Ikea-Katalog für Orthodoxe in Israel: Da fehlt doch jemand
Die israelische Ikea-Filiale hat einen eigenen Katalog für ihre orthodoxe Kundschaft herausgebracht. Darin ist jedoch keine einzige Frau abgebildet.
Auf den ersten Blick erscheint die im Ikea-Katalog abgebildete Familienidylle geradezu fortschrittlich. Papa bereitet seinen beiden Söhnen, die schon am Esstisch sitzen, wie selbstverständlich das Frühstück. Weil seine Frau arbeiten ist oder mit Freundinnen einen Ausflug macht?
Falsch. Mama taucht in dem Katalog nämlich weder am Arbeitsplatz auf noch beim Picknick am Strand. Und auch nicht Schwestern, Tanten, Omas, Nachbarinnen, Töchter. Kurz: Alle, die in der frommen Welt der Charedim – der jüdischen „Gottesfürchtigen“ – ohne Kippa herumlaufen, also ohne die Kopfbedeckung der frommen Männer, existieren schlichtweg nicht in dieser Sonderausgabe des israelischen Ikea-Katalogs.
Die israelische Frau ist Kummer mit dem religiösen Sektor schon lange gewohnt. Singen ist nicht erlaubt, wenn fromme Männer in der Nähe sind, und im Bus der Ultraorthodoxen geht es für die Frau auf die hinteren Bänke. Wen überrascht es da noch, wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel in den orthodoxen Medien vom Gruppenfoto internationaler Gipfeltreffen verschwindet und Zeitungen für ihren frommen Leser sogar die Namen von Politikerinnen verändern. Dass nun aber ausgerechnet das schwedische Unternehmen Ikea diesen Wahnsinn unterstützt, löste selbst unter gottesfürchtigen Jüdinnen in Israel Proteste aus. Mit einer Entschuldigung allein sei es nicht getan, hieß es.
Im Hauptquartier des Möbelkonzerns herrscht Betretenheit. Derartige Botschaften unterstütze man nicht, hieß es aus Stockholm. Der frauenfreie Katalog ginge allein auf das Konto der israelischen Filiale.
Gut 10 Prozent machen die Frommen im Judenstaat aus. Die meisten sind kinderreich. Baby-Outfit, Kinderwagen und Doppelbett kriegen deshalb in dem Sonderkatalog besonders viel Raum. Ebenso Bücherregale, in denen die heiligen Schriften verstaut werden können. Frauen haben in dieser Welt keinen Platz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben