piwik no script img

Horst Seehofers Rolle im Fall Sami A.Chefsache wird zum Chefproblem

Seehofer war über die Abschiebung von Sami A. vorab informiert. SPD und Grüne werfen ihm vor, die „Gewaltenteilung missachtet“ zu haben.

Wird zunehmend zum Problem: Bundesinnenminister Horst Seehofer Foto: dpa

Berlin taz | Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) wusste vorab, dass der mutmaßliche Islamist Sami A. nach Tunesien abgeschoben wird. Das sagte eine Ministeriumssprecherin am Montag. Bis dahin hatte es lediglich geheißen, die „Hausleitung“ sei darüber im Bilde gewesen.

A., der vor Jahren in Afghanistan Osama Bin Laden als Leibwächter gedient haben soll, war am Freitagmorgen von Düsseldorf in sein Herkunftsland Tunesien abgeschoben worden. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entschied aber am Freitagabend, A. müsse zurück geholt werden: Die Abschiebung sei „grob rechtswidrig“ verlaufen.

Am Montag bat das Bundesinnenministerium die deutsche Botschaft in Tunis, Kontakt mit den dortigen Behörden aufzunehmen, „um amtliche Informationen zum derzeitigen und weiteren Vorgehen in dem Fall zu erlangen“, sagte eine Sprecherin. Die Tunesier wollen A. vor Gericht stellen: „Das ist Sache unserer Justiz“, sagte eine ­Sprecherin der Anti-Terror-Staatsanwaltschaft. A. war seit Januar wegen Terrorverdachts in Tunesien zur Fahndung ausgeschrieben.

Auch die schwarz-gelbe Landesregierung in Nordrhein-Westfalen will nicht, dass A. zurückkommt. Sie wolle „schnellstmöglich beim Oberverwaltungsgericht Münster Beschwerde“ gegen die Entscheidung des Gelsenkirchener Gerichts einlegen, so das Landesflüchtlingsministerium. Eine Entscheidung darüber könnte erst in Monaten getroffen werden.

Angst vor Folter

A.s Anwältin fürchtet derweil, dass ihrem Mandanten Gewalt angetan wird. „Ich habe von anderen Abgeschobenen gehört, dass sie in den 48 Stunden ohne Anwalt geschlagen wurden“, sagte Seda Basay-Yildiz. Derzeit habe sie keinen Kontakt zu ihm.

Am Samstag hatte der Remscheider SPD-Landtagsabgeordnete Sven Wolf Seehofer (CSU) wegen der Abschiebung von A. angezeigt. „Wo kommen wir denn hin, wenn ein Bundesinnenminister einfach Gerichte ignoriert?“, sagte Wolf zur taz. Er glaubt, dass Seehofer sich persönlich eingemischt habe. Der hatte mehrfach angekündigt, den Fall zur „Chefsache“ machen zu wollen, obwohl das Bundesinnenministerium gar nicht zuständig ist. „Seehofer hat uns einen Bärendienst erwiesen. Wenn er sich in Geduld geübt hatte, wäre A. ganz normal an Tunesien überstellt worden.“ Die Grüne Bundestagsabgeordnete Filiz Polat kritisierte ebenfalls Seehofer. Der habe die „Gewaltenteilung missachtet“, sagte sie der taz. Seehofer werde „zunehmend zum Problemminister und ist eigentlich nicht mehr tragbar“.

5.000 Abschiebungen gibt es jedes Jahr vom Flughafen Düsseldorf. Dalia Höhne beobachtet diese für die Diakonie Westfalen-Lippe. In ihrer Laufbahn seien ihr nur wenige Fälle untergekommen, in denen die Behörden tatsächlich zu Unrecht Abgeschobene wieder zurückgeholt haben. Möglich sei dies aber sehr wohl. „Die Fälle, an die ich mich erinnern kann, waren solche, die anwaltlich gut vertreten waren oder im Vorfeld durch die Presse gekommen sind. Insofern würde ich sagen, dass Sami A. so ein Fall ist.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

14 Kommentare

 / 
  • Sami A. ist in Tunesien wieder frei. Er kann gehen, wohin er will. Also gibt es kein Abschiebungshindernis mehr. Tunesien foltert nicht, also ist die Abschiebung jetzt gültig! Oder sollte ich da was verkehrt sehen.

  • 9G
    97088 (Profil gelöscht)

    Dem Seehofer ist doch sch...egal, was andere - übrigens auch die CSU - von ihm halten. Der grantelt sich jetzt als fast siebzig Jahre alter Mann mit allen Facettten seines Altersstarrsinns durchs Leben. Und alle machen mit. Das - und offenbar keine politische Personaloption zu haben - ist das Problem. Das gilt auch für die SPD, deren Innenminister ist er schließlich auch - gell, Frau Nahles.

  • Wann verschwindet der Problembär endlich!?



    Vor Monaten von einem System des Unrechts zu faseln um jetzt als BMI i.S. Sami A. dem Unrecht Tür und Tor zu öffnen.

    Da ist es fast schon zweitrangig, wenn seine unseligen Brüder im Geiste, Herr Laschet und sein Ausweisungsminister davon fantasieren, einer (?) Rechtsordnung verpflichtet zu sein bei der man offensichtlich die ordentlichen Gerichte raushält!?

    Herr Laschet: Froh ist man nie über eine Entscheidung bei der die Politik selbst, die für sie in besonderer Weise verpflichtende Rechtsordnung auf den Kopf stellt!

    Es geht dabei auch nicht ums Frohsein; denn dass Leute wie sie derzeit den Zeitgeist bestimmen macht mich schon gar nicht froh; ich muss aber auch damit leben!!

    • 9G
      97088 (Profil gelöscht)
      @berbaron:

      Eigentlich antworte ich nicht auf „anonym“, aber: Problembären „verschwinden“ nicht einfach so. Wunschdenken,

      • @97088 (Profil gelöscht):

        Stoiber hat den letzten Problembären in Deutschland 2006 zum Abschuss freigegeben,die CSU kann das im übertragenen Sinne auch immer noch intern regeln.

      • @97088 (Profil gelöscht):

        Ja wie? Auswildern*!*

  • Merkel muss jetzt die Chance ergreifen und Seehofer rausschmeißen. Spätestens in 4 Wochen haben wir ansonsten wieder so eine, wir müssen die deutsche Grenze sichern Debatte. Denn natürlich wird weder Österreich noch Italien auf Seehofer Vorschläge eingehen.

    Und wenn man nicht wegen aushebeln des Rechtsstaat als Innenminister rausfliegt, wann dann?

  • Heimatverbandslösung! Ministeranklage!

    Geht so. Seehofer kottletieren!

    ”Einige Länderverfassungen haben nach 1945 die Ministeranklage eingeführt. Nach dem GG der Bundesrepublik Deutschland gibt es im Bund nur die Präsidentenanklage (Art. 61), aber keine Ministeranklage. – In Österreich gibt es die Ministeranklage sowohl gegen den Bundespräsidenten als auch gegen die Angehörigen der Bundes- und Landesregierungen.“

    Ergo - Beschluß im Namen Volkers

    Als staatlicher Gefährder des Grundgesetzes wird im Gerichts bekannten Anschlußverfahren gemäß §§ 1938 ff - HeimatIM Horst Seehofer - Zur Wahrung der verfassungsverbürgten Grundsätze des Rechtstaates & der öffentlichen Sicherheit&Ordnung! In die andere bayrisch sprechende Heimat überausgewiesen.



    Abfertigung - Flughafen München „Franz Josef Strauß“ - FJS - via Edmund-Stoiber-map.



    Die Herren Söder/Dobrindt - sind als Flugbegleiter & Schlagobers beizufügen.



    Obenauf - in Tüte*!* - beide in eine.



    Eine Rückkehr auf Staatskosten ist ausgeschlossen! Wiedereinreiseverbot verfügt!



    Aufenthaltsberechtigungen sind aus den Bundespässen sind gemäß §§ 1 ff -



    Lex Steinmeier/Maaßen iVm §§ 1a - 5j NonJura-Kurnaz/Guantánamo - zu entfernen!



    Der Gnadenweg ist ausgeschlossen.

    Dieser Beschluß ist unanfechtbar.

    gez Volker Mund



    nach Diktat verreist

  • Worin sollte das Problem liegen? Herr Seehofer war weder für die Abschiebung zuständig noch musste er dem Gericht einen ihm möglicherweise bekannten Termin benennen.

    Der Fehler liegt ausschließlich bei der Anwältin von Sami A. Sie hätte viel früher einen entsprechenden Eilantrag stellen können und im Sinne ihres Mandanten stellen müssen. Dafür ist das Rechtsmittel des Eilantrages ja da. Bei einem Mandanten in Abschiebehaft mit ungewissem Abschiebetermin ist dieser Antrag nicht mehr als ein Dreizeiler.

    • @DiMa:

      kl. Tipp am Randhalten*!*

      Mit Jura sollten Sie‘s besser nicht versuchen!



      Mal davon ab - daß Sie schlicht noch vorm fernie sitzen & nicht auf Höhe des Balles sind & ob‘s was hülfe! Gell!

      • @Lowandorder:

        Uh besten Dank für den Tipp. Dann schließe ich mal die Kanzlei ab und geh direkt zum Arbeitsamt.

        Nur wo sollte der Fehler in meinem Kommentar liegen?



        Zuständig, war er nicht.



        Auskunft, war er nicht verpflichtet.



        Eilantrag der Anwältin, wäre ganz offensichtlich das richtige Rechtsmittel gewesen.

        Nen Fernseher hab ich nicht. Offensichtlich haben Sie Ihren Kommentar unter den falschen Kommentar geschrieben; Oder wollen Sie einfach das Ergebnis nicht wahrhaben wollen?

        • @DiMa:

          Ja wie? Sie sind Rechtverdreher*¿*

          Na da schau her! Lag nicht ganz fern!



          Anyway. www.taz.de/!5522121/



          Könnte weiterhelfen!



          &



          meins 16:04 dort -



          www.taz.de/!5518074/



          (Aber nicht - daß ich das glaube!)

          unterm—-



          Ihre Sorte Repetitor-Juristen ist mir naturalmente hinlänglich vertraut!;)((

          Eh Sie aber einen auf überqualiHartz4



          Machen - No. Es gibt ja durchaus Rechtsgebiete mit hoher Fehlertoleranz



          Im Publikum! Aber das weiß auch dess!



          “Du kannst den Leuten auch nur - vorn



          Kopf gucken!“ Newahr & Aber Hallo!



          Na - Si’cher dat. Da mähtste nix!

          kurz - Paschd schonn. Normal.

  • Ich möchte hier einmal Horst Seehofer zitieren: es darf keine rechtsfreien Räume geben.

    • @danny schneider:

      ....für niemanden außer ihm^^