Horror-Serie „Lovecraft Country“ auf Sky: American Way
Die neue Serie von Jordan Peele und J. J. Abrams erzählt den US-amerikanischen Alltagsrassismus mit den Mitteln des Horror-Genres.
Das Wesentliche dieser ersten Episode einer neuen amerikanischen Serie aus dem Hause HBO steckt schon in der Typografie – in den immer wieder prominent ins Bild gerückten Textzeilen auf Hinweisschildern, Billboards – Buchtiteln, wie: „The Outsider and Others“ von H. P. Lovecraft, seines Zeichens bedeutender Autor fantastischer Horrorliteratur. Wenn also die Serie von den Produzenten Jordan Peele („Get Out“) und J. J. Abrams („Lost“) zählt, auch noch „Lovecraft Country“ heißt, dann ist das Horrorgenre gesetzt.
„‚Dee-licious!‘ Aunt Jemima Pancakes“, steht da auf einer großen Werbetafel an der Tankstelle. Diese Tante Jemima, die herzensgute schwarze Bedienstete, gibt es als Pfannkuchen-Werbefigur bis heute, nur das Kopftuch hat sie irgendwann abgelegt. Es bedurfte erst der aktuellen Debatten nach dem gewaltsamen Tod George Floyds, damit der US-Konzern PepsiCo das rassistische Stereotyp als solches erkannte und eine baldige Änderung des Markenauftritts gelobte.
Weiß ist hingegen die Hautfarbe der auf einem anderen Billboard abgebildeten Vater, Mutter, Sohn und Tochter (und Hund). Sie sitzen in so einem ausladenden Straßenkreuzer Detroiter Provenienz. Der Text: „World’s highest standard of living / There’s no way like the American way.“
Direkt vor dem Billboard befindet sich eine Bushaltestelle, an der ausnahmslos Afroamerikaner stehen. Für sie hat der amerikanische Weg offenbar keinen Individualverkehr vorgesehen. In so einem Bus am hinteren Ende das Schild: „This part of the bus for the colored race.“
In dem Bus sitzt, dort am hinteren Ende, der junge Afroamerikaner Atticus „Tic“ Freeman (Jonathan Majors), der gerade aus dem Koreakrieg zurückkehrt, in dem er für den American Way sein Leben riskiert hat. Die Serie spielt also in den frühen 1950ern.
Kaum angekommen im heimischen Chicago, bleibt Tic nicht lange, diese erste Serienfolge ist ein veritables Roadmovie. Mit seinem Onkel George (Courtney B. Vance) und seiner Jugendfreundin Letita (Jurnee Smollett-Bell) sitzt er bald, auf der Suche nach seinem verschwundenen Vater, wieder … nicht im Bus, sondern tatsächlich im Auto.
Monster, die man nicht erfinden braucht
Das Horrorgenre ist also wie gesagt gesetzt. Aber dieser Horror braucht keine Monster, Vampire, Zombies und dergleichen genretypische Geschöpfe. Es braucht bloß die Fahrzeugkontrolle durch einen Provinzsheriff mit Pumpgun. Die Texttafel am Wegesrand hatte sie noch (unter Verwendung des rassistischen N-Worts) gewarnt, dass der Sheriff, sollten sie es bis Sonnenuntergang nicht aus seinem „Sundown county“ herausgeschafft haben, das Feuer eröffnen würde.
Die weißen Rassisten sind nichts anderes als Monster, wie man sie schlimmer kaum erfinden könnte. Nur dass es diese Sorte Horror in den USA tatsächlich gegeben hat und, in Teilen, immer noch gibt.
Jordan Peele hat sich bereits bei seinem Erfolgsfilm „Get Out“ als Virtuose der Erzählung des Alltagsrassismus in den USA mit den Mitteln des (satirischen) Horrorthrillers erwiesen und mit „Wir“ bestätigend nachgelegt. Die Drehbuchautorin Misha Green hat schon in ihrer Serie „Underground“ Afroamerikaner gezeigt, die für ihre Rechte einstehen. Okay, klitzekleiner Spoiler, eine Stunde dauert es, aber dann kommen sie doch noch: die genretypischen Monster.
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