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Höchster Stand seit JahrzehntenGeneration Z arbeitet mehr

Ist die Arbeitsmoral junger Menschen zu niedrig? Eine neue Studie zeigt das Gegenteil: Drei Viertel der 20- bis 24-Jährigen arbeiten – ein Höchststand.

Nicht mehr ganz jung, aber trotzdem am Arbeiten: Hier hämmert Jugendministerin Lisa Paus noch selbst Foto: Sebastian Christoph Gollnow/dpa

Nürnberg dpa/afp | Die 20- bis 24-Jährigen in Deutschland arbeiten so viel wie lange nicht mehr. Seit 2015 sei die Erwerbsbeteiligung dieser Altersgruppe um mehr als 6 Prozentpunkte auf rund 76 Prozent überdurchschnittlich gestiegen, teilte das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung mit. Das sei „der höchste Stand seit Jahrzehnten“. Das sei vor allem darauf zurückzuführen, dass mehr Studierende als früher arbeiten gehen. „Die jungen Leute sind fleißig wie lange nicht mehr“, erklärte IAB-Forschungsbereichsleiter Enzo Weber.

Im Vergleich: Die Erwerbsbeteiligung der 25- bis 64-Jährigen nahm im gleichen Zeitraum demnach um fast 3 Prozentpunkte auf fast 87 Prozent zu. In den Jahren 1995 bis 2015 war die Erwerbsbeteiligung der 20- bis 24-Jährigen dagegen konstant gesunken.

Gängige Klischees treffen nicht zu

„Dieser Befund widerspricht gängigen Klischees zur mangelnden Arbeitsbereitschaft der Generation Z“, schreiben die Autoren in der Studie. Außerdem wechselten junge Leute heute nicht häufiger den Job als früher. Auch die Entwicklung der gewünschten Arbeitsstunden bei den Jungen unterscheide sich nicht von der Älterer.

Für die Studie hatten die Fachleute die Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Daten des Mikrozensus und die Bevölkerungsstatistik des Statistischen Bundesamtes ausgewertet. Zur sogenannten Generation Z zählen die ab 1995 und später Geborenen. 2015 rückte der erste Jahrgang dieser Generation in die Altersgruppe der 20- bis 24-Jährigen vor.

Studierende arbeiten mehr – in Teilzeit

Die Zahlen zeigen demnach, dass von 2015 bis 2023 sowohl die Vollzeit- als auch die Teilzeitbeschäftigung in dieser Altersgruppe zunahm. Die Teilzeitbeschäftigung stieg aber wesentlich stärker. So erhöhte sich unter Studierenden im Alter von 20 bis 24 Jahren die Erwerbsquote zwischen 2015 und 2023 um gut 19 Prozentpunkte auf 56 Prozent, bei Nicht-Studierenden um knapp 2 Prozentpunkte auf fast 86 Prozent.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) teilte mit Blick auf die Studie mit: „Angesichts der demografischen Veränderungen in unserer Gesellschaft sind wir mehr denn je auf die junge Generation angewiesen.“ Die Studie zeige, dass junge Menschen bereit seien, „anzupacken und die Welt zu gestalten“. Und weiter: „Eine Steigerung der Erwerbsquote bei Studierenden um fast 20 Prozent macht die Leistungsbereitschaft der jungen Menschen mehr als deutlich“. Das verdiene „Anerkennung und Respekt statt polemischer Debatten“ über die Generation Z, so Paus.

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14 Kommentare

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  • "... Das sei vor allem darauf zurückzuführen, dass mehr Studierende als früher arbeiten gehen. „Die jungen Leute sind fleißig wie lange nicht mehr“, erklärte IAB-Forschungsbereichsleiter Enzo Weber. ..." Der Herr Weber soll ja Sozi sein, ich finde es schon schlimm, wenn er die Einschläge nicht merkt. Studierende sollen studieren und nicht arbeiten müssen, dass viele das aus Geldnot während des Semesters tun müssen ist Politikversagen.

    • @Axel Schäfer:

      Diese Studie belegt unteranderem auch, viele Studenten aus Elternhäusern, die nicht Bafög berechtigt sind, können durch massive finanzielle Mehrbelastungen der Eltern, durch die wirtschaftliche Entwicklung, Inflationsrate, Zinsentwicklung, von den Eltern nicht mehr ausreichend finanziert werden. So verdienen die Studierenden sich bestimmt nicht bezüglich eines Fleiß- Gen oder lauter Vergnügungssucht, Geld zu dem Unterhalt vom Elternhaus, etwas dazu.



      Der Fleiß der Studierenden für ihr Studium, wird also massiv gestört - so die Studie von Herrn Prof. Weber - also stetig unterbrochen durch eine Tätigkeit für die Lebenshaltungskosten. Eine Schande die Lebensrealität der Bevölkerung so , durch eine völlig infantil interpretierte Studie - zu veröffentlichen. Zudem suggeriert die Studie in gewisser Weise , Studenten ohne Nebenjob wären nicht fleißig.



      So ein Müll von einem Wissenschaftler. Lässt tief blicken.

  • Gab es geänderte BaföG-Regelungen, die die Teilzeitbeschäftigung neben dem Studium vermehrt haben?

    Wie sonst ist diese sehr starke Erhöhung der Erwerbsquote der jungen Studierenden zu erklären? Eine Zunahme in nur acht Jahren zwischen 2015 und 2023 von 37 Prozent auf 56 Prozent ist beträchtlich. Spielt das Abi nach 12 Jahren eine Rolle?

  • Diese ganze Debatte um die Arbeits-(Un-)Willigkeit irgendwelcher Generationen halte ich für eine Ablenkungsdebatte. Speziell was das Studieren angeht, muss es doch in der "pre-Bologna-Ära" (vor der Umstellung auf Bachelor- und Master-Abschlüsse) schlimmer gewesen sein. Denn es war auch eine explizite Begründung für diese Umstellung, dass dadurch die Studienzeiten verkürzt werden und die jungen Leute schneller ins Arbeitsleben kommen.

    Der m.E. relevante Unterschied zwischen heute und den1990er oder 2000er Jahren: die Demografie. Heute soll scheinbar die gleiche (oder mehr?) Arbeit aus weniger Leuten "herausgeholt" werden.

    Auch war 2000er Jahren die häufig vertretende Lehrmeinung gegenüber jungen Menschen, dass ohne Studium praktisch Arbeitslosigkeit oder prekäre Beschäftigung lohnt. Und dann wundert man 10-20 Jahre später, dass wenig junge Leute ins Handwerk wollen?

    • @vøid:

      👍👍

    • @vøid:

      Bologna war für die Diplomstudiengänge der Ingenieurwissenschaften ein Blödsinn, da wurde ein unpassendes Schema aus angelsächsischen Ländern ohne Not übernommen, was sicher auch daran lag, dass die meisten Entscheider nur Laberfächer studiert hatten.



      Was nützen verkürzte Studienzeiten, wenn man mit Wissenslücken und Schmalspur-Bachelor ins Berufsleben startet.

      • @Axel Schäfer:

        Ich wollte keineswegs die Bologna-Reform schönreden. Ganz nebenbei gesagt: ich habe eine Ingenieurwissenschaft studiert und da war der Wechsel auf Bachelor/Master frisch durchgeführt. Mein Eindruck dabei war: viele Kurse wurde leicht umbenannt, aber im Wesentlichen erhalten geblieben. Die Studienarbeit hieß dann Bachelorarbeit, die Diplomarbeit hieß dann Masterarbeit. Und ich kenne auch welche, die "nur" mit Bachelor-Titel als Ingenieur arbeiten, klappt scheinbar auch irgendwie.

    • @vøid:

      "...dass ohne Studium praktisch Arbeitslosigkeit oder prekäre Beschäftigung lohnt." Soll vermutlich "droht" heißen (keine Besserwisserei von mir, sondern ein wichtiger Unterschied in diesem Fall)?



      Ansonsten stimme ich teilweise zu. Das ist immer eine Frage der Perspektive.



      Und nicht selten sind Berufe, die gerade "en vogue" sind, ein paar Jahre später Arbeitsamtshüter (und umgekehrt). Wo man derzeit nichts falsch machen kann, sind alle Berufe rund um das Älterwerden.



      Und auf den Hochschulen sollten viel mehr junge Menschen es mal mit Ingenieurwissenschaften oder den MINT-Fächern probieren als die Zeit in perspektivlosen "Luxusstudien" (z.B. Kulturwissenschaften, Kunstgeschichte, Germanistik etc.) abzureißen.

      • @Vigoleis:

        Ja es soll "droht" heißen, danke für den Hinweis.

        Diese "Luxusstudien" ermöglichen mir als MINT-Absolvent, dass ich nicht so fachidiotisch/monokausal auf die Welt blicke, denn gesellschaftliche Zusammenhänge sind eben multikausal. Sowas lerne ich aber nicht, wenn ich im Studium vorrangig sowas wie Kräfte, Drehmomente, elektrische Ströme,



        Schubspannungen oder Wärmeströme berechne, oder nur am Coden bin. Da ist die Welt vergleichsweise überschaubar und vieles bis alles auf überschaubare Anzahl von Ursachen rückführbar. Eher würde ich 20...30% des Studiums mit Gesellschaftswissenschaften ausstatten.

        Die Grundfrage, die ich bei diesem "MINT vs Gesellschaftswissenschaften" sehe ist, dass (ganz wertungsfrei gemeint) dann politisch die Anzahl der Studienplätze oder Studienzulassung gesteuert werden soll? Bisher ist dies soweit ich weiß den Hochschulen und/oder Bundesländern selbst überlassen.

        • @vøid:

          Ich bin (oder wäre, wenn es das noch gäbe) auch ein großer Freund von Studium universale, Curriculum oder Physikum/Philosophikum. Aber all dies und viel mehr ist eben diversen Studienreformen zum Opfer gefallen.



          Die von Ihnen erwähnten 30 Prozent (o.s.ä.) "Gesellschaftswissenschaften" passen leider nicht in die heutige verschulte Auffassung von Studium (als Berufsausbildung). Hingegen wird die Schule überfordert als universelle Fähigkeitsvermittlung (wo es eher um Grundlagenwissen gehen sollte).



          Nichts gegen Geisteswissenschaften, aber hier wiederum wäre eine gewisse (eben nicht politisch motivierte) Steuerung schon nicht schlecht, wenn es in (ja, von der Industrie und der Verwaltung) nachgefragten Absolventen einen riesigen Mangel gibt, sich aber um z.B. eine Kuratorenstelle bei einem staatlichen Kunstmuseum zig Bewerberinnen "schlagen", und wer leer ausgeht dann in prekären Arbeitsverhältnissen weitermacht.



          Und das nur nebenbei: Das unter dem Strich unterschiedliche Lohnniveau zwischen M und F hat eben auch etwas mit den bevorzugten Studienrichtungen zutun (siehe oben). In den relativ hochbezahlten Ingenieurwissenschaften/MINT tummeln sich eben sehr vorwiegend Männer.

  • Wurden halt als brave Bürger erzogen! Kann ich aus meiner nicht repräsentativen Beobachtung alles bestätigen.



    Leider sind mir die Jungen zu wenig laut. Geben jetzt ihre Sozialversicherungsbeiträge, also insbesondere Rentenbeiträge und Pflege tapfer ins System und werden das selbst nicht haben. Bzw. müssen halt neben dem ganzen Gedöns noch ca. 2,5 Kinder gebären und zu guten Arbeits-und Steuerbürgern erziehen.



    Würde man mit jemandem im Berufsleben so umgehen wie wir Alten mit den Jungen, oder mit einer Berufsgruppe, Ethnie... , man würde wohl von massiv ungerechten Behandlung und Diskriminierung sprechen. Altersdiskriminierung, aber anders als das derzeit verstanden wird, eindeutig!

  • „Eine Steigerung der Erwerbsquote bei Studierenden um fast 20 Prozent macht die Leistungsbereitschaft der jungen Menschen mehr als deutlich“ (Zitat)

    Zunächst ist es gut, dass dieser Sachverhalt mal versachlicht wird. Ich bin aber sowieso kein Freund von Begriffen wie Fleiß und Engagement bei Arbeitnehmern.

    Zuallerst gehen die Menschen arbeiten, weil sie es müssen (Geld) und weil sie es wollen. Der Arbeitsmarkt steht für viele Menschen jetzt offener da, als sonst.

    Auch das drücken m.M. die Zahlen aus. Und richtig: Diese Generation muss immer stärker andere Generationen ersetzen, die in die Rente gehen. Das schafft diese Generation, wie das vorher auch lange funktioniert hat.

    Die ganze Diskussion um faule und freizeitorientierte junge Menschen ist m.M. reine Ideologie, um Ängste zu erzeugen, die Tatsachen zu verdrehen und Lohnforderungen in Schach zu halten. Es sind Argumente der Arbeitgeber und Firmenbesitzer. Die versuchen evtl. schon jetzt sich Argumente für Überstunden und Mehrarbeit zu konstruieren.

  • taz: „Die jungen Leute sind fleißig wie lange nicht mehr“, erklärte IAB-Forschungsbereichsleiter Enzo Weber.

    Dann können die Reichen sich ja wieder neue Privatjets und Yachten kaufen, und der Klimawandel bekommt auch pünktlich seine Portion CO2. Schon lustig, dass in einer Zeitung, die sehr viel Aufklärungsarbeit über den Klimawandel macht, gleichzeitig der deutsche Fleiß beklatscht wird, anstatt mal darüber zu reden, dass wir (weltweit) eine neue Wirtschaftsform brauchen und die Menschheit endlich mit dem Wirtschaftswachstumswahnsinn aufhören muss.

    Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne): Die Studie zeige, dass junge Menschen bereit seien, „anzupacken und die Welt zu gestalten“.

    Vielleicht wäre es für junge Menschen besser, die Welt endlich einmal 'umzugestalten', anstatt sie für ein paar Reiche weiterhin zu 'gestalten' - oder hat sich der Klimawandel jetzt in eine Höhle zurückgezogen und "alles wird wieder gut"?

    • @Ricky-13:

      Genau so ! 👍👍