Capita-Sprecherin auf dpa-Anfrage. Das Innenministerium erklärte, man unternehme „proaktive Schritte“, um Menschen, die kein Recht auf Aufenthalt hätten, zu kontaktieren. „Wir glauben, wir liegen richtig, wenn wir die Ausländergesetze durchsetzen“, sagte eine Sprecherin.

Kritiker glauben, dass deutlich mehr legal in Großbritannien lebende Ausländer eine SMS vom Innenministerium mit der Aufforderung zum Gehen erhalten hatten. Der Guardian hatte bereits im Januar von mehr als 170.000 SMS und E-Mails berichtet, teils mit der konkreten Aufforderung: „Sie sind gebeten, das Vereinigte Königreich zu verlassen, da sich nicht länger das Recht haben, zu bleiben.“

Unter den Empfängern war auch der Bürgerrechtler Suresh Grover. „Ich lebe seit 1966 in diesem Land, ich hatte immer einen britischen Pass.“ Er sprach in der BBC von einer „aggressiven Ausländerpolitik“ der britischen Regierung. Das Innenministerium hatte erst vor kurzem eine Werbeaktion stoppen müssen, bei der illegale Migranten zum Verlassen des Landes aufgefordert wurden.

Die britische Regierung von Premierminister David Cameron steht unter enormem poltischen Druck von Rechts. Die populistische Partei UKIP punktet in Umfragen mit Themen wie Übervölkerung und EU-Ausstieg. Cameron hatte in der Vergangenheit wiederholt versucht, der UKIP potenzielle Wähler abzujagen. Er will sich 2015 zur Wiederwahl stellen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

22 Kommentare

 / 
  • Da Sie nur Ihre eigene "analytische Brill(i)anz" meinen können: Heulen. Offensichtlich.

    • @Ella:

      Sollte an "Brillianz" unten gehen...

  • Der Text lautete: "You are required to leave the UK as you no longer have the right to remain."

     

    Das heißt keineswegs: "Sie sind GEBETEN, das Land zu verlassen (...)", wie im Artikel steht. (W

  • Da die Überschrift des Artikels ja lautet "Abschiebung per SMS", kann man davon ausgehen, daß die Empfänger alleine durch den Empfang einer Textnachricht zurück in ihre Ursprungsländer katapultiert wurden.

    "Über welche teuflischen Werkzeuge verfügt die britische Regierung da?" mag sich manch einer fragen; und ein anderer, pragmatischerer mag fassungslos ergänzen "... und warum haben die Deutschen solch ein Werkzeug nicht zur Hand?"

     

    Oh Wunder der Technik!

     

    Staunend:

    Beteigeuze

    • @Beteigeuze:

      Ja, Wahnsinn, was es heutzutage alles gibt! Hätten die Briten in Indien und anderswo vor 80 Jahren so eine SMS erhalten, wären die bestimmt alle sofort nachhause gefahren!!!

  • S
    Sören

    Diese SMS sind natürlich - genau wie die "Go Home"-Vans absolut lächerlicher Unsinn. Man muss schon recht einfach gestrickt sein, um an einen "Erfolg" solcher Aktionen zu glauben.

     

    Premier Cameron ist offensichtlich völlig verzweifelt, weil er nicht weiß, wie er gegen die UKip ankommen soll. Es ist falsch zu glauben, dass man sie beim Thema Einwanderung rechts überholen kann. Statt eine positive Agenda zu formulieren, spaltet Cameron die Gesellschaft, obwohl er seine Tory party modernisieren wollte. Nach neuen Umfragen sehen die Leute die Torries aber weiter als "nasty party". Innenministerin May hat Ambitionen auf die Nachfolge Camerons und benutzt Migranten, um sich zu profilieren.

     

    Einige Parteien in Europa gehen bei diesem Thema den komplett falschen Weg. Man darf den Rassisten, ihrem Hass und Frust, nicht nachgeben und sie mit solchen Aktionen noch bestärken. Sich mutig gegen solche Ausgrenzungen zu stellen wäre der richtige Weg. Statt zu spalten müssen Politiker Gräben zuschütten und Gesellschaften zusammenführen.

    • @Sören:

      Der Witz ist ja, dass selbst der Vorsitzende der UKIP, Nigel Farage, sich empört zeigte:

       

      "To send threatening text messages and emails to people on some sort of clearly ill-managed central database is deeply disturbing and the sort of behaviour one would expect from a fascistic police state, not a democratic and inclusive nation. Quite frankly it's abhorrent."

       

      Das mit dem rechts Überholen hat also astrein geklappt...

      • G
        Gast
        @Ella:

        Traurig, dass sogar einige Kommentatoren das mit dem rechts überholen problemlos schaffen.

  • AS
    Alltag schlägt Theorie

    Wer mal in London war versteht die Aktion. Es gibt für viele offenbar gute im Alltag begründete Argumente die UKIP zu wählen und es ist im dortigen Zweiparteiensystem eine Sensation, daß es sie überhaupt gibt. In GB hat man politisch Korektheit in Gesetze gegossen wie nirgens auf der Welt und die alten Medien ähneln in ihrem Neusprech meist eher der DDR als Europa. Pässe interessieren da keinen mehr, da hätte auch Osama Bin Laden einen bekommen. Man wird viele davon einsammeln. Interessanterweise will keine die Inder sondern Schwarzafrikaner und Moslems rauswerfen. Woran das nur liegen kann?

    • @Alltag schlägt Theorie:

      Zitat: "Wer mal in London war versteht die Aktion."

       

      Ich bin dauernd in London - und verstehe die Aktion ganz sicher nicht.

       

      Und für wen wollen Sie denn eigentlich sprechen, wenn Sie behaupten, "interessanterweise" wolle "keiner die Inder sondern Schwarzafrikaner und Moslems rauswerfen" (und suggestiv fragen, woran das wohl liege)? Erstens ist der im Artikel erwähnte Suresh Grover genau Inder. Zweitens halte ich es für eher unwahrscheinlich, dass die britischen Behörden sich bei der Entscheidung darüber, wer ein Aufenthaltsrecht hat und wer nicht, nach den rassistischen Vorurteilen von "politisch Inkorrekten" aus Deutschland richten, die schon mal in London waren.

  • V
    Verstehichnicht (P.S.)

    Um es noch mal klarzustellen: Es ging hier nicht um einen Verwaltungsakt (also die Aufhebung einer Aufenthaltserlaubnis), sondern darum, einen (teils länger) bereits existierenden faktischen rechtlichen Zustand nochmals in Erinnerung zu rufen. Aggressiv wäre z.B. das Abholen in Handschellen. Aber eine SMS???

    • @Verstehichnicht (P.S.):

      Eine SMS kann also grundsätzlich nicht aggressiv sein, oder was ist die Logik hier?

  • B
    Brillianz

    Habe mich gerade auf dem Zeit-Forum umgeschaut. Da schreiben Leute, es sei rassitisch, sich nicht darüber zu empören.

    Merke somit: Früher war es rassistisch, von der rsssisch/ethnischen Reinheit eines Landes zu fabulieren und von der eigenen Überlegenheit überzeugt zu sein. Heutzutage ist es rassistisch, Einwanderung in irgendeiner Weise regeln zu wollen. Soll ich ob solcher analytischer Brillianz nun lachen oder heulen?

  • K
    Klarsteller

    Eine SMS ist unheimlich aggressiv. Härter kann es ja kaum noch kommen.

  • WN
    warum nicht

    Sollte in Deutschland auch eingeführt werden. Bei der Masse an Illegalen in Deutschland würde jedoch das Netz auf Dauer zusammenbrechen. Dann doch lieber durchalimentieren.

    • @warum nicht:

      Verstehichnicht - Warum Nicht - Klarsteller: Astroturfing?

  • V
    Verstehichnicht

    Ich halte No-Border-Aktivisten zwar für, naja, sagen wir es freundlich, nette Träumer, aber sie sind wenigstens irgendwie konsequent. Wenn man aber akzeptiert, dass es wie auch immer geartete Regulierung von Einwanderung geben muss, erschließt sich mir nicht, wieso der Hinweis per SMS "aggressive Ausländerpolitk" sein soll. Eine solche Bezeichnung wäre eher für Länder angemessen, in denen man für illegale Einreise jahrelang in den Knast kommen kann (und nein, das ist nicht das böse Europa).

    • @Verstehichnicht:

      "(...) freundliche, nette Träumer (...)"

       

      Bitte stelle Dich bei der nächsten Gelegenheit mal kurz ans Ende der Flugbahn eines aus der Gruppe der "freundlichen, netten Träumer" kommenden Wurfobjektes.

      Hier besteht nämlich die Möglichkeit einer effizienten Spontanheilung ohne langwierige und kostenintensive Psychotherapie mit ungewissem Ausgang, die bei derartig ausgeprägter Weltfremdheit angebracht

      erscheint. Möglichkeiten findest Du übrigens in ausreichender Zahl; einfach bei der örtlichen Antifa nach der nächsten "no border- Demo" nachfragen.

       

      Gruß

      Beteigeuze

    • J
      Johnny
      @Verstehichnicht:

      No-Border-Aktivisten geben sich ja nicht mit "No Border" zufrieden, sondern forden auch "No Nations". Konsequent finde ich daran nichts, denn gleichzeitig nutzen sie mit Vergnügen das Deutsche Transfersystem, das nur bestehen kann, weil es eine Nation und ihre Grenzen gibt. Deutlich gesagt: ohne Nationen, ohne Grenzen gäbe es kein deutsches Sozialsystem, das jedem Sozialpädagogen das "Lebensminimum" zahlt, weil er sich für überqualifiziert hält, Müll aufzusammeln.

       

      Fiele das weg, würde der Großteil der Aktivisten erstmal dumm gucken und dann schnellstmöglich eine Partei gründen, damit sie bloß nicht selbst körperlich arbeiten müssten. Dann müssten das alle anderen, denn unsere Lenker opfern sich ja auf um Fünf-Jahres-Pläne zu erschaffen. Wer aufmuckt muss leider in's Gulag. Kennt man doch, die Geschichten.

    • @Verstehichnicht:

      Wer vor 50 Jahren europäische 'No-Border-Aktivisten' für Träumer hielt, ist mittlerweile von der Realität längst überholt worden. Ich hoffe und ich bin mir sicher, dass wir nicht nochmal 50 Jahre warten müssen, bis die weltweiten No-Border-Aktivisten ihre Träume verwirklicht sehen.

      Wenn es Ihnen lieber ist, schmollend in der Ecke zu stehen und real engagierte Menschen 'Träumer' zu nennen, ist das natürlich Ihr Recht. Zum Glück gibt es noch Leute mit Träumen von einer anderen, besseren Welt.

      • J
        Johnny
        @bouleazero:

        Ihre Träume sind die Albträume vernünftiger Menschen.

        Sie verlangen ja seit längerem eine direkte, kostenlose Flugverbindung von jeder afrikanischen Stadt nach Europa inklusive garantiertem Aufenthaltsrecht und maximale Alimentierung. Wie das finanziert werden soll bleibt bisher leider Ihr Geheimnis. Vermutlich, weil Zahlen, Mathematik, Logik und der ganze Kram entweder unter Ihrer Würde oder rassistisch ist, nicht wahr?

        • @Johnny:

          Johnny, du hast meine Kommentare entweder nur überflogen oder nicht verstanden: ich sage immer, dass uns die Migranten überhaupt nichts kosten würden, wenn wir sie arbeiten liessen, dann könnten sie sich ganz gut selbst versorgen. Damit biete ich eine ganz klare und 'finanzierbare' Perspektive an. Was schlägst DU vor? Patrouillenboote auf dem Mittelmeer? kostenlose Flugzeugverbindung, die die Migranten zurückfliegt? Denkfehler, denn die Menschen lassen sich das Recht auf Gleichbehandlung von niemand nehmen. Das würdest DU übrigens auch nicht, wenn du dort geboren wärst.