Hohe Strafzahlung wegen Zweckentfremdung: Airbnb in London? Das wird teuer
110.000 Pfund Strafe muss ein Londoner zahlen, der seine Sozialwohnung weitervermietete und damit viel Geld verdiente. Die Wohnung ist er los.
Doch die Antibetrugsstelle der Bezirksverwaltung von Westminster kam ihm dennoch auf die Spur, weil manche in den Bewertungen von „Toby“ sprachen, der ihnen nette Ratschläge gegeben habe. Bankauszüge belegten, dass Harman, der sich gegenüber den Ermittlern verschlossen gab, jahrelang Geld von Airbnb erhalten hatte.
Der Zweckentfremdung seiner für sozial Schwache gedachten Wohnung überführt, verlor Toby Harman letztes Jahr sein Wohnrecht – und nun, nachdem er trotzig auch noch Widerspruch einlegte, wurde er vom Gericht zu einer Geldstrafe von 110.000 Pfund (122.000 Euro) verdonnert, eine der höchsten Summen, die der Gemeinde nach eigenen Angaben je zugeschrieben wurde. Der Betrag entspricht den ungefähren Einnahmen Harmans.
Westminsters Erfolg geht auf ein neues Einsatzteam zurück, welches aus der Verabschiedung eines neuen britischen Gesetzes im Jahr 2016 hervorging. Demnach sind kurzzeitige Vermietungen unter Airbnb und ähnlichen Programmen auf insgesamt 90 Nächte pro Jahr begrenzt. Das Gesetz war eine Reaktion auf die zunehmende Popularität des Phänomens Airbnb und sollte dafür sorgen, dass Londons beliebte Stadtteile nicht von Touristen überschwemmt werden.
Die Bezirksbehörde von Westminster, der westlichen Hälfte der Londoner Innenstadt mit dem Regierungsviertel und dem Theaterbezirk West End, geht auch gegen andere Zweckentfremdungen vor, beispielsweise die Verwandlung von Wohnraum in kurzlebige Bordelle oder Partywohnungen.
Nach eigenen Angaben ermittelt der Bezirk Westminster derzeit bei über 1.500 Wohneinheiten. Im letzten Jahr wurden neben der Wohnung von Harman 24 weitere Sozialwohnungen von der Behörde wegen derartiger Praxen beschlagnahmt. Erst im Dezember wurde bekannt, dass in einem 530-Wohneinheiten-Klotz in der Nähe von Hyde Park 106 Wohnungen untervermietet waren.
Um das Problem langfristig zu lösen, fordert der Bezirk Westminster die Regierung auf, das Recht zu verschärfen, indem sich Vermieter zum Zweck einer kurzfristigen Vermietung amtlich registrieren sollten. Auch der Londoner Oberbürgermeister Sadiq Khan fordert dies.
„Gut für die Wirtschaft“, schlecht für die Anwohner
Airbnb erklärte auf Anfrage, dass sie „regelmäßig Vermieter daran erinnert, sich über die örtliche Rechtslage zu informieren und den Gesetzen zu folgen“. Airbnb unterstütze den Vorschlag des Londoner Bürgermeisters für ein Registrierungssystem.
Im Dezember wollte die damalige britische Wohnungsministerin Heather Wheeler aber nicht in den Sektor eingreifen, weil er gut für die Wirtschaft sei. Das zuständige Ministerium erklärte er taz auf Anfrage, in den meisten Fällen sei es unproblematisch für Sozialmieter, andere Leute in ihrer Wohnung wohnen zu lassen.
Laut Airbnb ist London eines der Hauptziele seiner Nutzer. InsideAirbnb, welche Daten über Airbnb sammelt, zählt derzeit 77.096 Angebote in der britischen Hauptstadt. Die Anzahl anderer Anbieter wird um die 40.000 geschätzt. Airbnb zufolge bringt ihre Vermittlung der britischen Wirtschaft jährliche Einnahmen in Höhe von fast vier Millionen Euro.
Eine durchschnittliche Nacht in London kostet derzeit 125 Euro, laut Airbnb verdienen Londoner Airbnb-Vermieter an ihrer Tätigkeit durchschnittlich 2.900 € pro Jahr.
Das Londoner Urteil ist kein Einzelfall, aber der bislang spektakulärste. In Paris musste kürzlich eine Untermieterin, die illegal über Airbnb ihre Wohnung weitervermietete, 50.000 € an die eigentlichen Besitzer zahlen. In den USA befindet sich New York City in einen Rechtsstreit mit Airbnb, nachdem die Stadt Airbnb gesetzlich verpflichten wollte, die Namensliste ihrer Vermieter auszuhändigen.
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