Höhere Abgaben für Internetkonzerne: Digitalsteuer in Zeitlupe
Internetfirmen sollen gesondert besteuert werden. Doch eine Einigung innerhalb der EU scheint weit entfernt. Auch Deutschland blockiert.
Frankreich drängt, Deutschland bremst: Die 2017 angekündigte Digitalsteuer für Internetkonzerne kommt nur langsam voran. Bei einem informellen Treffen der EU-Finanzminister in Wien wurden Entscheidungen auf das Jahresende verschoben.
Vorher müssten noch schwierige Fragen gelöst werden, sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD). So müsse man klären, ob eine EU-Digital-Steuer mit internationalen Steuerabkommen vereinbar wäre. Immerhin war das ein Fortschritt im Vergleich zu dem, was zuletzt aus dem Bundesfinanzministerium zu hören war. Die „Dämonisierung der großen Digitalunternehmen“ sei „nicht zielführend“, hieß es in einem internen Papier. Von dieser Blockadehaltung ist Scholz in Wien abgerückt. Gleichzeitig gelang es Frankreich und dem österreichischen EU-Vorsitz offenbar, skeptische Regierungen umzustimmen.
„Die Position der Niederlande und Luxemburgs hat sich weiterentwickelt“, erklärte Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire. Fünf Länder – Irland, Malta, Dänemark, Schweden und Finnland – blieben aber bei ihrem entschiedenen Nein zu der digitalen Umsatzsteuer. Schon ein Land genügt, um die Reform zu verhindern.
Die Digitalsteuer verfolgt das Ziel, vor allem die großen amerikanischen Internetkonzerne Google, Apple, Facebook und Amazon (genannt Gafa) fairer zu besteuern. Bisher profitieren sie von Sonderkonditionen. Die Steuerlast auf digitale Geschäfte betrage nur neun Prozent, statt wie sonst üblich 23 Prozent, beklagte der österreichische Finanzminister Hartwig Löger. Mit einem „Europe first“-Button warb der EVP-Politiker für eine härtere Gangart.
Die Gafa sollen künftig eine Abgabe von drei Prozent auf bestimmte Umsätze abführen. Die EU zielt dabei auf Verkaufs- und Werbeeinnahmen im Internet, aber auch auf Erlöse aus dem Verkauf von Kundendaten.
Die deutsche Wirtschaft steht dem skeptisch gegenüber – denn Autobauer wie VW wollen ebenfalls Kundendaten verkaufen. Zudem fürchtet Scholz offenbar, US-Präsident Donald Trump zu verärgern. Man dürfe nichts tun, um den Waffenstillstand im Handelskrieg mit den USA zu stören.
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