piwik no script img

IS bekennt sich zu Anschlag in KabulAngriffe in Afghanistan nehmen zu

Bei einem Selbstmordanschlag starben 34 Menschen. Am Donnerstag kam es zu einem weiteren Angriff gegen den afghanischen Geheimdienst.

Soldaten am Ort eines der Gefechte in Kabul Foto: ap

Kabul taz | Die Extremistenmiliz Islamischer Staat (IS) hat den Anschlag auf eine Schule in Afghanistan für sich reklamiert. Die Islamisten erklärten am Donnerstag über ihr Internet-Sprachrohr Amak, ein Selbst­mord­attentäter habe den Anschlag am Mittwoch in Kabul ausgeführt.

Bei dem Anschlag auf das Mawud-Lernzentrum im vorwiegend von Schiiten bewohnten Westen der Stadt wurden 34 Menschen getötet, 56 weitere verletzt. In der Schule bereiteten sich junge Leute, darunter viele Mädchen, gerade auf die zentrale Aufnahmeprüfung für die staatlichen Universitäten vor.

Am Donnerstag kam es noch zu einem weiteren Angriff in Kabul: Bewaffnete Kämpfer beschossen eine Ausbildungseinrichtung des afghanischen Geheimdienstes. Zwei der Angreifer sind dabei getötet worden. Wer hinter dem Angriff steckt, ist noch unklar.

In den vergangenen Wochen haben sich die Angriffe radikaler Gruppen in Afghanistan gemehrt. Vor einer Woche hatten die Taliban einen großangelegten Angriff auf die Stadt Ghasni im Südosten des Landes gestartet. Auch der Angriff auf den Geheimdienst passt in die Vorgehensweise der Taliban. Afghanistans Streitkräfte sind für sie ein legitimes Ziel.

Den Angriff auf Ghasni begründete ein Talibansprecher mit den Gesprächen mit den USA. Washington hätte angekündigt, die Taliban unter militärischen Druck setzen zu wollen. In der Tat trafen sich Anfang August nach sechsjähriger Pause US- und Talibanvertreter schon zum zweiten Mal in diesem Sommer zu Sondierungen für Friedensverhandlungen. Eine weitere Runde in Usbekistan ist vorgesehen.

Wut und Trauer

Im Gegensatz zum IS, der zuletzt vor allem Schiiten und Bildungseinrichtungen angriff, betrachten die Taliban Bildung inzwischen als Staatsziel. Laut UN verzehnfachte sich die Zahl der zivilen Opfer in Kabul – dem Ziel regelmäßiger Abschiebungen aus Deutschland – von 2012 bis 2017 und stieg 2017 noch einmal um 13 Prozent. Tendenz 2018: weiter steigend. Das Uppsala Conflict Data Program gab die Zahl der Kriegstoten in Afghanistan seit 1989 jetzt auf über 200.000 an.

In Afghanistan herrschen Wut und Trauer, gerade wegen des Angriffs auf friedlich Lernende. Junge Frauen trugen Särge von Ermordeten durch die Straßen, eine neue Form des öffentlichen Protests. Aktivisten wie Hadi Marifat von Afghanistan Human Rights and Democracy Organization (AHRDO) werfen der Regierung vor, die eigene Bevölkerung nicht genügend zu schützen, und fordern den Rücktritt von Verteidigungsminister Tarik Schah Bahrami sowie von Innenminister Wais Barmak.

Manche beschuldigen die Regierung sogar, die schiitischen Hasara als Menschen zweiter Klasse zu betrachten. In der Vergangenheit hatte sie an die Hasara Waffen verteilt, damit diese ihre Moscheen selbst bewachen.

Auch wenn es für die Betroffenen zynisch klingt: Friedensgespräche sind der einzige Ausweg aus diesem Dauerblutvergießen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Offensichtlich ein super sicheres Herkunftsland...

  • Kabul ist nicht Afghanistan. Dieses Land ist 4 mal so groß wie Deutschland. Daher suggeriert nicht das Bild überall in Afghanistan wäre Krieg. Wenn in berlin der Mob tobt verlasse ich auch nicht Stuttgart.

    • @Peter Zet:

      Das stimmt. Nur in Kabul kannst du durch Bomben und Anschläge getötet werden. Im Rest des Landes sind Bomben und und Attentate nicht notwendig. Für die Enthauptung reicht ein Messer.

    • @Peter Zet:

      Waren Sie schonmal dort oder vermuten Sie das nur?

      • @stm-ka:

        Ich habe die ersten 14 Jahre meines Lebens da verbracht und bin Seit 2004 alle 2-3 Jahre für mehrere Wochen da. Nur 2004 war man in der Lage Kabul ohne Angst zu verlassen.

  • 6G
    61321 (Profil gelöscht)

    Ist der IS dabei, ein neues Hauptoperationsgebiet zu etablieren?