Illegal gesprühter Pop-up-Radweg: Future-Großmütter bleiben straffrei
Marlies Jensen und Dorothee Tams wurden wegen dem Sprayen von Radweg-Symbolen von der Stadt Schleswig verklagt. Das Verfahren wurde nun eingestellt.

Mussten für 768,90 Euro entfernt werden: die inkriminierten Fahrradsymbole in Schleswig Foto: Dorothee Tams
NEUMÜNSTER taz | Das Verbrechen: Sie haben eine öffentliche Straße besprüht, um einen Radweg zu markieren. Wegen dieses nächtlichen Eingriffs in den – zum Tatzeitpunkt eher spärlichen – Straßenverkehr zeigte der Bürgermeister der Stadt Schleswig Marlies Jensen und Dorothee Tams an. Die Polizei ermittelte gegen die Aktivistinnen, die beide der Generation Ü70 angehören. Jetzt stellte das Gericht das Verfahren ein.
Mit ihrer Aktion, die Ende 2020 stattfand, wollten die beiden „Großmütter for Future“ auf die Gefahren des Klimawandels hinweisen und gleichzeitig für mehr Radwege in der Kleinstadt an der Schlei werben. Dazu sprühten sie nachts farbige Markierungen an mehreren Kreuzungen. „Die Farbe war leicht mit Wasser und einem Kinderbesen abwaschbar“, sagt Jensen. Die Stadt sah es anders, schickte die Straßenreinigung und einen Putztrupp, der die Piktogramme wegwischte.
Um die Erstattung dieser Kosten und eben den Eingriff in den Straßenverkehr ging es der Stadt bei ihrer Anzeige. Viel zu ermitteln gab es nicht: Jensen und Tams hatten sich am Morgen nach der Aktion bei der Lokalzeitung gemeldet und berichtet, was sie mit dem selbst gebastelten Pop-up-Radweg bezwecken wollten: Schleswig lande beim ADFC-Fahrrad-Klima-Test regelmäßig auf den hintersten Plätzen.
„Wir wollen den Ausbau sicherer Fahrradwege als Anreiz zur notwendigen Verkehrswende“, sagt Jensen. Sie und ihre Mitstreiterin, eine Stadträtin der Grünen, hätten sich jahrelang dafür eingesetzt. Im vergangenen Sommer haben sie eine „Graswurzel-Bewegung“ unter dem Titel „von uns aus“ gegründet.
Zwar wurde die Aktion über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt, doch dann wurde den beiden doch mulmig: Es gab einen Strafbefehl über 50 Tagessätze plus gerichtliche Nebenkosten, durchaus eine harte Strafe für die Rentnerinnen.
Das Gericht stellte das Verfahren ein. Übrig bleibt die Rechnung der Stadtreinigung über 768,90 Euro: „Die werden wir zahlen, wir wissen, dass es um die Finanzen der Stadt nicht gut bestellt ist“, sagt Jensen. Und sie wollen weitermachen mit Aktionen: „Einmischung ist die einzige Möglichkeit.“
Leser*innenkommentare
Dortmunder
Freigesprochen wurden sie aber nicht. Das Verfahren wurde wegen geringer Schuld eingestellt. Und das geht nur wenn Angeklagte, Staatsanwaltschaft und Gerichtzustimmen.
Peter Hansen
Kann man da irgendwo spenden, um einen eigenen Beitrag zu leisten? Die "jungen Damen" sollten für die Aktion belohnt, nicht bestraft werden.
Lalon Sander
Chef vom Dienst, taz.de
@Peter Hansen Hallo! Danke für die Anfrage. Infos für ein Spendenkonto sind im Artikel eingefügt!
Peter Hansen
Kann man da irgendwo spenden, um einen eigenen Beitrag zu leisten? Die "jungen Damen" sollten für die Aktion belohnt, nicht bestraft werden.
Willi Müller alias Jupp Schmitz
Omas, I love You.
Gerne wäre ich ein Oma/Opa ehrenhalber.