Hommage an Faschisten Pétain: Der Präsident greift daneben

Mal eben einen Nazi-Kollaborateur geehrt: Emmanuel Macron hat den vielleicht peinlichsten Skandal seiner bisherigen Amtszeit ausgelöst.

Emmanuel Macron nachdenklich

Hätte er besser mal früher nachgedacht: Emmanuel Macron Foto: ap

Es gab ein Fettnäpfchen, in das Frankreichs Präsident bei den Gedenkfeiern zum Ende des Ersten Weltkriegs nicht hätte treten dürfen. Emmanuel Macron hat es dennoch getan, indem er Marschall Philippe Pétain an die Seite der anderen damaligen Militärführer stellte und als „großen Soldaten“ bezeichnete und bemerkte, bei der militärischen Ehrung der Kriegshelden am Samstag im Invalidendom habe auch Pétain seinen Platz. Er hat damit den vielleicht peinlichsten Skandal seiner bisherigen Amtszeit ausgelöst.

Pétain ist nicht einfach einer von acht in den Grad eines Marschalls erhobenen militärischen Chefs während des Ersten Weltkrieges. Er wurde nach der französischen Kapitulation von 1940 der Chef eines faschistischen, antisemitischen Regimes, das mit dem Dritten Reich kollaborierte. Er wurde deswegen nach dem Zweiten Weltkrieg zwar nicht wie andere Kollaborateure hingerichtet, aber eingesperrt und mit nationaler Unwürde bestraft.

Sein Name steht für die Beteiligung des französischen Staatsapparats an der Judenverfolgung und anderen Nazi-Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Das kann sein Rang als einstiger Kriegsheld von 1914–1918 nicht aufwiegen. Das schien in Frankreich bisher – außer in ultrakonservativen Kreisen unbestritten.

Macron möchte Pétains Verbrechen und Verrat von der „historischen Wahrheit“ seiner Bedeutung im Ersten Weltkrieg trennen. Er sieht eine psychologische Zwiespältigkeit als Entschuldigung für den Marschall, die es rechtfertigen könne, heute dessen Beitrag zum französischen Sieg von 1918 wie den der anderen Oberkommandanten und Soldaten zu würdigen. „Die Politik und die menschliche Natur sind komplexer, als man glauben möchte“, sagte Macron im nordfranzösischen Charleville-Mézières.

Ex-Präsidentschaftskandidat Benoît Hamon

„Simone Veil im Panthéon ehren und den antisemitischen Verräter Pétain im Invalidendom. Nichts kann eine solche Schande rechtfertigen.“

Das hat eine Welle der Empörung ausgelöst. Der Vorsitzende des Rats der Jüdischen Institutionen Frankreichs (CRIF), Francis Kalifat, protestierte: „Das Einzige, was ich zu Pétain sagen möchte, ist, dass er 1945 mit nationaler Unwürdigkeit belegt wurde, was ihn von jeglicher Würdigung ausschließt.“ Aus politischen Oppositionskreisen wird Macron viel schärfer attackiert: „Pétains Verbrechen und sein Verrat verjähren nie. Jetzt reicht’s, Macron. Die Geschichte ist kein Spielzeug“, protestierte Jean-Luc Mélenchon auf Twitter.

„Simone Veil im Panthéon ehren und den antisemitischen Verräter Pétain im Invalidendom. Nichts kann eine solche Schande rechtfertigen. Wenn man Frankreichs Präsident ist, muss man historisch auf der Höhe sein“, erklärte Ex-Präsidentschaftskandidat Benoît Hamon. Regierungssprecher Benjamin Griveaux dementierte, dass eine Würdigung von Pétain in Les Invalides geplant gewesen sei. Die Medien hätten die Äußerungen aus dem Kontext gerissen.

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